CureVac N.V.

CureVac meldet sich mit Vogelgrippe zurück

Die Nachrichtenlage aus der Tübinger CureVac N.V. liest sich gemischt. Im März hatten die RNA-Impfstoffentwickler eine Restrukturierungsmaßnahme mit über 10% Stellenkürzungen wegen anhaltend zu hoher Ausgaben verkünden müssen. Bei der Bekanntgabe der Gesamtjahresbilanz wurde auch die Beendigung der Vertragspartnerschaft mit der Bundesregierung in Sachen Pandemiebereitschaft mitgeteilt, was zumindest Raum für einige Interpretationen lässt. Nun melden die Tübinger den Start einer klinischen Studie gemeinsam mit GSK bei Vogelgrippe, die gerade in den USA für einige Unruhe sorgt.

ANZEIGE

Zur Gesamtjahresbilanz für das vergangene Jahr stellte das Tübinger RNA-Unternehmen CureVac N.V. die „robuste Cash-Position“ von rund 402 Mio. Euro in den Vordergrund. Dies sind jedoch immerhin 93 Mio. Euro weniger als noch zum Jahresende 2022 verfügbar waren, da sich die Umsatzerlöse aus der Kooperation mit GSK in diversen Projekten reduziert hätten und man die Prioritäten verschoben habe. Der operative Verlust wuchs im gleichen Zeitraum um weitere rund 25 Mio. Euro auf stattliche -274 Mio. Euro an. Auch deswegen sei die Restrukturierung und der Personalabbau eine notwendige Maßnahme, um die Finanzierung des Unternehmens mit seinen diversen Projektentwicklungen abzusichern.

Das vorhandene Geld soll nach derzeitigem Plan bis Ende 2025 reichen. Ebenfalls mitgeteilt wurde die Beendigung der Vertragspartnerschaft mit der Bundesregierung in Sachen Pandemiebereitschaft. Dies lässt zumindest Raum für einige Interpretationen, da das in Sachen Pandemiebereitschaft federführende Bundesgesundheitsministerium durchaus Vorhaben unterstützt und mit Millionen diverse Impfstoffproduktionsanlagen fördert, was in nächster Zeit – mit der Sache vertrauten Personen zufolge – formal in Kooperationsverträgen festgehalten werden wird. Nur mit Curevac plant im Bund anscheinend niemand mehr. Dies wirft Fragen nach der vorhandenen Bundesbeteiligung an dem Unternehmen auf. Auf Nachfrage zu dieser Thematik erhielt die |transkript-Redaktion bisher noch keine Antwort aus Tübingen.

Neben den Zahlen und einer „historisch belasteten“ Vergangenheit im Corona-Impfstoffwettrennen, das auf der Ebene des Patentrechtsstreits mit Biontech durch Widerspruch der Tübinger noch völlig offen ist, dringt Curevac kaum durch mit Fortschrittsmeldungen im Bereich der RNA-Impfstoffe gegen Krebs. Eine Kooperation mit dem weltbekannten Universitätsklinikum MD Anderson bedeutet zumindest einen Achtungserfolg (dass die US-Amerikaner so einer Kooperation aus ihrer – normalerweise sehr wählerischen – Perspektive eine hohe Priorität einräumen), die Fortschritte im Bereich der Glioblastom-Indikation sind jedoch noch viel zu früh, um zum wichtigen Aspekt einer Wirksamkeit Aussagen treffen zu können. Darum verfangen all diese kleinen Meldungen auch wenig bei den Analysten oder auf dem Börsenparkett. Zu viele Krebsimpfstoffprojekte hat man schon scheitern sehen, um nun mit fliegenden Fahnen in einen Hypemodus zu geraten.

Doch in einem anderen Feld könnte eine solche Welle plötzlich entstehen: bei der Vogelgrippe. In Nordamerika greift ein Vogelgrippeinfektionsgeschehen wohl so stark um sich, dass nun auch andere Lebewesen als Zwischenwirte ins Visier des Virus geraten: Kühe. Für landwirtschaftliche Betriebe, aber auch die derzeitigen Nahrungsmittelströme, wäre eine Ausweitung der Vogelgrippe zu einer Säugetiere betreffenden Infektionskrankheit eine Katastrophe, der Mensch als Infizierter und Überträger dann nur noch eine Frage einer sehr kurzen Zeitspanne. Entsprechend klingelten viele Alarmglocken, als aktuell Meldungen aufkamen, dass in Milchprodukten vereinzelt Vogelgrippevirus-Bruchstücke gefunden worden seien. Derzeit ist noch nicht bekannt, ob diese vollständig oder gar auch „infektiös“ sein könnten, doch allergrößte Vorsicht ist geboten. Genau hier könnte die Tübinger Curevac mit dem Start einer klinischen Studie mit GSK zum richtigen Zeitpunkt das Thema Vogelgrippe besetzen.

Am 24. April 2024 wurde nun der Beginn des Phase I-Teils einer kombinierten Phase I/II-Studie für einen prä-pandemischen Influenza-A-(H5N1)-Impfstoffkandidaten bekannt gegeben. Die Studie ist das jüngste Programm, das im Rahmen der breit angelegten Kooperationsvereinbarung mit GSK im Bereich Infektionskrankheiten von Juli 2020 in die klinische Entwicklung geht. Sie untersucht die Sicherheit, Reaktogenität und Immunogenität eines monovalenten Impfstoffkandidaten, der auf CureVacs firmeneigenen mRNA-Gerüst der zweiten Generation beruht und ein Influenza A H5-Antigen kodiert. Im ersten Phase I-Dosis-Eskalationsteil der Studie werden bis zu fünf Dosierungen bei gesunden jüngeren Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren und gesunden älteren Erwachsenen im Alter von 65 bis 85 Jahren im Vergleich zu einer Placebo-Kontrolle untersucht. Kursrelevant scheinen alle diese Nachrichten aus Tübingen derzeit nicht zu sein, was sich aber mit einer höheren medialen Aufmerksamkeit auf die Vogelgrippeproblematik auch schlagartig ändern könnte.

SIE MÖCHTEN KEINE INFORMATION VERPASSEN?

Abonnieren Sie hier unseren Newsletter