Thomas Lohnes / Sanofi

Nun offiziell: Sanofi investiert Milliarde in Frankfurt

Sanofi gibt dem Standort Frankfurt am Main den Zuschlag für den Ausbau und die Runderneuerung der Insulinproduktion. Die deutsche Politik hat kräftig mitverhandelt, europäische Fördergelder stehen in Aussicht. Insgesamt fließen damit über 5 Mrd. Euro an diversen Produktions- und Innovationsinvestitionen in die Rhein-Main-Neckar-Region.

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Sanofi investiert 1,3 Mrd. Euro in eine neue Insulinproduktionsanlage in Deutschland, um die langfristige Versorgung zu sichern und seine europäische Lieferkette zu stärken. Das teilte das Unternehmen Anfang August offiziell mit, nachdem es über Wochen bereits Gerüchte und Verhandlungen über die Standortsuche und Investitionsentscheidung gegeben hatte.

Die 36.000 Quadratmeter große Anlage wird auf dem BioCampus von Sanofi in Frankfurt am Main angesiedelt sein und „digitale und vernetzte Lösungen“ nutzen, um Insulin für Diabetes-Patienten auf der ganzen Welt herzustellen, heißt es in einer Mitteilung des französischen Unternehmens. Die Anlage soll bis 2029 in Betrieb gehen und nach und nach die bestehenden Produktionsstätten des Pharmakonzerns vor Ort ersetzen. Sanofi geht davon aus, dass durch das Projekt mehrere hundert neue Arbeitsplätze entstehen.

Standortwettbewerb zwischen Frankfurt und Paris

Der Standort Frankfurt-Höchst ist bereits eines der größten Werke von Sanofi mit rund 6.600 Beschäftigten, rund 4.000 davon sind dort direkt oder indirekt mit der Insulin-Produktion beschäftigt. Für Insulin umfasst der Standort alles von der Wirkstoffherstellung bis zur Montage und Abfüllung von Karpulen, Pens und Autoinjektoren. Von hier aus werden Patienten in rund 80 Ländern mit Insulin versorgt. In Höchst wird das Diabetesmittel Lantus produziert, mit dem Sanofi zuletzt jährlich einen Milliarden-Umsatz erzielte. Weltweit sind für den Konzern mehr als 86.000 Menschen tätig

„Die starke Unterstützung der Bundesregierung und der Länder für dieses Projekt im Rahmen der nationalen Pharmastrategie ist ein wichtiges Signal für die biopharmazeutische Industrie“, sagte die Vorstandsvorsitzende von Sanofi, Heidrun Irschik-Hadjieff. Die politischen Vertreter des Landes, der Stadt Frankfurt, aber auch in der Bundesregierung zeigen sich entsprechend zufrieden mit der Entscheidung und haben wohl eine finanzielle Förderung in Aussicht gestellt. Deswegen stehe die Investition des französischen Pharmakonzerns in Höhe von 1,3 Mrd. Euro (1,4 Mrd. US-Dollar) dem Vernehmen nach noch unter dem Vorbehalt dieser öffentlichen Finanzierung und ihrer Genehmigung durch die Europäische Kommission (Stichwort: Beihilferecht). Im Mai hatte Sanofi mehr als 1 Mrd. Euro  zugesagt, um die Produktion von Biologika am Standort Paris zu erhöhen.

Im Ländereck Hessen-Rheinland-Pfalz-Baden-Württemberg summieren sich die Investitionen in Neubauten der Pharmaproduktion oder von Innovationszentren damit alleine in den vergangenen und kommenden Monaten auf über 5 Mrd. Euro: Eli Lilly investiert 2,3 Mrd. Euro am neuen rheinland-pfälzischen Standort Alzey für die Produktion von Diätspritzen, Merck investiert bis 2025 rund 1,5 Mrd. Euro in neue Forschungs- und Entwicklungszentren in Darmstadt, Abbvie investiert rund 150 Mio. Euro in ein neues Innovationszentrum in Ludwigshafen, die Translationsgesellschaft TRON in Mainz hat sich für rund 200 Mio. Euro einen Neubau geleistet und Roche kündigte weitere Investitionen von über 1,4 Mrd. Euro in die Produktionsstandorte Mannheim sowie im bayerischen Penzberg an.

Treppenwitz der Geschichte

Dass Sanofi im Jahr 2024 eine Insulinproduktion mit viel politischer Begleitmusik und Begeisterung für viel Geld auf den Weg bringt, klingt für historisch bewanderte Branchenbeobachter ein wenig wie ein schlechter Scherz. Denn in den 90er Jahren hatten es andere Politiker nicht vermocht, der damaligen Hoechst AG einen roten Teppich auszurollen, die auf die biotechnologische Insulinproduktion umschwenken wollte, weil sie darin die Zukunft sah. Über viele Umwege und Firmenwandlungen ist zwar die Insulinproduktion und viel Wertschöpfung nach Deutschland zurückgeholt worden. Die Führungsrolle hat man aber damals leichtfertig verspielt. Auch der direkte Vergleich der zukünftigen Geschäftsmodelle von Insulinproduktion in Frankfurt und der eine Diabetes eventuell verhindernden Abnehmspritze im benachbarten Alzey wird spannendes Anschauungungsmaterial liefern über die richtige Zukunftsentscheidung zur rechten Zeit.

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