
Colipi darf für Continental CO2 biologisieren
Kaum ein Jahr nach der Gründung geht es für das Hamburger Start-up Colipi schnell voran. Der Automobilzulieferer Continental holt sich das junge Unternehmen auf seinen Tech-Campus, um dort in einer Pilotanlage aus CO2-Abgasen biobasierte Wertstoffe zu entwickeln und zu helfen, den Kohlenstoffdioxid-Fußabdruck zu reduzieren.
Das Hamburger Biotech-Start-up Colipi, eine Ausgründung der Technischen Universität Hamburg (TUHH), macht einen großen Schritt in Richtung industrielle Skalierung seiner CO2-basierten Bioproduktion. Ab Sommer 2026 wird das 2022 gegründete Unternehmen, das 2024 mit seiner Seed-Finanzierung unter anderem durch den HTGF richtiggehend operativ wurde, am Continental-Standort Hamburg-Harburg Büroräume, Labors und Produktionsflächen beziehen und vor allem: erstmals CO2-haltige Abluft aus dem Werk direkt als Rohstoffquelle in einen großtechnischen Bioreaktor einspeisen.
Mit seinem Verfahren der Gasfermentation zur biologischen CO2-Verwertung gehört Colipi zu den innovativsten europäischen Start-ups im Bereich Carbon Capture and Utilization (CCU). Das Team um die Gründer Maximilian Webers, Dr. Tyll Utesch, Dr. Mai-Anh Hoang und Julian Henkel entwickelte die zugrunde liegende Technologie unter anderem im Exzellenzcluster „Green Technologies“ der TUHH. Ziel ist die Herstellung klimafreundlicher Moleküle – etwa Climate Oil, ein biobasiertes Öl, das Palmöl ersetzen kann.
Industriekooperation mit Continental: CO2 direkt vom Werkdach in den Bioreaktor
Am ContiTech-Werk in Harburg wird Colipi künftig CO2 aus der Dampferzeugung der Produktionsanlagen nutzen, das ungefiltert in den Reaktor einströmt. Für Continental bedeutet das eine Möglichkeit, seinen CO2-Fußabdruck zu senken; für Colipi ist es der entscheidende Übergang aus dem Labor in den industriellen Maßstab. „Als Ausgründung der TU Hamburg ist es für uns ein starkes Signal, direkt in Harburg weiterzuwachsen – und das gemeinsam mit einem Industriekonzern, der uns Zugang zu realen Abgasströmen bietet“, sagt Colipi-Mitgründer Webers.
Kontinuierlich mit echtem Verbrennungsgas zu arbeiten, ist für biologische CCU-Prozesse eine enorme Herausforderung, umso bedeutender ist der Meilenstein, den Colipi im Sommer 2025 erreichte: Unbehandeltes Verbrennungsgas aus dem Werk, sogar mit Spurengasen wie NOx und CO, beeinträchtigte das Wachstum der verwendeten Bakterien nicht. Damit demonstrierte Colipi einen zentralen Vorteil biologischer gegenüber chemisch-katalytischer Verfahren: die hohe Robustheit der Mikroorganismen gegenüber Schwankungen im Abgas.
Einer der größten Bioreaktoren seiner Art in Vorbereitung
Für den neuen Standort plant Colipi den Aufbau eines der weltweit größten CO2-basierten Bioreaktoren. Mit Wasserstoff und Sauerstoff als Ergänzung produzieren die Bakterien darin hochwertige Biomoleküle – perspektivisch mit Anwendungen in Kosmetik, Lebensmittelindustrie, Schmierstoffen und künftig auch im Materialbereich.
Continental sieht in der Kooperation einen Baustein seiner Klimastrategie. „CO2 produktiv zu nutzen, statt es nur zu vermeiden, kann ein Meilenstein für unsere Werke werden“, sagt Michael Hofmann, Head of Technology ContiTech. Die gewonnenen Produkte könnten in Zukunft sogar in Gummimischungen und industriellen Materialien des Konzerns eingesetzt werden.
Mit seinem Ansatz reiht sich Colipi in einen global wachsenden Wettbewerb ein, in dem zunehmend Start-ups wie LanzaTech, Twelve oder Air Protein auf CO2 als Rohstoff setzen. Während viele Verfahren jedoch teure Gasreinigungen oder hochreine CO2-Quellen benötigen, setzt Colipi bewusst auf direkte industrielle Abgasströme – ein entscheidender Kosten- und Skalierungsvorteil.
Für Hamburg und den Wirtschaftsraum Norddeutschland, gebündelt im Life Science Nord Netzwerk (LSN), ist das Projekt zudem ein sichtbares Beispiel für erfolgreiche Technologietransfers: Colipi entstand an der TUHH, wurde durch lokale Innovationsnetzwerke wie den Tempowerk Technologiepark unterstützt und kann nun am Standort Harburg in die industrielle Phase übergehen.


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