Biomay AG

Biomay bei Produktion von Crispr-Therapie dabei

Die EMA hat die erste Gentherapie für die Erbkrankheit Sichelzellanämie zugelassen. Die Herstellung der Komponenten der auf einer CRISPR/Cas-Editing-Therapie basierenden Methode ähnelt dem Prinzip des Lego-Bausteins. Während die Bausteine verteilt in Europa hergestellt werden, setzt man bei der Nuklease Cas9 auf die Expertise von Biomay aus Wien.

ANZEIGE

Die kürzlich von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) bedingt zugelassene Gentherapie der US-amerikanischen Firmen Crispr Therapeutics (mit steuerlich bedingtem Hauptsitz in Zug, Schweiz) und Vertex Pharmaceuticals Inc. hat auch Auswirkungen auf das österreichische Unternehmen Biomay. Bei dem Wiener Auftragsentwickler und -hersteller (CDMO) fand kürzlich eine entscheidende FDA-Inspektion statt. Damit ist die Biomay AG als cGMP-Hersteller und -Lieferant der rekombinanten Nuklease Cas9 für den Einsatz in Gen-Editing-Therapien qualifiziert. Nicht für irgendeine, sondern für genau diese historische Gentherapie-Anwendung, die erste zugelassene „gecrisperte“ Genmodifikation beim Menschen.

Im Rahmen einer seit 2017 bestehenden Kooperation mit Vertex und CRISPR Therapeutics produziert und liefert Biomay die rekombinante Nuklease Cas9 für die klinische Entwicklung von exagamglogene autotemcel (CASGEVY®) und die Versorgung des Marktes. Diese Therapie zur Behandlung der Sichelzellanämie (SCD) und der transfusionsabhängigen Beta-Thalassämie (TDT) macht zunehmend Schlagzeilen, denn sie ist die erste CRISPR/Cas9-basierte Therapie, die von der FDA, der britischen MHRA und nun auch von der EMA die Marktzulassung erhalten hat.

Im Gespräch mit |transkript erzählte der Vorstandsvorsitzende von Biomay, Dr. Hans Huber, wie sein Unternehmen Teil eines Netzwerks von Produktionspartnern für diese Gentherapie wurde: Alles begann mit einem Vortrag über Bioprozessentwicklung, den Huber auf einem Kongress in London hielt und der den Kontakt zu Crispr Therapeutics bahnte, damals noch selbst in einer frühen Entwicklungsphase. Das Unternehmen wurde 2013 von Emmanuelle Charpentier gegründet, die 2020 für ihre Entwicklung der CRISPR/Cas-Methode gemeinsam mit Jennifer Doudna den Nobelpreis erhielt.

Biomay ist seit 40 Jahren in der Expression von rekombinanten Proteinen aktiv, seit gut 15 Jahren als biopharmazeutische CDMO mit einem Team von heute rund 120 Mitarbeitern. Das Unternehmen ist involviert und nah dran an zahlreichen wissenschaftlich fundierten Projekten, die meist sehr individuelle Herausforderungen in der Produktion bereithalten. „Proteine sind Individuen“, so Huber, bei jeder Prozessentwicklung fange man quasi bei Null an, denn Stabilität, Aufreinigung, Löslichkeit, Lagerfähigkeit und die jeweiligen Analysemethoden zur Qualitätskontrolle eröffnen für jede neue Aminosäuresequenz und deren Produktionsprozess ein völlig neues Universum.

Crispr Therapeutics beauftragte Biomay zunächst mit einer Machbarkeitsstudie und nach deren erfolgreichem Abschluss, mit der Entwicklung eines skalierbaren, robusten Cas9-Herstellungsprozesses. Dies beinhaltete den Aufbau eines E. coli-Expressionssystems, die Erstellung von GMP-Zellbanken, die Entwicklung eines optimierten GMP-Herstellungsprozesses (Upstream, Downstream) sowie die Etablierung analytischer Methoden zur Qualitätskontrolle. „Wir hatten das Glück des Tüchtigen, dass wir bei diesem historischen Projekt den Zuschlag für die Produktion des Cas9-Bausteins bekommen haben“, sagt Huber. Die Chemie zwischen den wissenschaftlich orientierten Teams der involvierten Unternehmen habe einfach gestimmt.

In Zusammenarbeit mit Vertex Pharmaceuticals, dem globalen Kommerzialisierungspartner von Crispr Therapeutics, erfolgte im Vorfeld der Zulassung die Umsetzung eines umfangreichen Programms zur Produkt- und Prozesscharakterisierung, zur Validierung der analytischen Methoden und des gesamten Herstellungsprozesses. Anschließend wurde mit der Produktion für den Markt begonnen. Huber sieht auch die erfolgreiche FDA-Inspektion als wichtigen Meilenstein für Biomay. „Sie unterstreicht unser unermüdliches Engagement für Qualität, kontinuierliche Verbesserung und höchste Standards auf allen Ebenen“, so Huber.

Weltweit leben 20 bis 25 Millionen Menschen mit dem Gendefekt, der zur Sichelzellanämie führt, davon etwa 12 bis 15 Millionen in Afrika südlich der Sahara. Die Zulassungen zunächst in westlicheren Regionen spiegeln wider, dass auch dort die Zahl der Betroffenen steigt.

Interessanterweise sind die Hauptlieferanten für das aus mehreren Komponenten bestehende Therapeutikum in Europa angesiedelt. „Es ist das perfekte Produkt für eine kleine bis mittelständische CDMO, denn die Therapie eines einzelnen Patienten erfordert nur eine relativ kleine Menge an Cas9“, sagt Huber, der stolz darauf ist, dass die Biomay an diesem „Nobelpreisprodukt“ mitarbeiten kann. Biomay ist nicht nur auf Proteine spezialisiert, sondern hat sich längst breiter aufgestellt, um auch den Bedarf an DNA- und RNA-Produktion abzudecken. Mit dem kürzlichen Neubau und dem Umzug in das deutlich größere Gebäude in Wien habe sich sein Unternehmen auch für weitere Projekte im Bereich der personalisierten Medizin gerüstet. „Das ist ein Innovationstrend, der viele Spezialisten erfordert, die aber möglichst flexibel und agil reagieren können sollten, weil sehr individuelle Produkte entstehen. Hier sind wir, hier ist Europa gut aufgestellt“, so Huber.

ViGenerons Gentherapie sieht ersten Patienten

Die Martinsrieder ViGeneron GmbH hat in einer klinischen Phase Ib-Studie den ersten Patienten mit intravitrealer Injektion von VG901 gegen Retinitis pigmentosa (RP) behandelt. Diese wird durch Mutationen im CNGA1-Gen verursacht. VG901 bringt ein funktionelles CNGA1-Gen in die Zielzellen der retinalen Photorezeptoren ein.

SIE MÖCHTEN KEINE INFORMATION VERPASSEN?

Abonnieren Sie hier unseren Newsletter