Mission erfüllt: CEO Kress verlässt Morphosys
Nicht ganz fünf Jahre dauerte die Mission von Jean-Paul Kress als CEO der Morphosys AG in Planegg. Nun ist sie mit der Neuberufung eines neuen Vorstandes auch formal zu Ende gegangen. Ihren vorläufigen Höhepunkt hatte sie bereits mit dem Verkauf des Unternehmens an Novartis erreicht.
Das Biotech-Unternehmen Morphosys gönnt sich einen neuen CEO und Finanzvorstand. Der neu zusammengesetzte Aufsichtsrat unter dem Vorsitz von Novartis-Deutschland-Chef Heinrich Moisa hat Arkadius Pichota zum Vorstandsvorsitzenden bestellt, teilte Morphosys am Donnerstagabend mit. Finanzvorstand wird Lukas Gilgen. Damit sind weitere wesentliche Positionen bei Morphosys nun von Novartis-Leuten besetzt, was angesichts der anstehenden Übernahme durch den Schweizer Pharmakonzern zum Preis von 2,7 Mrd. US-Dollar nur allzu nachvollziehbar ist. Pichota war zuvor bei der Novartis-Tochter Navigate Biopharma Services tätig, Gilgen beim Mutterkonzern selbst. Die bisherigen Vorstandsmitglieder Jean-Paul Kress und Lucinda Crabtree haben ihre Ämter niedergelegt, heißt es relativ nüchtern in der Ad-hoc-Mitteilung.
Novartis hatte im Februar angekündigt, Morphosys für 2,7 Mrd. Euro übernehmen zu wollen. Mitte Mai teilte der Schweizer Konzern mit, dass die Mindestannahmeschwelle für das Angebot in der ersten Annahmefrist erreicht wurde. Mit der Übernahme sichert sich der Pharmariese den Zugriff auf den größten Hoffnungsträger von Morphosys, das Medikament Pelabresib zur Behandlung von Myelofibrose, einer seltenen bösartigen Erkrankung des Knochenmarks. Novartis hat selbst zur Behandlung von Myelofibrose Jakafi (Wirkstoff Ruxolitinib) in der Vermarktung, dessen Wirksamkeit jedoch nach einer Behandlungsdauer von drei bis fünf Jahren nachlässt. Jakafi erzielte im Jahr 2022 einen Umsatz von 388 Mio. US-Dollar. Nach Einschätzung von Branchenkennern versprechen sich die Schweizer durch eine mögliche Kombinationstherapie der beiden Wirkstoffe einen Blockbuster, der das Barangebot von 68 Euro je MorphoSys-Aktie rechtfertige.
Die Ära von Jean-Paul Kress in Planegg begann im September 2019, nachdem der Gründer und Langzeit-CEO Simon Moroney nach 27 Jahren seinen Abschied nahm. Dieser löste ein größeres Stühlerücken im oberen Management des 1992 gegründeten Biotech-Urgesteins aus. Kress war nicht geholt worden, um die bisherige Strategie der Antikörper-Entwicklungspartnerschaften und einige eigene Projekte voranzutreiben, sondern ganz frisch und unbelastet eine neue Positionierung für das Unternehmen zu suchen. Er leitete alsbald eine Änderung der Geschäftsstrategie hin zur eigenen Entwicklung von Onkologika ein, während sowohl das Partnerschaftsmodell als auch die eigene präklinische Forschung an Antikörpern ausliefen oder etwas rüde eingestellt wurden. Die Krebswirkstoffe wurden 2021 von außen zugekauft, in einem Deal, der alten Morphosys-Anhängern ebenfalls übel aufstieß. Die anteiligen Erlöse am Antikörper Tremfya (Psoriasis) wurden für wenig Geld verkauft, wenn man dessen heutige Quartalserlöse von über 800 Mio. US-Dollar betrachtet und sieht, dass Johnson & Johnson diesen Antikörper nun auch noch in die Indikationen Crohns Disease und IBD bringen will – ein Blockbuster, made by Morphosys. Die Börse schimpfte heftig über den Milliardenkauf von Constellation Pharma und deren Anti-Krebsmoleküle und honorierte diesen Strategiewechsel nicht, der Kurs gab auf 13,30 Euro/Aktie im Dezember 2022 nach. Für eine Kurserholung im Dezember 2023 sorgten Ergebnisse einer Phase III-Studie des ehemaligen Constellation-Wirkstoffs Pelabresib in Kombination mit Ruxolitinib bei der Erstlinientherapie der Myelofibrose. Erst war die Börse überaus skeptisch, ob die Daten für eine Zulassung reichen würden und der Kurs sackte sogar ab. Doch in der Zeit liefen bereits die ersten Verhandlungen mit Novartis. Plötzlich fand man sich in einer Art Bieterwettkampf mit der Firma Incyte wieder, der als Vermarktungspartner eines anderen Morphosys-Antikörpers ebenfalls Interesse an dem Planegger Unternehmen unterstellt wurde. Novartis hatte tiefere Taschen, um den zwischenzeitlich angezogenen Wert der Morphosys Aktie von rund 40 Euro zu toppen und mit 68 Euro ein Sahnehäubchen draufzusetzen. Immer noch weit entfernt von den damaligen Kurshöchständen bei Amtsantritt von Kress, als die Aktie bei um die 110 Euro notierte.
Während der neue CEO und CFO heute noch nicht mit Porträtfoto auf der Morphosys-Webseite unter dem „Leadership“-Team aufgeführt sind, prangt dort überdeutlich, dass die Übernahme durch Novartis abgeschlossen sei und Morphosys nun „Teil von Novartis“ ist. Im Management bis hin zum Aufsichtsratsvorsitzenden ist der Schweizer Bezug nun überdeutlich und es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis Morphosys Geschichte sein wird.