Kamerasystem für Sortierung von OP-Besteck
Am Fraunhofer IPK entwickeln Wissenschaftler ein KI-basiertes Kamerasystem, mit dessen Hilfe markerlos OP-Instrumente erkannt und nachverfolgt werden können. In medizinischen Einrichtungen soll damit die Sterilgutlogistik optimiert werden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert das Projekt mit mehr als 1 Mio. Euro.
In den Aufbereitungseinheiten für Medizinprodukte (AEMP) werden vorab für jeden operativen Eingriff die benötigten Instrumente von Hand gereinigt, sortiert, verpackt und sterilisiert. Beispielsweise werden jährlich in der Berliner Charité rund 14 Millionen OP-Bestecke unter strengsten Hygiene- und Qualitätsstandards aufbereitet. Werden dabei Fehler gemacht, hat das direkte Auswirkungen auf die Behandlung der Patienten. Deshalb muss sichergestellt sein, dass alle für eine OP benötigten Instrumente vollzählig in den sogenannten OP-Sieben enthalten sind. Das können bis zu 160 Skalpelle, Scheren, Klammern und andere Instrumente, die möglichst effizient in ein solches Sieb gepackt werden müssen.
Die AEMP-Mitarbeiter sollen nun Unterstützung durch eine neue Technologie erhalten: Cir.Log© heißt das auf neuesten KI-Technologien basierende Kamerasystem, das dafür am Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK in Berlin entwickelt wird.
Die Kamera soll OP-Instrumente mithilfe von Algorithmen des maschinellen Lernens erkennen und verfolgen, und das markerlos, nur anhand ihres Aussehens. Sie soll zuverlässig unterschiedliche OP-Bestecke lokalisieren und prüfen, welche Instrumente tatsächlich in ein Sieb gepackt wurden, welche noch fehlen und auch Instrumente identifizieren, die nicht zum Sieb gehören. Cir.Log® wird damit quasi wie ein Barcodescanner arbeiten, nur ohne Barcode. Teures und zeitintensives Aufbringen von Barcodes, Datamatrix-Codes oder RFID-Chips, wie es derzeit für das Tracking von OP-Instrumenten üblich ist, wird überfüssig. Aufgrund seines kompakten Designs ist das Kamerasystem platzsparend an handelsüblichen Packtischen einsetzbar und kann in jeder AEMP einfach installiert oder nachgerüstet werden.
„Wir sind überzeugt davon, dass unsere Lösung einen großen Mehrwert für Krankenhäuser und Kliniken bietet, weil sie nicht nur Zeit und Kosten spart, sondern auch die Prozesssicherheit verbessert,“ sagt Jan Lehr, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IPK. Cir.Log® erleichtere die Einarbeitung neuer Mitarbeiter und ermögliche deutlich schnellere Packzeiten, insbesondere auch für ungelerntes oder neues Personal. Von einer 30%igen Effektivitätssteigerung spricht Lehr, wenn erfahrene Mitarbeiter die neue Technik einsetzen. Und die Einarbeitungszeit für neues Personal soll sich laut Lehr um 65 Prozent verringern.
Das Kamerasystem dokumentiert auf digitalem Weg jede Packprozess und trägt so zur Qualitätssicherung in den AEMPs bei. Das erhöht die Sicherheit für Patienten und wirkt sich positiv auf die Abläufe in den OPs aus: Fehlende oder falsche Instrumente, welche sonst erst während einer Operation auffallen würden, werden vermieden. Prototypen von Cir.Log® sind beispielsweise bereits am Charité Campus Benjamin Franklin in Berlin im Einsatz.
Die Fraunhofer-Forscher wollen das Kamerasystem nun bis zur Marktreife weiterentwickeln und anschließend in einem IPK-Spin-off vermarkten. Die Vorbereitung der Unternehmensgründung läuft. Im Rahmen des EXIST-Forschungstransfers des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) arbeitet das Team an einem Businessplan. Das Ministerium fördert das Vorhaben mit rund 1 Mio. Euro.
Um die Technologie noch besser auf die Bedürfnisse der AEMPS anzupassen, läuft derzeit eine Umfrage. Eine Teilnahme ist noch möglich: www.cirlog.de/umfrage