EU Kommission

EU Biotech Act I trifft auf breite Zustimmung

Nach einer Bioökonomiestrategie mit noch ein paar Fragezeichen hat die EU-Kommission nun ihren Vorschlag zu einem Biotech Act für den Gesundheitsbereich (inklusive Lebensmittel) vorgelegt, der deutlich besser in der Community und bei einschlägigen Verbänden ankommt. Offensichtlich wurde verstanden, dass es in Europa mehr Geschwindigkeit brauche, um die Innovationen in Europa halten und sich entwickeln lassen zu können. Insbesondere für klinische Studien soll es eine deutliche Beschleunigung geben: schnellere Verfahren, klarere Regeln, mehr Geld für Scale-ups.

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Die Europäische Kommission hat mit dem Biotech Act I ihren lange erwarteten ersten Gesetzesvorschlag zur Stärkung der europäischen Biotechnologie vorgelegt. Ziel ist es, Innovationsprozesse zu beschleunigen, regulatorische Hürden abzubauen und europäischen Biotech-Unternehmen bessere Voraussetzungen für Wachstum und Skalierung zu geben. Der Ansatz kombiniert gezielte regulatorische Anpassungen mit finanziellen und strukturellen Unterstützungsmaßnahmen.

Im Zentrum stehen drei Hebel: klinische Studien, Risiko­bewertungen im Lebensmittel- und Umweltbereich sowie Scale-up-Finanzierung.

Schnellere klinische Studien in Europa

Der Biotech Act soll die bestehende EU-Verordnung zu klinischen Studien endlich praktikabler machen. Vorgesehen sind verbindlichere Fristen, eine stärkere Rolle des federführenden Mitgliedstaats, weniger parallele Rückfragen mehrerer Behörden sowie eine bessere Koordination nationaler Ethikkommissionen – insbesondere bei multinationalen Studien. Sicherheits- und Einwilligungsstandards bleiben unverändert. In der Praxis sollen digitale und KI-gestützte Prozesse über das CTIS-System, eine effizientere Bearbeitung von Studienänderungen und weniger Verzögerungen bei komplexen und adaptiven Studiendesigns folgen. Ein Programm mit dem Namen FAST EU ist hierbei auch vom Namen her vielversprechend. Für Krisensituationen ist ebenfalls eine stärkere EU-weite Koordination vorgesehen.

Besser planbare EFSA-Verfahren

Im Bereich Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, einschließlich gentechnisch veränderter Mikroorganismen, setzt die Kommission auf frühere, schnellere und besser planbare Verfahren bei der Genehmigungsbehörde EFSA. Eine gestärkte Vorabberatung soll Unternehmen früh Klarheit darüber geben, welche Daten erforderlich sind. Ziel ist es, wiederholte Nachforderungen und Verzögerungen zu vermeiden, ohne wissenschaftliche oder sicherheitsrelevante Standards abzusenken. Dies soll dem wachsenden Segment der Innovatoren im Novel-Food-Bereich endlich die lange geforderte Sicherheit geben, die Investoren für diesen Sektor gnädiger stimmen und das Abwandern in weniger regulierte Weltregionen wie Singapur verhindern.

Olivér Várhelyi, EU-Kommissar für Gesundheit und Tierschutz (im Foto links) kommentiert: „Innovationen sind entscheidend, um chronische Erkrankungen besser zu behandeln und Gesundheitssysteme zu sichern. Mit dem Biotech Act machen wir Europa schneller, wettbewerbsfähiger und zu einem führenden Standort für Gesundheitsbiotechnologie.“  Valdis Dombrovskis, EU-Kommissar für Wirtschaft und Produktivität, (im Foto rechts) fügte hinzu: „Klare und verlässliche Regeln sind zentral für Europas Führungsrolle bei Medizinprodukten. Wir vereinfachen Verfahren, bauen Hürden ab und beschleunigen den Zugang zu Innovationen – bei höchster Patientensicherheit.“

Milliardeninstrument für Biotech-Scale-ups

Zentraler Baustein ist ein neues Finanzierungskonzept der Europäischen Investitionsbank (EIB). Rund eine Milliarde Euro aus EIB-Eigenmitteln sollen über ein InvestEU-gestütztes Venture-Debt-Instrument in innovative Biotech-Scale-ups fließen. Adressiert werden Unternehmen, die für klassische Förderprogramme zu weit, für den Kapitalmarkt aber noch nicht reif sind. Durch Hebelwirkungen könnte zusätzlich privates Kapital in erheblichem Umfang mobilisiert werden. Der Start ist bereits für 2026/27 geplant, unabhängig vom weiteren Gesetzgebungsprozess.

BioDeutschland: „Wichtiger Schritt nach vorn“

Der Branchenverband BioDeutschland bewertet den Biotech Act I insgesamt positiv. Für die medizinische Biotechnologie und Medizintechnik sei der Vorstoß ein klarer Fortschritt, heißt es. Insbesondere die Beschleunigung des Marktzugangs, die Vereinfachung regulatorischer Verfahren sowie bessere Finanzierungs- und Scale-up-Bedingungen setzten an den richtigen Stellen an.

Zugleich mahnt der Verband zur Eile bei der Umsetzung. Entscheidend sei, dass die Maßnahmen rasch wirksam würden und das gesamte Biotech-Ökosystem im Blick behalten werde. Biotechnologie sei eine Plattformtechnologie, deren Bedeutung weit über einzelne Anwendungen hinausreiche. Entsprechend fordert BioDeutschland, den zweiten Teil des EU Biotech Acts zügig nachzulegen. Dieser will sich um die Anwendung in weiteren Industriesektoren kümmern, um Europas Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu stärken. Er wird im Laufe des kommenden Jahres erwartet und soll einen konkreteren Maßnahmenkatalog enthalten, der der etwas schwammig formulierten Bioökoomie-Strategie mehr Bodenhaftung verleiht.

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