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ASCO beleuchtet deutsche Krebsforschung

Ein Teilüberblick zu aktuellen Präsentationen deutscher Biotech-Unternehmen auf dem derzeit laufenden Kongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) , ASCO 2024.

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Auf dem Kongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) Ende Mai/Anfang Juni in Chicago werden zahlreiche Neuigkeiten zu diversen klinischen Studien und Ansätzen gegen Krebs präsentiert. Während viele Teilnehmer hierbei auf die großen Pharmafirmen schauen und überprüfen, wie sich deren Pipeline entwickelt, haben auch einige deutsche Biotech-Unternehmen mit positiven Fortschritten aufwarten können.

Von einem „potentiell bedeutenden“ Hinweis spricht die Mainzer BioNTech SE, die Daten aus der Kooperation mit der dänischen Genmab AS vorgestellt hat. Die beiden Biotech-Unternehmen zeigten Ergebnisse  aus einer klinischen Phase II-Studie mit dem Antikörperprüfpräparat Acasunlimab als Monotherapie und in Kombination mit Pembrolizumab (monoklonaler Antikörper, der den PD1-Rezeptor blockiert) in der Behandlung des metastasierten nicht-kleinzelligem Lungenkarzinoms. An der Studie haben 113 Patienten teilgenommen, aufgeteilt in drei Studienarme. Die Daten zeigen laut Angaben der beiden Unternehmen eine 12-Monats-Gesamtüberlebensrate von 69% und ein medianes Gesamtüberleben von 17,5 Monaten in dem Studienarm mit der Kombinationstherapie mit Acasunlimab und Pembrolizumab, die alle sechs Wochen verabreicht wurde.

Die beiden anderen Studienarme zeigten insgesamt schwächere Daten als die Sechswochen-Kombinationstherapie. Vor allem dieser Studienarm zeigte zudem ein günstiges Sicherheitsprofil in der Studie. Im Vergleich hierzu zeigt Docetaxel, das oft als Standard-Zweitlinientherapie bei nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom verwendet wird, in verschiedenen Studien typischerweise ein medianes Gesamtüberleben mit Werten zwischen 7 und knapp 10 Monaten und ein ungünstigeres Sicherheitsprofil. Nun sollen die Daten aus der Phase II-Studie noch weiter ausgewertet werden und könnten damit als Grundlage einer zulassungsrelevanten und breiter angelegten Phase III-Studie dienen, die noch 2024 starten soll. Die Ergebnisse „deuten auf einen potentiell bedeutenden Effekt hin“, so Judith Klimovsky, Executive Vice President und Chief Development Officer bei Genmab.

In der gleichen Indikation unterwegs ist auch die Heidelberg-Mannheimer Affimed NV, die auf der ASCO verlängerte Nachbeobachtungsdaten aus der EGFRwt-Kohorte und erste klinische Wirksamkeitsdaten aus der EGFRmut-Kohorte der laufenden AFM24-102-Studie bei nicht-kleinzelligem Lungenkrebs bekannt gab.

Zum Zeitpunkt des aktualisierten Datenstichtags am 13. Mai 2024 waren von den 17 EGFRwt-Patienten, über die zuvor berichtet wurde, 15 Patienten auswertbar. Es wurden vier bestätigte objektive Ansprechreaktionen beobachtet: ein komplettes Ansprechen (CR) und drei Patienten mit partiellem Ansprechen (PR). Darüber hinaus erreichten 8 Patienten eine stabile Erkrankung (SD), was einer Krankheitskontrollrate von 71% entspricht. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 5,9 Monate bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 7,4 Monaten. Bemerkenswert ist, dass drei von vier Respondern länger als 7 Monate überlebten, dem typischen Überlebensintervall nach Standardtherapie wie oben bereits erwähnt. Alle Responder waren vor der Studie gegen Checkpoint-Inhibitoren resistent, was die Hypothese unterstützt, dass die Kombination von AFM24 mit Atezolizumab (monoklonaler Antikörper, der den PD-L1-Rezeptor blockiert) eine alternative Strategie zur Überwindung der Resistenz gegen bestehende Therapien darstellen könnte.

In einer zweiten Kohorte hatten bis zum 21. Mai 2024  21 stark vorbehandelte EGFRmut-Patienten (Median von 3 vorangegangenen Therapien) ebenfalls diese Kombinationstherapie erhalten. EGFRmut-NSCLC gilt als immunogen schwacher Subtyp dieser Krebserkrankung, bei dem eine Monotherapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren nur geringe Ansprechraten gezeigt hat. Hier konnten 13 Studienteilnehmer ausgewertet werden. Die Kombination von AFM24 mit Atezolizumab zeigte ermutigende Signale klinischer Aktivität, darunter einmal CR, drei PRs und 6 Patienten, die ein stabilisiertes Krankheitsgeschehen aufwiesen. Zum Zeitpunkt des Cut-offs der Daten waren alle Reaktionen noch nicht abgeschlossen, die Studienteilnehmer werden noch weiter beobachtet. Die Daten deuten darauf hin, dass die Kombination von AFM24 und Atezolizumab synergistisch wirken könnte, und damit insgesamt die Wirksamkeit verbessert.

Die Würzburg-Martinsrieder Catalym stellte ebenfalls Studiendaten in einem Teilbereich der NSCLC-Indikation vor und berichtet dabei vor allem von sehr langanhaltenden Behandlungserfolgen. Die Ergebnisse umfassen Daten aus drei Hauptstudienkohorten: In der Kohorte für nicht-squamöses nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC) wurde zwar nur eine objektive Ansprechrate (ORR) von 19,0 % (4/21) beobachtet, mit 2 teilweisen Respondern (PR) und 2 vollständigen Respondern (CR). In zwei weiteren Subkohorten lagen diese Werte und Einzelfälle in einer ähnlichen Größenordnung. Bei den Respondern wurde jedoch eine außergewöhnliche Dauer des Ansprechens beobachtet, mit einer mittleren und medianen Dauer von mehr als 15 Monaten für NSCLC und 14 Monaten für eine der Subkohorten bei Datenstopp, wobei 77% aller Reaktionen anhalten.

Insbesondere die vier CRs dauern noch an. Dabei ist bemerkenswert, dass drei der vier CRs keine CR mit einer früheren systemischen Behandlung gezeigt hatten, einschließlich einer anfänglichen/frühzeitigen Anti-PD-(L)1-Behandlung. Diese neuen positiven Ergebnisse stammen aus der laufenden Phase I/IIa-Studie „GDFATHER“ (GDF-15 Antibody-mediaTed Human Effector Cell Relocation Phase 1/2a) (NCT04725474). Die Präsentation enthielt Daten aus den Kohorten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) und Urothelkarzinom (UC) sowie neue, frühe Daten für die Kohorte mit hepatozellulärem Karzinom (HCC) und eine zusätzliche Biomarker-Kohorte. In der Präsentation wurde hervorgehoben, dass die Behandlung mit einer Kombination aus Catalyms führendem Kandidaten, Visugromab, in Verbindung mit dem Anti-PD-1-Antikörper Nivolumab eine überzeugende, tiefgreifende und dauerhafte antitumorale Aktivität bei Patienten mit Anti-PD-1/PD-L1-Rezidiv/Refraktärität gemäß strengen Kriterien erzielt. Die Kombination von Visugromab und Nivolumab weist zudem ein ausgezeichnetes Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil auf. Visugromab ist ein monoklonaler Antikörper, der den vom Tumor produzierten Wachstumsdifferenzierungsfaktor-15 (GDF-15) neutralisieren soll, einen zentralen Vermittler der Immunresistenz gegen Krebstherapien.

All die hier nur stichprobenartig ausgewählten Daten und Präsentationen haben nicht das ganz große Scheinwerferlicht erhalten, da es in dessen Lichtkegel vorrangig um die KRAS G12C-Mutationen und Ansätze dagegen auch bei NSCLC von Amgen und BMS ging oder einen Moderna-mRNA-Krebsimpfstoff. Doch an der Börse wurden die Signale zumindest empfangen und wieder einmal sehr unterschiedlich bewertet: Affimed kann sich fast verdoppeln um derzeit rund 80%; bei BioNTech erscheint eher ein kleines rotes Vorzeichen oder wenig Veränderung.

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