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HIV-Zulassung ist ein Wendepunkt

Mission erfolgreich abgeschlossen? Es bahnt sich eine Revolution in der HIV-Prävention an: Lenacapavir gilt als Meilenstein und zudem sind weitere neue Therapien im Anmarsch.

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Mit der Zulassung des Medikaments Lenacapavir zur HIV-Prävention durch die US-Arzneimittelbehörde FDA ist ein entscheidender Fortschritt im weltweiten Kampf gegen die Immunschwächekrankheit gelungen. Das von Gilead Sciences entwickelte Präparat mit dem Markennamen Yeztugo kann als halbjährliche Injektion verabreicht werden und bietet Schutz vor einer HIV-Infektion für Erwachsene und Jugendliche mit erhöhtem Risiko. Es ist das erste langwirksame Medikament zur sogenannten Präexpositionsprophylaxe (PrEP), das nur zweimal im Jahr injiziert werden muss – ein Quantensprung gegenüber bisherigen Präparate wie Truvada, die täglich eingenommen werden müssen.

Gileads CEO Daniel O’Day sprach im Zuge der Zulassung von einem „Meilenstein im Kampf gegen HIV“, mit potentiell globalem Einfluss auf die öffentliche Gesundheit. Trotz der Euphorie bleiben jedoch Fragen zur Zugänglichkeit und Finanzierung: Aktivisten fordern eine gerechte Preisgestaltung. Während Herstellungskosten laut „Lancet“-Studie bei nur 25 bis 50 Dollar liegen könnten, wird der Jahrespreis wohl bei rund 25.000 Dollar liegen. Gilead kündigte an, das Medikament auch in ärmeren Ländern zugänglich machen zu wollen. Unklar bleibt dabei noch die Haltung der US-Regierung, die in ihrem allgemeinen Streichkonzert im Gesundheitswesen auch die Maßnahmen im Kampf gegen Aids in den Blick genommen hatte.

Für die renommierte Fachzeitschrift „Science“ ist Lenacapavir sogar der Forschungsdurchbruch des Jahres 2024. Das Magazin würdigte Ende des vergangenen Jahres bereits im Vorgriff die Innovation als bedeutenden Schritt im jahrzehntelangen Kampf gegen Aids – vergleichbar mit der Einführung der Proteasehemmer in den 1990er-Jahren und der bahnbrechenden Studie HPTN 052 im Jahr 2011, die zeigte, dass erfolgreiche Therapie auch die Übertragungsrate senkt. UNAIDS zufolge leben weltweit rund 40 Millionen Menschen mit HIV, besonders stark betroffen ist das südliche Afrika.

Weitere Entwicklungen: MSDs neue Kombitherapie

Neben Gilead treibt auch MSD (Merck & Co.) die HIV-Forschung voran. Nach positiven Ergebnissen zweier Phase-III-Studien plant das Unternehmen für Mitte 2025 den Zulassungsantrag für eine neue orale Kombinationstherapie bestehend aus dem zugelassenen Medikament Pifeltro (Doravirin) und dem neuartigen Wirkstoff Islatravir. Diese Zwei-Wirkstoff-Regimen zeigen eine vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit zu bestehenden Dreifachkombinationen wie Gileads Biktarvy. Besonders hervorzuheben ist, dass DOR/ISL die erste Zweifachtherapie ohne Integrasehemmer ist, die in Phase-III-Studien überzeugen konnte.

Zusätzlich arbeitet Gilead an einer noch weiterentwickelten Variante von Lenacapavir als einmal jährlich zu verabreichende PrEP. Die Phase III-Studien dazu sollen bald starten. Auch eine Wocheninjektion aus Lenacapavir und Islatravir wird gemeinsam mit MSD klinisch erprobt. Langzeittherapien könnten damit künftig nicht nur die Prävention, sondern auch die Therapie revolutionieren.

Resümee: HIV bleibt globale Herausforderung

Trotz medizinischer Durchbrüche bleibt HIV eine globale Gesundheitskrise. Besonders in Regionen mit schlechter Gesundheitsversorgung ist die Pandemie noch lange nicht besiegt. Die neuen Medikamente, allen voran Lenacapavir, versprechen jedoch einen Paradigmenwechsel in der HIV-Prävention: weg von täglicher Medikamenteneinnahme, hin zu langanhaltender, praktischer Schutzwirkung. Die Herausforderung liegt nun darin, diese Innovationen weltweit verfügbar zu machen – nicht nur für Reiche im globalen Norden, sondern für alle, die sie brauchen.

Der Kampf gegen HIV ist damit noch nicht vorbei – aber er tritt mit diesen neuen Waffen in eine neue Phase und verändert hoffentlich nachhaltig die Ausgangssituation mit der über 40 Jahre andauernden Menscheitsgeißel umgehen zu können, gerade in ärmeren Ländern.

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