Cathy Marulli / ETH Zürich

FLiP-MS-Methode zeigt zelluläre Proteininteraktionen

Die Interaktionen Tausender Proteine konnten Wissenschaftler der ETH Zürich mit einer neuen massenspektrometrischen Methode in Hefezellen nachvollziehen. Das rege Treiben in der Zelle vergleichen die Forscher mit einer Party und dem Geschehen auf der Tanzfläche.

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Wer tanzt mit wem – und wer ist der Partycrasher? So beschreiben die Autoren der neuen Studie bildlich den Ansatz ihrer FLiP-MS-Technologie: Genau wie bei unzähligen Proteinen in der Zelle gibt es jede Menge unterschiedlicher Interaktionen zwischen den Partygängern im Club – mal flüchtig, mal langanhaltend, mit mehr oder weniger Partnern. Und die Zusammensetzung der so entstehenden Proteinkomplexe unterscheidet sich bei veränderten Bedingungen. Damit konnten die ETH-Forscher nicht nur die rund 60 Proteinkomplexe bestimmen, die sich unter DNA-Replikationsstress veränderten, sondern mit dem SAGA-Komplex auch den Akteur mit dem größten Einfluss auf diese Interaktionen identifizieren. Man könnte sagen, in diesem Kontext ist SAGA der Diskjockey – hört er auf zu spielen, ist die Party vorbei und die Gruppen lösen sich auf.

Die in Nature Biotechnology vorgestellte FLiP-MS-Methode ist eine Weiterentwicklung der im selben Labor entwickelten LiP-MS (limited proteolysis-coupled mass spectrometry), mit der sich strukturelle Veränderungen von tausenden Proteinen – etwa bei Bindung eines Wirkstoffs – in beliebigen Proben ohne spezielle Aufreinigung bestimmen lassen. Eignet sich LiP-MS somit hervorragend für das Wirkstoff-Screening, werden bei FLiP-MS kombiniert mit Ultrafiltrationsschritten nur große Proteinkomplexe und damit die Bindung einzelner Proteine untereinander untersucht. Die Interaktionsschnittstellen von Proteinkomplexen lassen sich durch die Zugänglichkeit für Proteasen bestimmen, die sich bei Monomeren und Komplexen unterscheidet. Durch das unterschiedliche Schnittmuster nach Proteinverdau entsteht so eine Bibliothek von Peptidmarkern, die sich einfach massenspektrometrisch bestimmen lassen und Auskunft über alle Proteininteraktionen unter den jeweiligen Bedingungen geben – etwa bei zellulärem Stress oder verschiedenen Erkrankungen.

Auf diese Weise konnten die Forscher die Interaktionen von etwa 1.000 Hefeproteinen gleichzeitig und direkt im Zelllysat messen. So ließen sich rund 6.000 Schnittstellen zwischen den Proteinen sowie andere Stellen identifizieren, die sich im Zuge der Wechselwirkungen verändern. Mit einem entsprechenden neuen Satz solcher Bindungsmarker lässt sich die praxistaugliche Methode auch leicht auf andere Organismen anwenden. Daher könnte sie künftig sowohl in der Diagnostik Anwendung finden als auch in der Pharmaforschung, um bestimmte Interaktionen gezielt zu beeinflussen. Die 2008 aus der ETH ausgegliederte Firma Biognosys AG in Schlieren hat das Potential der hier entwickelten MS-Ansätze erkannt und bereits in die Praxis übertragen.

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