Glycotope: Millionen-Exit in Berlin
Der Lizenzpartner Daiichi Sankyo (Kooperation von 2018) übernimmt für 132,5 Mio. US-Dollar die Berliner Glycotope GmbH, beziehungsweise den Antikörper aus der Kooperation komplett. Die Firma wandelt sich ab sofort um in eine Asset-Managementgesellschaft, die nur noch weitere Lizenzvereinbarungen fortführt. Die Hauptgesellschafter Gebrüder Strüngmann (rund 46% Anteile) und die Beteiligungsgesellschaft von Andreas Eckert (ELSA 1, 17,6% Anteile) entscheiden nun, wie mit den weiteren Kooperationen verfahren werden soll.
Die Millionenübernahme in Berlin führt zu einem kompletten Schwenk des Geschäftsbetriebs. Statt wie bisher eine Biotechnologiefirma zu sein, heißt es nun auf der nicht weiterführenden Homepage: „Glycotope ist ab März ein Vermögensverwaltungsunternehmen und ehemaliges Biotechnologieunternehmen, das sich auf das Management und die kommerzielle Nutzung eigener Lizenzvereinbarungen und damit verbundener Vermögenswerte konzentriert.“
Bis vor kurzem war die Glycotope GmbH noch ein Biotechnologieunternehmen mit rund 30 Beschäftigten in Berlin, das eine firmeneigene Technologieplattform zur Entwicklung monoklonaler Antikörper mit höchster Tumorspezifität nutzte. Das Unternehmen kombinierte Expertise in der Glykobiologie und Know-how in der Antikörperentwicklung, um first-in-class antikörperbasierte Therapeutika für die (Immun-)Onkologie zu entwickeln. Die Antikörper von Glycotope richten sich dabei gegen kombinierte Protein-/Kohlenhydrat-Epitope, sogenannte GlycoTargets, die veränderte tumorassoziierte Kohlenhydratstrukturen und ein Proteinrückgrat kombinieren. Durch die Ausrichtung auf diese spezifischen Antigene sollte die On-Target/Off-Tumor-Toxizität reduziert werden, was für hochwirksame Therapien von entscheidender Bedeutung ist, um die Nebenwirkungen besonders niedrig zu halten.
Der Ansatz von Glycotope ermöglichte die Entwicklung von Antikörpern, die sich für einen multifunktionalen Ansatz mit unabhängigen Wirkmechanismen für jedes GlycoTarget eignen, wie mono- oder bispezifische Antikörper, Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC) oder als CAR-T/CAR-NK. Gerade bei den ADCs konnte das Unternehmen bereits im Jahr 2018 mit der hohen Spezifität und dem niedrigen Nebenwirkungsrisiko (also der Zerstörung auch von gesundem Gewebe als Kollateralschaden einer Therapie) die japanische Firma Daiichi Sankyo überzeugen, die ihrerseits ein Pionier in der ADC-Entwicklung ist und bereits mehrere solche Wirkstoffe durch die Zulassung gebracht hat.
Genau dieser Antikörper GT-00A, der von Daiichi-Sankyo als ADC entwickelt wird und sich unter dem Namen anti-tumor-associated mucin-1 (TA-MUC1) Antikörper, Gatipotuzumab und der Kombination mit Topoisomerase-I-Inhibitor-Zellgiften als ADC unter dem Kürzel DS-3939 noch in einer Phase I/IIa befindet, hat nun den Ausschlag zur Übernahme gegeben.
Die Firma, die seit 2007 ins Investitionsportfolio der Gebrüder Strüngmann gehört, hatte der Berliner Medizintechnikunternehmer Andreas Eckert 2004 gegründet, dem heute nur mehr eine Minderheitsbeteiligung gehörte. Sie sei „nun Geschichte“, wie CEO Henner Kollenberg gegenüber |transkript.de kommentiert. Die Anteilseigner nehmen den hohen Verkaufspreis für sämtliche Rechte und weiterführende ehemalige Vereinbarungen aus dem Kooperationsvertrag von 2018 über eventuelle Meilensteinzahlungen oder auch Umsatzbeteiligungen zum Anlass, den Firmenbetrieb einzustellen. Nur die verbliebenen Assets früherer Kooperationen sollen vorläufig weiter gepflegt werden. Dazu gehören einige Kooperationen und Lizensierungen wie die mit der kürzlich an die Frankfurter Börse gegangenen Berlin-Würzburger PentixaPharm AG, die ihrerseits wiederum dem Investor Andreas Eckert zuzurechnen ist. Er hatte dieses Unternehmen aus der Eckert & Ziegler Medizintechnik AG (EZAG) mit dem Fokus Wirkstoffentwicklung von Radiopharmazeutika ausgegliedert und 2024 den ersten Biotech-Börsengang seit 18 Jahren absolviert, der etwas ruckelig verlaufen ist.
Bereits 2022 hatte sich aus Glycotope die FyoniBio GmbH abgespalten, die die CMC-Einheit in eine CDMO-Aktivität überführt hat. In dieses Spin-off war damals die chinesische CDMO Canton Biologics Group miteingestiegen. Nun vermeledt Pentixapharm gleichzeitig, dass eine nicht näher bezeichnete Investorengruppe „aus Asien“ der Pentixapharm AG rund 6,7 Mio. Euro zur Verfügung stellt, damit ehemalige Assets der Glycotope, die Pentixapharm im vergangenen Jahr einlizensiert hatte, nun bei dem börsennotierten Unternehmen auch wirklich weiterentwickelt werden.