TU Wien

3D-Struktur bringt Stammzellen in Form

Wissenschaftler der Technischen Universität Wien haben einen neuen Ansatz für die Herstellung von künstlichem Gewebe entwickelt. Sie nutzen dafür käfigförmige Mikrostrukturen aus dem 3D-Drucker, die an Minifußbälle erinnern.

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Bisher war es nicht möglich, Gewebe, das im Labor aus Knorpelzellen entstanden, in einer bestimmten Form wachsen zu lassen, um damit zum Beispiel defekte Knorpel zu ersetzen. Der Grund: im Knorpelgewebe bilden die Zellen eine besonders ausgeprägte geflechtartige Struktur zwischen den Zellen, die unterschiedliche Zellkügelchen oft daran hindert, auf gewünschte Weise miteinander zu verwachsen.

Eine Lösung haben nun Wissenschaftler der TU Wien um Dipl.-Ing. Oliver Kopinski-Grünwald vom Institut für Werkstoffwissenschaften und Werkstofftechnologie der Universität gefunden. Um zu verhindern, dass die Stammzellklumpen im Labor ihre Form verändern, erzeugen die Forscher mit einem speziell entwickelten Laser-basierten Präzisions-3D-Drucksystem winzige Bausteine, die an Käfige in Fußballform erinnern. Sie haben einen Durchmesser von einem Drittel Millimeter und bilden eine Stützstruktur, die in beliebiger Form zusammengesetzt werden kann. In die Mini-Fußbälle werden differenzierte Stammzellen (in diesem Fall für Knorpelgewebe) eingesetzt, die im Laufe der Zeit die vorgegebene Form vollständig füllen. „Wir können auf diese Weise also erstmals zuverlässig Gewebe-Konstrukte erzeugen, in denen die Zellen ganz gleichmäßig verteilt sind und die Zelldichte sehr hoch ist. Mit bisherigen Ansätzen wäre das nicht möglich“, erklärt Univ. Prof. Aleksandr Ovsianikov, Leiter der Forschungsgruppe 3D Printing and Biofabrication an der TU Wien.

Da die Stabilität nun gegeben ist, stellte sich die Frage, ob die Zellen in den unterschiedlichen Kügelchen zu einem einheitlichen Gewebe zusammenwachsen.

„Genau das konnten wir nun erstmals zeigen“, sagt Kopinski-Grünwald. „Unter dem Mikroskop sieht man ganz klar: Benachbarte Kügelchen verwachsen, die Zellen wandern von einem Kügelchen ins andere und umgekehrt, sie verbinden sich nahtlos und ergeben eine geschlossene Gesamtstruktur ohne Hohlräume – ganz im Gegensatz zu anderen Methoden, die es bisher gab, bei denen sichtbare Schnittstellen zwischen benachbarten Zellklumpen bleiben.“

In dieser stabilen Umgebung kann das neue Gewebe weiter ausreifen. Die Stützstrukturen bauen sich über einen bestimmten Zeitraum ab und das Gewebe bleibt in der gewünschten Form zurück.

Der Ansatz wäre auch auf andere Gewebe übertragbar. Allerdings benötigen andere Gewebe ab einer gewissen Größe auch Blutgefäße. Daher wäre ein erstes Ziel, „kleine maßgeschneiderte Knorpelgewebsteile zu produzieren, die man nach einer Verletzung in bestehendes Knorpelmaterial einsetzen kann“, so Kopinski-Grünwald. „Wir konnten nun jedenfalls zeigen, dass unsere Methode zur Herstellung von Knorpelgewebe mit Hilfe kugelförmiger Mikro-Gerüste, prinzipiell funktioniert und gegenüber anderen Technologien entscheidende Vorteile hat.“

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