Cyprumed GmbH

Cyprumed verpartnert sich mit MSD-Millionen

Wirkstoffe sollten zielgenau an ihren Wirkort gebracht werden. Dazu werden sie umhüllt, in Cremes aufgelöst oder in Pillenform verabreicht. Doch gerade Wirkstoffe auf Eiweißbasis gelangen bisher hauptsächlich über eine Spritze subkutan oder intravenös in den Organismus. Die Innsbrucker Cyprumed GmbH hat eine Technologie entwickelt, mit der Peptide und Spezialformen von Proteinen auch oral verabreicht werden können. Das hat die US-amerikanische Merck mit ihrer europäischen Einheit Merck, Scharp & Dohme (MSD) nun zu einer millionenschweren Partnerschaft bewegt.

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Die Innsbrucker Cyprumed GmbH hat eine Lizenz- und Optionsvereinbarung mit MSD zur Entwicklung oraler Peptidtherapeutika abgeschlossen. MSD erhält darin eine nicht-exklusive Lizenz für Cyprumeds Technologie zur oralen Wirkstoffabgabe. Cyprumed hat Anspruch auf insgesamt bis zu 493 Mio. US-Dollar an Vorabzahlungen, Entwicklungs-, Zulassungs- und Umsatzmeilensteinen. Die Höhe der ersten Vorabzahlung nach Vertragsabschluss wurde nicht bekannt gegeben.

Gemäß der Vereinbarung erhält MSD nicht-exklusive weltweite Rechte an der oralen Peptidverabreichungsplattform von Cyprumed für eine nicht näher genannte Anzahl von Zielmolekülen. Die Vereinbarung gewährt MSD außerdem die Option, die Technologie der Österreicher exklusiv für die Verwendung einzelner Rezeptor-Targets zu lizenzieren. MSD ist für die Forschung, Entwicklung, Herstellung und Vermarktung aller Produkte verantwortlich, die Cyprumeds Drug Delivery Technologie nutzen.

„Diese Zusammenarbeit mit MSD, einem Unternehmen mit starkem Engagement im Bereich Peptidtherapeutika, ist ein bedeutender Schritt für Cyprumed“, sagte Dr. Florian Föger, CEO von Cyprumed. „Unsere Technologie zur Wirkstoffabgabe kann dank ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit und Skalierbarkeit neue Möglichkeiten im Bereich der Peptidtherapeutika eröffnen. Die Fortführung unserer Kooperation mit MSD zur Entwicklung unserer innovativen Tablettenformulierungen für weitere Zielmoleküle ist eine klare Bestätigung für den Wert unserer Technologie.“

Auf Nachfrage von |transkript.de erklärte Föger weiter: „Seit der erfolgreichen Markteinführung von Rybelsus (ein orales Semaglutid) von Novo Nordisk hat das Interesse an Technologien für die orale Verabreichung von Peptidtherapeutika stark zugenommen, und auch wir sind im Bereich oraler GLP-1 Peptide aktiv. In unserer aktuellen Partnerschaft mit MSD steht jedoch eine andere, sehr vielversprechende Peptidklasse im Fokus: Makrozyklische Peptide. Makrozyklische Peptide kombinieren die Stabilität und Zellpermeabilität kleiner Moleküle mit der Spezifität von Biologika und eignen sich daher bspw. gut für schwer zu behandelnde intrazelluläre Targets.“

Makrozyklische Peptide gelangten nach vielen Jahren der Forschung und viel Skepsis mit ersten Zulassungen auf den Radar der Pharmaindustrie. Dabei widerspricht ihre physikochemische Zusammensetzung traditionellen Wirkstoffentwicklungsregeln. Vor über 25 Jahren entwickelten Christopher Lipinski und seine Kollegen bei Pfizer die sogenannte Rule of 5 (die fünf Regeln), um Chemikern bei der Auswahl von Wirkstoffmolekülen zu helfen, die bei oraler Einnahme erfolgreich sein könnten. Die Regeln, darunter beispielsweise eine Molekülmasse unter 500 Dalton, haben das Gebiet der Wirkstoffforschung seither maßgeblich geprägt. Makrozyklische Peptide und andere größere Verbindungen passen jedoch nicht zu diesen Regeln. Es mussten daher erst Beweise erbracht werden, dass es auch einen ‘Beyond Rule of 5’-Raum gibt, in dem die Entwicklung von solchen Verbindungen sinnvoll ist.

Diese makrozyklischen Peptide kann man sich wie einen Donut vorstellen, ringförmig sagt schon der Name. Doch der Ring ist nur ein Merkmal dieser Struktur, die Verästelungen und Seitenarme fügen weitere charakteristische Eigenschaften hinzu. Warum überhaupt diese Struktur? Diese Eiweißstruktur hat genügend Stabilität, um den Weg der oralen Aufnahme zu überstehen. Durch jahrzehntelange Forschung haben Wissenschaftler verstanden, wie dieser Struktur durch diverse Modifikationen der Seitenketten spezifische Zielerkennung und die eigentliche Funktion im Inneren einer Zielzelle „beigebracht“ werden kann. Die Wirkstoffe könnten selbst dort Vorteile bieten, wo bereits erfolgreiche Therapien existieren. So hat die FDA im vergangenen Jahr Zilucoplan zugelassen – ein makrozyklisches Peptid des Biopharmaunternehmens UCB zur Behandlung von Myasthenia gravis (MG), einer seltenen Autoimmunerkrankung, die Muskelschwäche verursacht. Zilucoplan blockiert das extrazelluläre Komplementprotein C5, das bei MG fälschlicherweise aktiviert wird und zur Zerstörung des neuromuskulären Übergangsgewebes führt.

Viele große Pharmafirmen arbeiten an solchen Peptidringen für unterschiedlichste Anwendungen. Doch die Kunst liegt nicht nur auf der Protein- und Peptidseite, sondern auch auf der richtigen Verpackung. Das ist das Spielfeld von Cyprumed, die eigentlich einmal selbst Wirkstoffe entwickeln wollte. „Seit unserer Gründung 2015 haben wir unser Geschäftsmodell angepasst und fokussieren uns nun verstärkt auf präklinische Forschung und frühe Partnerschaften anstelle einer eigenen klinischen Entwicklung“, erklärt der CEO dazu. Das mit den Partnerschaften nimmt nun Fahrt auf, eine weitere Partnerschaft mit Ferring Pharma gibt es bereits seit mehreren Jahren, über andere Unternehmen schweigt man sich in Innsbruck noch aus. Doch Partnerschaften sind nun wohl im Kommen. „Unsere Plattform bietet hier einen perfekten Fit. Darüber hinaus ist unsere Technologie nicht nur gut skalierbar und kosteneffizient, sondern kann auch typische Herausforderungen wie negative Nahrungseffekte überwinden“, so Föger. Damit ist gemeint, dass die Bioverfügbarkeit drastisch absinken kann, wenn man einen Proteinwirkstoff oral einnimmt. Er würde nämlich einfach als kleine Mahlzeit zwischendurch verstoffwechselt.

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