Mainz vergibt Standortstudie an Roland Berger
Im Windschatten der erfolgreichen Impfstoffentwickler von Biontech ist nicht nur die Mainz Biomed N.V. mit einer geschickten Namensänderung an die US-Börse geschlüpft, sondern insgesamt rüstet sich Rheinland-Pfalz nun großflächig, um den Schwung der Gegenwart in die Zukunft zu retten. Eine Studie soll die Raumplanung begleiten.
Die Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat die Entwicklung eines rheinland-pfälzischen Biotechnologiestandortes von Weltruhm zu ihrem Leitprojekt gemacht. Dafür trommelt sie landes- und bundesweit für die Bereitstellung von Fördermitteln, setzt die Stadtverwaltung aber auch unter Druck, bei den notwendigen Raumplanungen zur Erschließung und Erweiterung von Flächen für neue Laborgebäude nicht auf der Bremse zu stehen. Den Mainzer Bürgermeister sowie den eigens berufenen Koordinator der neuen Standortstrategieallianz, Prof. Georg Krausch, weiß sie dabei an ihrer Seite.
Gut, dass das Forschungsinstitut TRON nun ganz zurecht als Musterexemplar für erfolgreichen Technologietransfer gelten kann, wenn auch die Umstände einer schicksalshaften Fügung gleichkommen mögen. Jedenfalls haben sich die rund 13 Mio. Euro Landesfördermittel in TRON verfünfzehnfacht und verschaffen der Einrichtung alleine aus den Impfstofflizenzerlösen runde 200 Mio. Euro, die in neue Projekte gesteckt werden können. Dafür müssen nun noch die Bautätigkeit und die Raumplanung Schritt halten können, um neuen Innovationen und Innovatoren auch Platz zur Entfaltung anbieten zu können. Da mag es hilfreich oder auch eine Art Trittbrettfahrerei sein, dass die umliegenden Gemeinden von Bad Kreuznach bis Ingelheim sich zu einem "Biotech Valley" vereinigt haben, das zwischen Birkenfeld und Mainz aufgebaut werden soll. Dazu haben zwölf Vertreter regionaler Institutionen eine Resolution unterschrieben, um Wirtschaft, Politik und Forschung besser miteinander zu verzahnen und so die Region als Technologiestandort zu stärken. In Zusammenarbeit mit der TH Bingen und dem Umwelt-Campus Birkenfeld will diese Regionalinitiative eine eigene Studie erarbeiten, die die wirtschaftlichen Entwicklungspotentiale ermitteln soll.
Eine größere Standortstudie plant die Stadt Mainz und das Land jedoch auch selbst. Sie haben dazu die Beratungsfirma Roland Berger beauftragt, die sich ihrerseits langjährige Biotechnologie-Expertise von außerhalb dazugeholt hat. Im Herbst soll diese Studie intern diskutiert und im Frühjahr 2023 präsentiert werden. In der Raumplanung zur Flächennutzung schlägt dem Mainzer Bürgermeister aus der Opposition durchaus auch Gegenwind entgegen. Er habe Pläne vorgelegt und Flächenbebauungsmöglichkeiten eingezeichnet, ohne die Eigentümer zu fragen. Erfahrene Immobilienentwickler äußern hinter vorgehaltener Hand ebenfalls Zweifel an einem ganz großen Wurf, da das Baurecht auf vielen Flächen in Hand von Landwirten völlig unklar sei und Genehmigungen sich über Jahre hinziehen könnten. Selbst innerhalb der Stadt wären neue Laborgebäude frühestens in einigen Jahren bezugsfertig, wenn keinerlei Verzögerungen auftreten. Bei der ganz zeitnahen Nutzung von Schwung oder Windschatten zum Durchstarten als neuer Stern am deutschen Biotechnologie-Standorthimmel darf man bei den Mainzer Plänen also ein Fragezeichen setzen. Vielleicht präsentieren aber die Experten von Roland Berger die durchschlagende Lösung im Herbst.
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