
Hightech Agenda: Highspeed statt Silodenken
In erstaunlichem Tempo hat die schwarz-rote Koalition die Hightech Agenda Deutschland veröffentlicht und sechs prioritäre Schlüsseltechnologien festgelegt. Erstmals wurde die Biotechnologie in diese Reihe aufgenommen. An sich Erfolg, aber ...
Es ist manchmal herausfordernd, nicht in altbekannte Gemeinplätze zu verfallen, wenn man über die Lage der Biotechnologie-Branche spricht. Wie oft haben Sie in den vergangenen Jahren gehört: „Wir haben in Deutschland herausragende Spitzenforschung, aber im Transfer hapert es“, oder: „Wir bekommen die PS nicht auf die Straße“.Etwas neuer ist die inzwischen allgegenwärtige Feststellung: „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“. Abgenutzt, ja. Aber leider nach wie vor zutreffend.
Die Forderungen von BIO Deutschland richten sich häufig auf bessere Finanzierungsbedingungen für die Branche – und das zu Recht. Die politische Antwort folgt meist reflexhaft: „In der aktuellen Haushaltslage schwierig.“ Immerhin wurden einige langerwartete Schritte umgesetzt, etwa die steuerliche Forschungsförderung. Doch entscheidend sind auch Projekte, die weniger Geld, sondern vor allem den politischen Willen erfordern, Dinge tatsächlich zu verändern.
Die schwarz-rote Koalition hat in erstaunlichem Tempo die Hightech Agenda Deutschland veröffentlicht und sechs prioritäre Schlüsseltechnologien festgelegt. Erstmals ist die Biotechnologie in die Reihe von KI, Mikroelektronik, Fusions- und Quantentechnologien sowie Technologien für klimaneutrale Mobilität aufgenommen worden. Das an sich ist schon ein Erfolg. Denn was wir als Branche dringend brauchen, ist Sichtbarkeit.
BIO Deutschland hatte vor der Bundestagswahl mit dem Slogan „Biotechnologie ins Kanzleramt“ geworben. Damit gemeint war, dass sich auch die Führungsebene der Bundespolitik klar für Biotechnologie aussprechen sollte. Es geht nicht darum, Branchen gegeneinander auszuspielen, sondern deutlich zu machen, dass wir in Deutschland erfolgreiche Biotechnologie-Unternehmen haben, die hochqualifizierte Arbeitsplätze mit großem Zukunftspotential schaffen. Es geht darum, klar auszusprechen, dass die Biotechnologie schon längst für alle Bereiche des täglichen Lebens genutzt wird. Natürlich im Gesundheitsbereich, aber auch für unsere Ernährung und die industrielle Produktion von Konsumgütern. Jeder spricht von KI und wie ChatGPT & Co. aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind. Das Gleiche gilt schon längst für die Biotechnologie, und das muss kommuniziert werden. Denn Wissen schafft Wertschätzung.
Ein zunehmendes Problem ergibt sich in Deutschland aus dem Föderalismus, nicht nur für unsere Branche. In regulatorischen Fragen müssen sich Unternehmen mit mindestens 16 Beauftragten auseinandersetzen, ob bei Tierversuchen, Datenschutz oder Genehmigungsverfahren. Zudem gibt es Landes- und Bundesförderprogramme aus unterschiedlichen Ministerien sowie zahlreiche Förderinitiativen aus Horizon Europe. Es gibt keine einheitliche Antrags- oder Förderlogik. All dies kostet Unternehmen sehr viel Zeit und Geld.
Deshalb brauchen wir eine bessere Abstimmung und Verzahnung der relevanten Ressorts. Das Festhalten an Pfründen ist nicht zielführend. Ende Oktober hatte Bundesforschungsministerin Dorothee Bär nach Berlin zum offiziellen Kick-off der Hightech Agenda Deutschland eingeladen. Der Bundeskanzler hielt eine Ansprache. Außerdem waren die Gesundheitsministerin, der Digitalminister und die EU-Kommissarin für Start-ups und Innovation vor Ort. Wer leider fehlte, war unsere Wirtschaftsministerin Katherina Reiche. Die Beteiligung von Landwirtschafts-, Umwelt- und Verteidigungsministern hätte dem Biotech-Thema sicherlich auch nicht geschadet. Geht es doch – nicht nur im Gesundheitssektor – um technologische Souveränität und die Resilienz Deutschlands und Europas.
Wie soll es gelingen, die „PS auf die Straße zu bringen“ oder eine Erfindung zu einer marktreifen Innovation zu machen, wenn die wichtigsten Ressorts an so einem Tag nicht gemeinsam agieren? Es ist offensichtlich, dass wir dringend eine bessere Verzahnung von Forschung, Entwicklung und Marktreife über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg brauchen, auch auf Seiten der Politik. Das geht nur mit dem Willen unserer Politiker, schnell etwas zu verändern. Auch wenn man dafür vielleicht Zuständigkeiten teilen oder abgeben und parteiübergreifend zusammenarbeiten muss. Es geht um unsere Wirtschaft, unseren Wohlstand, unsere Freiheit. Es geht um unsere Zukunft. Deshalb müssen wir jetzt Tempo machen. Die Agenda steht zwar, das Team und das gemeinsame Ziel müssen sich aber noch finden.
Der Klartext von Roland Sackers, Vorstandsvorsitzender des BIO Deutschland e. V.wurde |transkript 4/2025 entnommen.


Traimak_Ivan / iStock / Hessen Trade & Invest GmbH
BRAIN Biotech AG