Eppendorf hat eine neue CEO
Die Hamburger Eppendorf SE hat nach einjähriger Suche erstmals eine alleinige weibliche CEO auserkoren.
Das Hamburger Traditionsunternehmen Eppendorf SE hat eine neue Chefin. Nach gut einjähriger Suche und einigem Gezerre beim Stühlerücken in der Chefetage hat der 1945 gegründete Spezialist für Laborausrüstung im Life-Science-Bereich mit Dr. Christine Munz die Nachfolgerin von Interims-CEO Wilhelm Plüster bestimmt.
Das Milliardenunternehmen mit weltweit über 5.000 Mitarbeitern ist sichtlich froh, die Hängepartie hinter sich lassen zu können und bringt dies in einer längeren Dankesrede an den Interims-CEO zum Ausdruck. „Wir freuen uns sehr, dass wir Dr. Munz für Eppendorf und die Position des Vorstandsvorsitzenden gewinnen konnten“, sagt Philipp von Loeper, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Eppendorf SE. „Im Namen des gesamten Aufsichtsrats danke ich Herrn Dr. Plüster für seinen großen Einsatz für das Unternehmen in den vergangenen Monaten als Vorstandsvorsitzender. Nach mehr als 10 Jahren im Vorstand von Eppendorf hat er einmal mehr sein großes Engagement für das Unternehmen unter Beweis gestellt. Wir freuen uns sehr, dass er Eppendorf erhalten bleibt und eine weitere verantwortungsvolle Position im Unternehmen übernimmt.“ Ab dem 1. Oktober 2024 soll sich Plüster „planmäßig“ anderen strategischen Aufgaben im Unternehmen widmen und Christine Munz die Führung übernehmen.
Munz blickt auf eine Karriere in der Gerätesparte von Roche zurück, die lange Jahre – vor einer Umstrukturierung 2013 – als Applied Sciences geführt wurde. Danach war sie bei Leica Microsystems und Biosystems für verschiedene Bereiche und Laborgeräte verantwortlich. Mit Dr. Christine Munz gewinne Eppendorf eine starke, international erfahrene Geschäftsführerin, sagte von Loeper und fügte hinzu: „Sie ist eine ausgewiesene und hochqualifizierte Managerin mit langjähriger Erfahrung in der Life Science Industrie. Gemeinsam mit dem globalen Management-Team wird Frau Dr. Munz die erfolgreichen Aktivitäten von Eppendorf weiter vorantreiben und gezielt ausbauen“.
Hier schwingt die Hoffnung mit, die die in der Vergangenheit für den Chefposten auserkorenen Persönlichkeiten wohl nicht ausreichend bestätigen konnten, was zu einer bisher bei Eppendorf nicht gekannten Situation der Führungslosigkeit geführt hatte. Denn die Herausforderungen im Markt sind groß und Eppendorf ist eher ein kleiner, aber mit seiner globalen Präsenz dennoch internationaler Player. Im Geschäftsjahr 2023 erzielte die Eppendorf-Gruppe einen Umsatz von 1,08 Mrd. Euro und investierte 69 Mio. Euro in Forschung und Entwicklung. Das berühmte „Eppi“ (nüchtern: Eppendorf Reaktionsgefäß), das Standardgefäß im Labor, trägt die liebevolle Abkürzung des Firmennamens, ist in jedem Labor bekannt und wird seit kurzem auch in der nachhaltigen Version aus biobasiertem Bio-Plastik gefertigt. Eppendorf-Produkte werden weltweit in akademischen und kommerziellen Forschungslabors, in Labors für klinische oder Umweltanalysen, in forensischen Labors sowie in Industrielabors für Prozessanalysen, Produktion und Qualitätssicherung eingesetzt. Die Hamburger betreiben Produktions- und F&E-Einrichtungen in Europa, Asien und Nordamerika und haben Tochtergesellschaften in 32 Ländern.
Der starke Trend zum Zusammenschluss verschiedener Laborausrüster unter den starken US-Marken Thermo Fisher, Danaher und anderen dürfte auch in Hamburg nicht übersehen worden sein. Automatisierung und Robotertechnik, die immer mehr Einzug ins Labor halten, und die Laborassistentin, die eine kleine Menge Flüssigkeit in ein Eppi pipettiert, sind Bilderwelten, die nicht mehr so recht zusammenpassen zu scheinen. Die strategischen Überlegungen, wo sich Eppendorf in Zukunft stabil positionieren will und kann, müssen in Hamburg nun schnellstmöglich beginnen. Vielleicht sollte man sich auch das klein erscheinende F&E-Budget einmal genauer anschauen, ob damit Zukunftsfelder dynamisch und erfolgreich erobert werden können.