Medigene AG

Geht Medigene das Geld aus?

Die Martinsrieder Medigene AG wartete am Freitag mit schlechten Nachrichten auf: wegen ausbleibender Meilensteinzahlungen sei das Grundkapital empfindlich angeknabbert worden, man müsse sogar von einer Halbierung in der nächsten Zeit ausgehen. Die Liquiditätsreserven reichen daher auch nicht mehr bis in den Sommer, sondern nur noch "bis Mai", wobei unklar blieb, ob damit der Monatsanfang oder Ende Mai gemeint ist. Das Management schweigt sich ansonsten aus. Krisenstimmung in der Lochamerstraße.

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Die Medigene AG muss nach eigenen Angaben einen Verlust von mehr als der Hälfte des Grundkapitals anzeigen. Damit greift § 92 Abs. 1 AktG, wonach eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen ist. „Die Gesellschaft wird daher fristgerecht zu einer außerordentlichen Hauptversammlung einladen”, teilte Medigene mit. Zudem senkt das Biotechunternehmen die bisher kommunizierte Liquiditätsreichweite von Juli 2025 auf Mai 2025. Grund dafür sind laut Medigene fehlende Meilensteinzahlungen sowie nicht realisierte Erlöse aus bestehenden Verträgen. Die Berechnung basiere ausschließlich auf Zahlungen aus laufenden Partnerschaften, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten werden.

Die Medigene-Aktie (WKN: A40ESG, ISIN: DE000A40ESG2) ging am Freitag mit einem Minus von 48,29 Prozent bei 0,80 Euro aus dem Handel. Die Aktie wurde schließlich vom Handel ausgesetzt. Am Montag setzte sich die Talfahrt fort. Darüber hinaus hält das Unternehmen aber tapfer an seiner 2024er Finanzprognose für F&E-Ausgaben und Umsatz fest und strebt „die Einwerbung weiterer Finanzmittel zur Sicherung des Geschäftsbetriebs“ an.

Woher diese Finanzmittel kommen sollen, die das Management bisher offenbar nicht erfolgreich akquirieren konnte, bleibt für Beobachter die große Frage. Medigene hatte im Herbst ein Standby Equity Purchase Agreement (SEPA) mit einem von Yorkville Advisors Global, LP verwalteten Fonds abgeschlossen. Danach kann Medigene bis zu 15 Millionen Euro durch die Ausgabe neuer Aktien ohne Bezugsrecht der Aktionäre an Yorkville generieren. Yorkville ist verpflichtet, die angeforderten Aktien gemäß den SEPA-Bedingungen zu erwerben. Die maximale Tranchengröße beträgt 400.000 Aktien oder 100% des durchschnittlichen täglichen Handelsvolumens der letzten fünf Handelstage. Im Februar hat Medigene eine erste Tranche aus dieser Vereinbarung in Anspruch genommen und damit rund 0,25 Mio. Euro zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erhalten. Im Nachhinein betrachtet war dies bereits ein schlechtes Zeichen und ein Hinweis darauf, dass es dem Unternehmen nicht gut geht. Allerdings war die Hoffnung auf Meilensteinzahlungen aus Partnerschaften immer groß und es wurde nach außen kommuniziert, dass hier sichere Finanzmittel in Aussicht stünden.

In den einschlägigen Börsenforen wird bereits heftig über das bevorstehende Ende des Münchner Traditionsunternehmens spekuliert. Zudem wird ebenso heftig über das Management geschimpft und die Frage gestellt, ob ein ordentlicher Finanzvorstand einem börsennotierten Unternehmen nicht gut zu Gesicht stünde. Kritik gibt es auch an den Biotech-Urgesteinen Winnacker, Heinrich und Domdey, deren enge Verbindung zum Unternehmen seit der Gründung nie abgerissen ist. Aus Mitarbeiterkreisen ist zu hören, dass die aktuelle Krise ein deutliches Wort des Managements erfordere, dieses aber kaum persönlich in Erscheinung trete. Nach dem durch die Übernahme durch Novartis eingeläuteten Ende der Morphosys AG, die lange Zeit als Leuchtturm der Biotech-Region München galt, droht nun auch der sehr wechselvollen Unternehmensgeschichte der Medigene AG ein unrühmliches Ende. Die Marktkapitalisierung der einst als Kardiologie-Firma gestarteten und sich mehrmals neuausgerichteten Medigene AG beträgt gerade noch knapp unter 6 Mio. Euro.

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