Milliardendeal für Wiener Proxygen mit US-Merck

Proxygen, ein Wiener Biotech-Unternehmen, das den zelleigenen Proteinabbauweg zur therapeutischen Technologieplattform ummünzt (molecular glue degrader), gab eine mehrjährige Forschungskooperation und Lizenzvereinbarung mit Merck & Co Inc. in Rahway, N.J., USA (außerhalb USA und Kanada als MSD firmierend) bekannt, die in Meilensteinen gerechnet bis zu 2,5 Mrd. US-Dollar umfassen kann.

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Da erzitterte die österreichische Biotech-Szene einen Moment, als die Kunde von diesem gewaltigen Milliardendeal die Runde machte: Das Biotech-Unternehmen Proxygen hatte bereits im Juni 2022 eine Zusammenarbeit mit seinem deutschen Nachbarn Merck KGaA im Wert von 554 Mio. US-Dollar vereinbart, Details des 2020er Deals von Proxygen mit Boehringer Ingelheim sind nie offiziell geworden, doch nun bestätigt Dr. Bernd Boidol, Chief Executive Officer von Proxygen, dass der Deal mit Merck & Co. vom Mittwoch der größte des Unternehmens ist – bis zu 2,5 Mrd. US-Dollar winken diesmal bei erfolgreicher Zusammenarbeit.

"Wir sind sehr erfreut, diese Zusammenarbeit mit MSD bekannt zu geben und freuen uns darauf, unsere innovative Plattformtechnologie und unsere einzigartige Expertise bei der Identifizierung neuartiger molekularer Klebstoffabbauer mit den erstklassigen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten von MSD zu kombinieren", so Boidol. Diese Partnerschaft biete dem jungen österreichischen Unternehmen den Rahmen und die Ressourcen, um die Plattform für die Entdeckung neuer Medikamente gegen anspruchsvolle Zielmoleküle weiter zu entwickeln.

Im Rahmen der Vereinbarung erhält Proxygen eine Vorauszahlung in unbekannter Höhe von MSD und hat Anspruch auf künftige Zahlungen in Höhe von bis zu 2,55 Mrd. US-Dollar, die vom Erreichen bestimmter Forschungs-, Entwicklungs- und kommerzieller Meilensteine in allen Programmen abhängen. Darüber hinaus hat Proxygen Anspruch auf Tantiemen auf den Nettoumsatz mit diesen Produkten.

Vor einigen Monaten hatte |transkript.de Proxygen als "Start-up der Woche" näher durchleuchtet. Dabei hatte sich das Unternehmen mit einem Bildvergleich aus der Fischzucht beschrieben: Proxygen fische "mit einem größeren Netz als andere", sagte CEO Bernd Boidol damals. Zu diesem Zweck führe das Unternehmen große Screenings von Molekülen durch, die ein Abbaupotential haben, und gleicht sie dann mit einer entsprechenden Ligase ab. Der zusätzliche Vorteil dieses Verfahrens bestehe laut Boidol darin, dass es neue Ubiquitin-Ligasen jenseits der bekannten Hippel-Lindau- und Cereblon-Proteine aufspüren könne. Im Gegensatz zu strukturbiologischen Ansätzen, bei denen Ligase und Zieleiweiß teils computergestützt bestimmt werden und erst dann ein „Glue“-Molekül entworfen wird, geht Proxygen einen zellbasierten Weg. „Wir screenen Millionen von unterschiedlichen Molekülen auf unseren Reporter-Zellen. Stellt sich heraus, dass eines dieser Moleküle tatsächlich ein Zieleiweiß degradiert, bestimmen wir im nächsten Schritt, welche Ligase für diesen Prozess in der Zelle genutzt wird", so Boidol. Proxygen umgehe also alle theoretischen, teils sehr zeitaufwendigen und eher ungenauen A-priori-Bestimmungen von ‚Ligase-Zieleiweiß-Molekül‘-Komplexen und beschäftige sich direkt damit, "was in der Praxis, in der Zelle selbst, passiert.“

Der Ansatz überzeugt die Großen der Branche und nun auch die US-amerikanische Merck. "Fortschritte in unserem Verständnis von molekularen Klebstoffabbauern eröffnen spannende neue Wege bei der Suche nach neuen therapeutischen Mechanismen", sagte Dr. Robert M. Garbaccio, Vizepräsident und Leiter der Abteilung Discovery Chemistry bei MSD. "Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit dem Proxygen-Team, um diesen vielversprechenden Forschungsbereich voranzutreiben und neue Möglichkeiten zur Behandlung von Krankheiten zu evaluieren."

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