©BMG, Thomas Ecke

Medizinforschungsgesetz: Noch ein weiter Weg

Das vor Ostern vom Bundeskabinett verabschiedete Medizinforschungsgesetz verspricht Beschleunigung bei der Durchführung von klinischen Studien. Die Kritik aus der Ärzteschaft lässt jedoch vermuten, dass der Gesetzesvorschlag auf dem parlamentarischen Weg noch manche Änderung erfahren dürfte.

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Das Bundeskabinett hat vor Ostern den Entwurf für ein Medizinforschungsgesetz (MFG) beschlossen. Ziel der Reform ist es, die Rahmenbedingungen für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten in Deutschland zu verbessern, indem Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen sowie Zulassungsverfahren beschleunigt und entbürokratisiert werden.

„Mit dem Medizinforschungsgesetz stärken wir die Erforschung und Herstellung neuer Arzneimittel und Medizinprodukte und den Forschungsstandort Deutschland“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Das Gesetz sorge für schnelle, verlässliche und unbürokratische Verfahren, gebe den beteiligten Forschern und Unternehmen Planungssicherheit und beschleunige den Zugang zu neuen Therapieoptionen für Patienten. „Alle notwendigen Prüfungen von Studien können künftig parallel laufen“, erläuterte der Minister. Durch die Koordination des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll eine klinische Studie in Deutschland künftig innerhalb von 26 Tagen geprüft und genehmigt werden können. „Wir werden in den nächsten Jahren deutlich mehr pharmazeutische und akademische Studien in Deutschland sehen“, ist Lauterbach überzeugt. Mit dem MFG werde ein wesentlicher Teil des Pharmastrategiepapiers der Bundesregierung umgesetzt.

Die Ziele sollen im Wesentlichen durch eine zentrale Koordination der Genehmigungsverfahren und Anträge für klinische Prüfungen von Arzneimitteln durch das BfArM, eine Spezialisierung der Ethikkommissionen der Länder, eine beschleunigte Bewertung nationaler klinischer Prüfungen sowie Standardvertragsklauseln für klinische Prüfungen erreicht werden.

Gegenüber dem bisher vorliegenden Referentenentwurf weist der Kabinettsentwurf des MFG nur geringfügige inhaltliche Änderungen auf. Damit ist die von der Bundesärztekammer (BÄK) und den Landesärztekammern im Vorfeld vielfach kritisierte Einrichtung einer Bundesethikkommission nicht vom Tisch. Sie trägt in der Kabinettsfassung des BGM lediglich einen anderen Namen. Eine „unabhängige spezialisierte Ethik-Kommission“, wie es in dem Papier heißt, soll besonders komplexe und eilige Verfahren bearbeiten. Angesiedelt beim BfArM,  sollen die Mitglieder direkt vom Bundesgesundheitsministerium berufen werden – trotzdem soll die Unabhängigkeit der Ethik-Kommission gewährleistet sein. Die Berufung von Kommissionsmitgliedern durch die Regierung und deren unabhängige Arbeit schlössen sich nicht aus, sondern seien durchaus üblich, sagte der Bundesminister. Doch die Bundesärztekammer hält an ihrer Kritik fest. Die weiterhin vorgesehene Einrichtung einer speziellen Ethik-Kommission für besondere Verfahren beim BfArM stelle die Unabhängigkeit bei der ethischen Bewertung von Studienvorhaben in Frage, teilte die BÄK nach Bekanntwerden des Kabinettsbeschlusses mit.

In Deutschland gibt es derzeit rund 50 einzelne Ethikkommissionen an Universitätskrankenhäusern. Eine Arbeitsgemeinschaft der Ethikkommissionen (AKEK) versucht sich seit kurzem daran, eine gewisse Harmonisierung der Beschlussfassungen zu erreichen, und hat die Diskussion um eine übergeordnete „Bundes-Ethikkommission“ immer kritisch gesehen. So wird aus der AKEK auch jetzt der Regierungsentwurf als „enttäuschend“ bezeichnet. Er beseitige keines der bekannten Probleme, sondern schaffe mit Parallelstrukturen neue. Als Grund für die große zeitliche Verzögerung bei der Durchführung von klinischen Studien wird jedoch die Vielzahl der einzuholenden Ethik-Gutachten angeführt. Diese Verzögerung habe dazu geführt, dass Deutschland im Ranking der Anzahl durchgeführter klinischer Studien in Europa immer weiter abgerutscht sei. Warum eine ethische Beurteilung an Standorten innerhalb Deutschlands unterschiedlich vorgenommen werden muss und gegebenenfalls auch zu anderen Ergebnissen führen könnte, sei für internationale Sponsoren derartiger meist multinational und multizentrisch angelegter Studien heutzutage kaum mehr vermittelbar.

Der weitere Weg des ambitionierten Gesetzesvorhabens, das deutlich mehr Tempo in die Verfahren bringen würde, ist noch nicht ausgemacht.

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