
CureVac erzielt Einigung mit BioNTech über Patentstreit
Vor der endgültigen Zustimmung zur geplanten Übernahme durch die Mainzer BioNTech SE steht die Überzeugungsarbeit bei den Aktionären, die dem ganzen Deal zu 80% folgen müssen. Der Verschmelzung der beiden Impfstoff- und mRNA-Firmen ist man nun mit der Einigung über den anhängigen Patentstreit einen großen Schritt näher gekommen. Dort ist zwar ein deutlich niedrigerer Betrag für die Anteile an den bisherigen COVID-19-Erlösen von BioNTech herausgekommen, aber allzu viel Porzellan sollte jetzt wohl nicht mehr zertrümmert werden.
Die Tübinger CureVac N.V. (Nasdaq: CVAC) will im Rahmen einer einvernehmlichen Regelung sämtliche laufenden Patentstreitigkeiten mit BioNTech SE (Nasdaq: BNTX), Pfizer Inc. (NYSE: PFE) sowie einem verbundenen Unternehmen von GSK plc (LSE/NYSE: GSK) beilegen. Die Einigung betrifft insbesondere Auseinandersetzungen in den USA rund um mRNA-basierte COVID-19-Impfstoffe.
Die Einigung sieht eine Zahlung in Höhe von insgesamt 740 Mio. US-Dollar an CureVac und GSK sowie eine Lizenzgebühr in einstelliger Prozenthöhe auf künftige US-Umsätze mit COVID-19-Impfstoffen vor. Ein großer Teil der Ausgleichszahlung geht dem Vernehmen nach an GSK, die rund 500 Mio. US-Dollar zugesprochen bekommen haben. Zudem erhält CureVac eine zusätzliche Zahlung von 50 Mio. US-Dollar von GSK im Rahmen der bestehenden Lizenzvereinbarung.
Im Zuge der neuen Vereinbarung wird CureVac der Mainzer BioNTech (und künftigen Mutterunternehmen) und Pfizer eine nicht-exklusive Lizenz zur Nutzung mRNA-basierter Technologien im Bereich COVID-19 und Influenza in den USA einräumen. Diese Lizenz soll nach dem Vollzug der geplanten Übernahme von CureVac durch BioNTech in eine weltweite Lizenz überführt werden.
Klarheit für die Übernahme
Die Einigung schafft Klarheit über bestehende Schutzrechtsfragen und ebnet zugleich den Weg für die nun weiter voranschreitende Integration von CureVac in BioNTech. Sie steht weiterhin unter dem Vorbehalt regulatorischer Genehmigungen und auch 75-80% der Aktionäre müssen noch ihre Zustimmung durch Abgabe der CureVac-Aktien geben. Alle sonstigen vereinbarten Bedingungen der Transaktion bleiben unverändert, so die Tübinger.
BioNTech hatte sich vorab von den Hauptanteilseignern der CureVac-Aktiengesellschaft vertraglich zusichern lassen, dass eine „Andienung“ der CureVac-Aktien an BioNTech erfolgen werde. Das betraf zum einen die rund 37% Anteilseignerschaft durch die Dievini Hopp Biotech Holding GmbH & Co. KG inklusive einiger Prozent direkt bei Dietmar Hopp und zum anderen die rund 13% Bundesanteil, der durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, vertreten ist und aus der 300 Mio.-Euro-Finanzspritze in der Hochphase der Corona-Pandemie stammt. Diese beiden Aktionärsblöcke sind BioNTech bereits sicher. Der abschließende Vergleich in Sachen Patente und damit auch eine Beilegung des Konflikts zwischen den Impfstoff-Konkurrenten dürfte im Sinne einer schiedlich-friedlichen Einigung nun die Grundlage bieten, dass auch die vielen Kleinanleger ihre CureVac-Aktien in Anteile von BioNTech umtauschen werden.
Hopp selbst hat über die Jahre unterschiedlichen Quellen zufolge wohl rund 250 Mio. Euro in CureVac investiert, war dort seit 2012 beteiligt und hoffte während der Corona-Pandemie lange, aus Tübingen werde „der beste Impfstoff“ kommen. Beim Börsengang 2020 erlöste das Unternehmen rund 245 Mio. Euro, der Ausgabekurs von 16 US-Dollar erhöhte sich rasant bis auf knapp 100 US-Dollar. Die damalige Beteiligung von Hopp mit rund 50% brachte ihm einen kurzfristigen Buchwert von rund 7 Mrd. US-Dollar, doch er hielt die Aktien im wesentlichen, auch nach dem Scheitern im Wettrennen mit BioNTech und dem darauffolgenden starken Absturz der Aktie auf wenige Dollar. Erst vor wenigen Jahren trennte sich Hopp von einigen Papieren, um die Umgestaltung der Dievini-Beteiligungsgesellschaft in eine reine Familienholding zu finanzieren und die bisherigen Mitgesellschafter dort auszahlen zu können – zum Großteil mit CureVac-Aktien.
Das Festhalten an den Aktien und auch die stete Verteidigung der Pionierleistung von CureVac und ihrem Gründer Ingmar Hoerr mag man als Sturheit einordnen. Die Beilegung des Patentstreites über einen hohen dreistelligen Millionenbetrag mit der Aussicht auf weitere Gelder aus zukünftigen Impfstofferlösen ist vielleicht nicht der ganz große Anteil an den Covid-Milliarden, die die Mainzer in ihrem Geldkeller gebunkert haben, aber doch auch eine Form der Bestätigung dieser Pionierleistung – und für Hopp, dass er nicht vollständig aufs falsche Pferd gesetzt hatte.