Intervention beschleunigen

Die Medikamentenentwicklung läuft zu schleppend, um in Pandemien relevant intervenieren zu können. Mit Hilfe vereinfachter Regularien könnte man Wirkstoffe in wenigen Monaten in die Klinik bringen und eine bedingte Marktzulassung innerhalb eines Jahres schaffen. Die „Abkürzungen“ sind bereits vorgesehen.

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Im Mai 2020 gründete die YUMAB GmbH die CORAT Therapeutics GmbH aus, ein Gemeinschaftsprojekt von Universitäten, Kliniken und Industrie zur Entwicklung neutralisierender Antikörperwirkstoffe für die Behandlung von COVID-19-Erkrankungen. In Rekordzeit sollte der Antikörper in die Klinik gebracht und parallel die Marktzulassung vorbereitet werden. Die Herausforderung bestand darin, die Zeit der Wirkstoffentwicklung von rund zehn Jahren auf unter ein Jahr zu reduzieren. Die frühe Einbindung des Paul-Ehrlich-Instituts war besonders wichtig, um das geplante Vorhaben im Hinblick auf die bevorstehenden Regularien für die klinische Studie voranzutreiben. Interessanterweise waren viele „Abkürzungen“, wie beschleunigte Präklinik, Einsatz etablierter Produktionsprozesse und Wirtszelllinien mit historischen Daten, parallele Entwicklung von regulatorisch-konformen monoklonalen Zelllinien und Marktprozessen bis hin zum adaptiven Design der klinischen Entwicklung bereits vorgesehen, aber erst die Pandemie hat die tatsächliche Umsetzung ermöglicht.

Vor der nächsten Pandemie
Unter dem Stichwort „preparedness“ stellt sich die Frage, wie die neu gewonnenen Erkenntnisse der COVID-19-Pandemie zur Abwehr der nächsten globalen Infektionswelle genutzt werden können. Ausreichend verfügbare Medikamente und medizinisches Material wie Masken und Schutzhandschuhe sind sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Schwieriger sind Vorhersagen über die Auslöser einer künftigen Pandemie. Welches Pathogen? Welcher Stamm? Welche Mutationen? Eine Möglichkeit wäre es, Therapeutika prophylaktisch gegen bisher bekannte Erreger mit Pandemiepotential zu entwickeln und den Herstellungsprozess marktreif vorzubereiten. Der Nachteil dabei ist, dass die tatsächliche Wirksamkeitsstudie (Phase II/III) auf Grund von fehlenden Patienten erst in der Pandemie erfolgen könnte. Dieser Ansatz ist zwar kostenintensiv, könnte aber im Erfolgsfall viele Leben retten. Bei neuartigen Pathogenen, die bis dato völlig unerforscht sind, müssen die Forschung und der Entwicklungsprozess hingegen bei Null anfangen.

CORAT hat mit dem COR-101-Programm gezeigt, dass sich die Entwicklung beschleunigen lässt. Zusammen mit optimierten Herstellprozessen, verbesserten Infrastrukturen, adaptivem klinischen Studiendesign und vorbereiteten Logistikketten in Abstimmung mit nationalen und internationalen regulatorischen Behörden könnten Antikörperwirkstoffe in wenigen Monaten bis zur Klinik und in weniger als einem Jahr bis zur Marktreife entwickelt werden. Bisher ist das in Deutschland noch nicht realisierbar, sodass auf dieser Ebene noch viel Handlungsbedarf besteht. Nach der Pandemie ist eben vor der nächsten.

Dieser Beitrag wurde |transkript 3/2023 entnommen.

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