
BioNTech: Übernahme von Curevac NV durch Aktientausch
Für Deutschland ist die Fusion der beiden mRNA-Firmen BioNTech und CureVac so, als würden große Autohersteller zusammengehen. Ein neues Großschiff entsteht und die genauen Synergien und Implikationen aus der Außenperspektive sind nach dem doch überraschenden Schritt nicht gleich zu erkennen. Denn BioNTech hat den mRNA-Bereich eigentlich ein wenig auf die Seite geschoben und daneben zwei weitere Säulen gestellt: Zelltherapie und Biologika. Was da eher als erstes ins Auge fällt ist, dass mit der Fusion die anhängenden Gerichtsverfahren zur Klärung der Patentlage in der Nutzung von mRNA als Vakzinierungstechnologie damit förmlich "weggekauft" werden.
BioNTech kündigte heute die Übernahme von CureVac NV, Tübingen, durch ein öffentliches Umtauschangebot an, um damit seine Onkologie-Strategie zu stärken. Ziel sei die Erweiterung von Forschung, Entwicklung, Herstellung und Kommerzialisierung mRNA-basierter Krebsimmuntherapien. CureVacs Technologien im mRNA-Design und der Formulierung „ergänzen BioNTechs bestehende Expertise“, heißt es dazu in der Firmenmitteilung.
Jede CureVac-Aktie (Wert: ca. 5,46 US-Dollar) wird in BioNTech-ADSs getauscht nach einem bestimmten Umtauschverhältnis zum Aktienkurs – eine Prämie von 55 % auf den Drei-Monats-Durchschnittskurs, die das Tübinger Unternehmen mit etwa 1,25 Mrd. US-Dollar bewertet. Die Transaktion wird von CureVacs Hauptaktionär unterstützt und soll noch 2025 abgeschlossen werden. CureVac wird danach eine 100%ige Tochter von BioNTech. Ziel ist es, durch gebündelte Kompetenzen die Entwicklung innovativer Krebstherapien zu beschleunigen. Der Standort Tübingen wird in BioNTechs Netzwerk integriert. BioNTechs starke Finanzlage von über 15 Mrd. US-Dollar im Hintergrund und globale Präsenz bieten „eine solide Basis für den Ausbau mRNA-basierter Medikamente in der Onkologie“, ergänzt das Mainzer Unternehmen.
„Diese Transaktion ist für uns ein weiterer Baustein in BioNTechs Onkologie-Strategie und eine Investition in die Zukunft der Krebsmedizin“, sagte Prof. Dr. Ugur Sahin, CEO und Mitgründer von BioNTech. „Wir wollen komplementäre Fähigkeiten und Technologien zusammenbringen. Unser Ziel ist es, die Entwicklung von innovativen und transformativen Krebsbehandlungen voranzutreiben und in den kommenden Jahren neue Behandlungsstandards für verschiedene Krebsarten zu etablieren.“
„Für mich ist diese Transaktion weit mehr als nur ein geschäftlicher Schritt. Sie unterstreicht die gemeinsame Entschlossenheit, das volle Potenzial von mRNA als wegweisende Technologie zu nutzen, um transformative Therapien schneller und für mehr Menschen zugänglich zu machen“, sagte Dr. Alexander Zehnder, CEO von CureVac. „Seit über zwei Jahrzehnten verfolgen beide Unternehmen ähnliche Ziele und sind dabei oft Herausforderungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln angegangen. Mit dieser Transaktion wollen wir komplementäre wissenschaftliche Kompetenzen, proprietäre Technologien und Fertigungskompetenz im Bereich mRNA unter einem Dach vereinen.“
Anhängig sind gerichtliche Verfahren zur Klärung der Patentlage rings um die mRNA-Technologie. CureVac hatte dazu seine Patente in der COVID-19-Pandemie freigegeben, damit auch andere in dem Sektor schnell und ungehindert eigene Entwicklungen vorantreiben konnten. Damals war die Hoffnung in Tübingen groß, dass in dem globalen Wettrennen ein Impfstoff aus Baden-Württemberg eine große Rolle spielen würde. Die Geschichte ist anders gelaufen und bekannt. Die Mainzer hatten die Nase vorne aus vielen Gründen, im Nachhinein wollte CureVac jedoch von den hohen Kommerzialisierungserlösen auch einen Anteil abbekommen. Darum kümmerten sich nun die Gerichte, eine endgültige Entscheidung steht aus. Wird dies nun überhaupt noch weiterbetrieben, werden CureVac-Aktionäre eventuell an dieser Stelle noch den Finger heben und eine Nachverhandlung anstoßen? Das ist derzeit Spekulation und unklar. Klar ist: durch die Fusion beginnt eine neue gemeinsame Zukunft, die auch als Schub für die ganze Branche verstanden werden kann in unsicheren Zeiten. Nach dem Motto: wir sind hier stark genug und können uns sogar aus der näheren Nachbarschaft noch weiter strategisch verstärken.