Individuelle Beatmungsmasken mit Hilfe von KI
Am Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik der Technischen Hochschule Köln arbeiten Wissenschaftler an einem KI-basierten Assistenz- und Feedbacksystem für die Produktion individueller Beatmungsmasken.
In bestimmten medizinischen Fällen kommen individuell angepasste Beatmungsmasken zum Einsatz, um Patienten beim Atmen zu unterstützen. Die Masken werden mit hohem Aufwand manuell hergestellt. Das dauert und kostet. Außerdem kann die Maskenqualität sehr unterschiedlich sein.
In einem interdisziplinären Projekt an der Technischen Hochschule Köln arbeiten Wissenschaftler an einem Assistenzsystem, das auf Künstlicher Intelligenz basiert. Das Assistenz- und Feedbacksystem „KI-Assistenz“ soll neue Mitarbeiter bei der Herstellung der individuellen Beatmungsmasken unterstützen.
„Die Fertigung von individuellen Beatmungsmasken ist bisher wenig automatisiert: Zunächst wird eine Gipsform manuell ausgegossen, geschmirgelt, geglättet, gefräst und gewachst. Anschließend wird sie mit Silikon und Kunststoffteilen befüllt und nach dem Aushärten nachbearbeitet. Der einzige automatisierte Arbeitsschritt ist die Erfassung des Gesichts mit einem 3D-Scanner. Dadurch entfällt das für die Patient*innen häufig unangenehme und zeitaufwändige Auftragen eines speziellen Abformsilikons auf das Gesicht, wie es bis vor einigen Jahren noch üblich war“, sagte Prof. Dr. Mohieddine Jelali vom Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik der TH Köln.
Im Projekt „RapidMask“ hatten die Wissenschaftler bereits ein solches 3D-Scan-Verfahren gemeinsam mit ihrem Projektpartner, der AirTec Beatmungshilfen GmbH & Co.KG, entwickelt. „Dieses Verfahren ist beim Partner mittlerweile Standard. Daran anknüpfend wollen wir den Fertigungsprozess jetzt weiter optimieren und somit effizienter gestalten“, erläuterte Jelali. Dies sei vor allem mit Hilfe der additiven Fertigung, also des 3D-Drucks, möglich, wie sich in einem weiteren gemeinsamen Projekt gezeigt habe. „Damit sich diese Technologie ebenfalls in der Praxis etabliert, braucht es nun aber noch eine automatisierte Datenauswertung als Schnittstelle zwischen 3D-Scan und 3D-Druck. Die Basis dafür soll unser KI-Assistenzsystem liefern“, so Jelali.
Wissensdatenbank und digitale Vorschläge für die Fertigung
Zunächst wird der aktuelle Wissensstand bei den Projektteilnehmern erfragt, quantifiziert und digitalisiert. In einer projektinternen Datenbank sollen Scan-Daten, die bereits von Patienten erfasst wurden – mit ihrem Einverständnis – gespeichert werden. In diese Datenbank fließen auch die Scans für Masken, die neu angefertigt werden. „Durch den Zugriff auf die Datenbank soll die auf Künstlicher Intelligenz basierende Assistenzsoftware Gesichtsscans klassifizieren und erkennen können, wie eine gute Beatmungsmaske in Abhängigkeit der gegebenen Gesichtsform auszusehen hat. Anschließend soll sie ein digitales Modell der zu fertigenden Gipsform erstellen“, erklärt Jelali.
Das Assistenzsystem ist dafür gedacht, neue und unerfahrene Mitarbeiter bei der Herstellung von Gipsformen für Beatmungsmasken zu unterstützen. Dazu gibt das System Hinweise auf Besonderheiten der jeweiligen Gesichtsform und macht Vorschläge für die Bearbeitung, die angenommen oder abgelehnt werden können. Man spricht hier von einer sogenannten Explainable AI – einer Künstlichen Intelligenz, die ihre Ergebnisse nachvollziehbar macht. Über ein Feedbacksystem lernt die Software von den Mitarbeitern. So kann sie immer präzisere Vorschläge machen. Jelali erklärt, dass auf diese Weise ein Produktprototyp entstehen soll, der zum einen die Mitarbeiter unterstützt und zum anderen „langfristig eine Basis für den Einsatz von 3D-Druck-Methoden in der Herstellung von individuellen Beatmungsmasken liefert“.
Über das Projekt
Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Assistenz- und Feedbacksystem auf Basis von Big Data und Künstlicher Intelligenz zur Vorbereitung des Fertigungsprozesses von individuellen Beatmungsmasken auf Fertigung 4.0“ (KI-Assistenz) wird an der TH Köln von Prof. Dr. Mohieddine Jelali vom Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik geleitet. Innerhalb der Hochschule sind zudem Prof. Dr. Beate Rhein vom Institute of Computer and Communication Technology sowie Prof. Dr. Elena Algorri vom Institut für Automation & Industrial IT beteiligt. Projektpartner ist die AirTec Beatmungshilfen GmbH & Co.KG aus Mülheim an der Ruhr.
Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) über einen Zeitraum von zwei Jahren und drei Monaten mit 182.506 Euro gefördert.