
Beiersdorf kooperiert mit US-Biotech gegen Hautalterung
Von Beiersdorf hat man lange nichts gehört, doch das muss nicht heißen, dass der Hamburger Konzern mit seiner weltbekannten Hautcreme in der blauen Dose allein glücklich und zufrieden ist. Eine neue strategische Partnerschaft mit dem US-amerikanischen Biotechunternehmen Vincere Biosciences deutet sogar darauf hin, dass Innovationen gegen die Alterung der Haut auch über die dominierende Eigenmarke hinaus von Interesse sind.
Die Hamburger Beiersdorf AG ist vor wenigen Tagen eine strategische Partnerschaft mit dem Biotechnologieunternehmen Vincere Biosciences Inc. mit Sitz in Cambridge, Massachusetts (USA), eingegangen. Ziel ist es laut Unternehmensmitteilung, gemeinsam neue Hautpflegekonzepte zu entwickeln, die auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Zellgesundheit und -verjüngung basieren. Über die Konditionen oder finanziellen Umstände der Partnerschaft wurden keine Angaben gemacht.
Im Zentrum der Kooperation steht die Mitophagie, ein essenzieller Zellprozess, bei dem beschädigte Mitochondrien abgebaut werden. Dieser Prozess der „zellulären Müllentsorgung“ wird als entscheidender Faktor für die Gesunderhaltung der Zellen angesehen und spielt eine zentrale Rolle im Prozess der Hautalterung. Beiersdorf bringt seine langjährige Erfahrung mit Coenzym Q10 in diese Partnerschaft ein. Coenzym Q10 ist ein körpereigenes Antioxidans, das seit 1998 in NIVEA-Produkten eingesetzt wird und wesentlich zur mitochondrialen Gesundheit beitragen soll.
„Diese Partnerschaft ist ein weiterer Schritt in unserer langfristigen Strategie“, erklärte Dr. Gitta Neufang, Chief R&D Officer bei Beiersdorf. „Mit dieser Investition unterstreichen wir unsere Rolle als Hautpflegeexperten und Innovationsführer. Die Zusammenarbeit wird es uns ermöglichen, neue Regulationsmechanismen in der Hautbiologie zu erschließen, die entscheidend für die Entwicklung zukunftsweisender kosmetischer Lösungen sind. Solche Fortschritte erfordern ein tiefes Verständnis der Hautbiologie.“
Vincere Biosciences hat sich auf die Entwicklung von Wirkstoffen spezialisiert, die das Enzym USP30 hemmen. USP30 ist ein Protein, das den Abbau defekter Mitochondrien blockiert. Durch die Hemmung von USP30 wird die Mitophagie gefördert. Dies könnte nicht nur der Hautverjüngung dienen, sondern auch positive Effekte bei altersbedingten Erkrankungen ganz anderer Indikationsgebiete, bis hin zu Parkinson, haben. „Mitophagie ist eines der stärksten natürlichen Werkzeuge des Körpers zur zellulären Erneuerung“, sagte Dr. Spring Behrouz, CEO von Vincere Biosciences.
Diese Partnerschaft reiht sich in eine zunehmende Zahl von biotechnologischen und kosmetischen Strategien ein, die auf Longevity und Zellverjüngung abzielen. Besonders der Fokus auf die Mitophagie spiegelt einen wachsenden Trend wider: die gezielte Förderung der zellulären Selbstreinigung, um Alterungsprozesse zu verlangsamen oder sogar umzukehren. Während viele Longevity-Ansätze (beispielsweise durch Fasten, NAD+, Senolytika oder Rapamycin) systemisch wirken, zeigt Beiersdorf hier einen spezifisch dermatologischen Anwendungsweg. Die Kombination aus innovativer Wirkstoffentwicklung (USP30-Inhibitoren) und kosmetischer Anwendung (Q10-Formulierungen) verbindet klassische Hautpflege und biotechnologische Anti-Aging-Forschung auf hybride Weise. Damit positioniert sich Beiersdorf nicht nur im traditionellen Kosmetikbereich, sondern auch im aufkommenden Longevity-Markt.
Die Nachfrage nach dem Bereich der Mitophagie wird gerade in den USA durch die Übernahme von Mitokinin durch Abbvie (2023) für ihre präklinischen PINK1-Aktivatoren sowie durch die Gründung von Pretzel Therapeutics und Capacity Bio durch Arch bzw. RA Capital belegt. Jedes der 10 größten Pharmaunternehmen habe ein gewisses Maß an F&E-Arbeiten im Bereich Mitophagie laufen, sagte Vincere Biosciences kürzlich auf einer Roadshow vor Finanzinvestoren, was ein robustes Umfeld für zu erwartende Partnerschaftsaktivitäten in naher Zukunft bieten solle. Nun hat mit Beiersdorf ein solcher Partner bei dem 2018 gegründeten US-Biotech-Unternehmen angebissen.