Fraunhofer IBMT/Bernd Müller

3D-Ultraschall gegen neurologische Erkrankungen

Am Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT in St. Ingbert (Saarland) wurde eine Ultraschalltechnologie entwickelt, mit der Gehirnareale gezielt stimuliert werden können. Diese könnte künftig bei der Behandlung von Epilepsie, Parkinson, Depression, Suchterkrankungen oder auch den Folgen von Schlaganfällen eingesetzt werden.

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Mit einem speziellen Ultraschallsystem können einzelne Punkte in der Tiefe des Gehirns mit Schallsignalen exakt angesteuert und stimuliert werden. Dabei wird ein entsprechender Applikator (Schallkopf) über ein flexibles Pad auf den Kopf gesetzt. Dessen Ultraschallsignale sind von so niedriger Intensität, dass sie das Zellgewebe nicht schädigen, zugleich lassen sie sich durch eine 3D-Steuerung des Schallstrahls (3D-Beam-Steering) sehr genau fokussieren. Diese Ultraschalltechnologie wurde von Fraunhofer-Forschern in verschiedenen öffentlichen und industriellen Projekten mit Partnern aus Deutschland, der EU, denUSA, Kanada und Australien zusammen entwickelt.

Den speziellen Schallkopf mit 256 Einzelelementen (Ultraschalltransducer genannt), die Steuerungssoftware und die eingesetzte Elektronik entwickelten Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT in St. Ingbert (Saarland).

Für die Schallwandler nutzen die Forscher piezoelektrische Elemente. Diese verändern ihre Oberfläche, wenn eine Spannung angelegt wird und produzieren so den Ultraschall. Die Wissenschaftler arbeiten derzeit an einer weiteren Erhöhung der Genauigkeit, indem sie zwei Ultraschalltransducer gleichzeitig einsetzen und die Schallstrahlen dynamisch im Zielareal kreuzen. Die Kombination aus einem sehr kleinen Fokus zwischen drei und fünf Millimetern und nahezu beliebiger Platzierung des Fokus in der Tiefe des Gehirns schafft die Möglichkeit zielgerichteter und gleichzeitig schonender Modulation der Gehirnareale. Die Ultraschallfrequenzen bewegen sich im niederfrequenten Bereich unter 1 MHz, beispielsweise bei etwa 500 kHz.

„Der Mensch merkt nichts und der Ultraschall ist aufgrund seiner geringen Intensität nach derzeitigem Stand der Forschung unbedenklich“, so SteffenTretbar, Leiter der Abteilung Ultraschall am IBMT. Eine Sitzung dauert nur wenige Minuten und vor dem Aufsetzen des Pads mit dem Ultraschall-Modul auf den Kopf muss lediglich ein Kontaktgel ins Haar einmassiert werden.

Die Software, mit der die 256 Elemente des Schallwandlers einzeln angesteuert werden, erhält die Daten aus den Ergebnissen einer Magnetresonanztomographie des Patienten. Darin werden die für die jeweilige neuronale Erkrankung verantwortlichen Gehirnareale und deren Position markiert. Die Markierungen fließen in einen Datensatz ein, der in die Steuerungssoftware eingespeist wird. Mit diesen Positionsdaten lassen sich die Ultraschallsignale exakt ausrichten. Es ist darüber hinaus möglich, das Ultraschallgerät so zu programmieren, dass die Strahlen in einer vordefinierten Sequenz gesendet werden oder bestimmten Bewegungsmustern folgen. Damit könnten in Zukunft alle Parameter individuell für den Menschen festgelegt werden.

Die Ultraschall-Behandlung verspricht bei Erkrankungen wie Parkinson und Epilepsie zwar keine vollständige Heilung, wohl aber eine spürbare Linderung der Symptome. Zudem könnte Ultraschall eine vielversprechende Alternative zu klassischen Medikamenten darstellen. Langfristig sind mit der neuen Technologie auch Szenarien wie das Lösen von Plaque in den Gehirnzellen bei Alzheimer-Erkrankungen oder die Behandlung von Depressionen und neuronal bedingten Suchterkrankungen denkbar.

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