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Start-up-Factories: die nächste Generation BioRegio?

Der EXIST-Leuchtturmwettbewerb „Startup Factories“ stellt nach eigener Darstellung nichts weniger als einen "Aufbruch in eine neue Ära der Gründungsförderung" dar. Ende April endete die Konzeptphase des mehrphasigen Wettbewerbes, der neuartige deutsche Start-up-Ökosysteme schaffen möchte.

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Was in den vergangenen Monaten entstanden ist, geht weit über einzelne Gründungsinitiativen hinaus: Es wurde nach Meinung der Wettbewerbsorganisation „der Grundstein für eine neue, tief vernetzte und leistungsfähige Start-up-Infrastruktur gelegt, die Zusammenarbeit neu denkt“.  „Redefining Collaboration“ laute dort das internationale Motto.

30 Jahre nachdem der BioRegio-Wettbewerb in der Biotechnologie-Welt Deutschlands einen Wendepunkte markierte und im BioProfile-Wettbewerb weitere regionale Konzepte gefördert wurden, nachdem im Spitzencluster-Wettbewerb erneut einige Clusterregionen auch ausdrücklich Förderung für Start-up-Konzepte erhielten und nachdem vor wenigen Jahren auch ein Zukunftscluster-Wettbewerb neuerlich die regionale Konzeptfindung und -Umsetzung mit einigen Millionen förderte und in der Verlängerung noch immer fördert – nach all diesem Fördergeld in die regionalen Ökosysteme nun also die Start-up-Factories als eine weitere Förderlinie?

Zumindest der Fokus rein auf das Gründergeschehen kommt diesmal dem Gedanken des BioRegio-Wettbewerbes am nächsten. Damals sollte eine erst in Anfängen entstandene Unternehmerlandschaft mit einem breiteren Fundament ausgestattet werden. Um eine echte Branche entstehen lassen zu können, so die damaligen Gedanken im damals BMFT genannten Forschungs- und Technologieministerium (das in der neuen Regierung eine Art Wiederauferstehung mit dem Zusatz  Raumfahrt erlebt), sollten regionale Clusterorganisationen Gelder für erfolgversprechende Gründungsprojekte vergeben, beziehungsweise solche Projekte auswählen und dem BMFT zur Förderung empfehlen.

Im aktuellen Gründungsökosystem-Wettbewerb geht es branchen- und technologieoffen zu. Vor über einem Jahr machte sich nach einer Auswahl aus 26 Einreichungen 15 hochmotivierte Teams auf den Weg, um ihre Konzeptskizzen zu ambitionierten Vollkonzepten für sogenannte Startup Factories weiterzuentwickeln. Dabei sollen Strukturen geschaffen werden, die Ressourcen, Kompetenzen und Partner aus Deutschland – und darüber hinaus – bündeln, um Gründungen wirkungsvoller, nachhaltiger und skalierbarer zu machen. Diese neuartigen Innovationszentren sollen dabei helfen, den „gesellschaftlichen Impact technologiegetriebener Gründungen zu maximieren“, heißt es bei EXIST.

Zahlen aus der Konzeptphase

Die 15 Projekte für die Konzeptphase konnten gemeinsam über 260 Finanzierungspartner gewinnen – mit einem kumulierten Finanzierungsvolumen von mehr als 130 Mio. Euro. Über 170 Hochschulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen sind in die Konzepte eingebunden, ergänzt durch zahlreiche weitere Akteure aus dem deutschen und europäischen Start-up-Ökosystem. Die Auswahl der besten Konzepte für die nun folgende Umsetzungsphase stelle eine echte Herausforderung dar – geleitet von einer Jury unter Vorsitz von Helmut Schönenberger, Mitgründer von UnternehmerTUM, die als Ausgründungsmaschine der Technischen Universität München zum Rollenmodell erklärt wurde und für diesen Wettbewerb Pate stand.

Die Finalisten der Konzeptphase und ihre regionale Verankerung:

  1. UNITE
    Berlin und bundesweit: Bündelung von Exzellenzuniversitäten und Innovationszentren zur Schaffung eines überregionalen Netzwerks.

  2. NXTGN
    Nordrhein-Westfalen: Fokussiert auf Next-Generation-Tech, getragen unter anderem von Hochschulen im Ruhrgebiet und Rheinland.

  3. ZOHO Factory ZOLLHOF – Tech Incubator
    Nürnberg, Bayern: Stärkt die DeepTech-Start-up-Szene im süddeutschen Raum durch einen etablierten Tech-Inkubator.

  4. StartMiUp Factory
    Hessen (Gießen, Marburg, Fulda): Kooperation dreier Hochschulen mit Fokus auf Wissenschaftstransfer und regionale Gründungsförderung.

  5. hoi startup factory
    Baden-Württemberg (Ostwürttemberg): Förderung industriell geprägter Gründungen im ländlichen Raum.

  6. Futury
    Frankfurt/Main – bundesweit: Nachhaltigkeitsorientiertes Innovationsökosystem mit Fokus auf SDG-konforme Geschäftsmodelle.

  7. Impossible Founders
    Hamburg: Fokus auf unterrepräsentierte Gründergruppen, Diversität und gesellschaftlich relevante Innovationen.

  8. Unisphere Factory MV (Digitales Innovationszentrum Rostock GmbH)
    Mecklenburg-Vorpommern: Regionale Innovationsförderung mit Schwerpunkt auf Digitalisierung und KI.

  9. Life Science Factory
    Göttingen, Niedersachsen: Hightech-Laborumgebung für Life-Science-Startups aus Forschung und Klinik.

  10. garage33
    Paderborn, NRW: Innovationszentrum mit technologischem Fokus, eng angebunden an die Universität Paderborn.

  11. Gateway Factory
    Köln, NRW: Weiterentwicklung des „Gateway“-Gründungsservices der Universität zu Köln mit breitem Netzwerk.

  12. R-Factory
    Saarland: Interdisziplinäres Zentrum mit Fokus auf Robotik, Digitalisierung und industrielle Anwendungen.

  13. BRYCK Startup Alliance
    Essen, NRW: Industrienahes Start-up-Ökosystem für nachhaltige Lösungen, mit starker Verbindung zu Corporates.

  14. The Bridge Innovators
    Leipzig, Sachsen: Brücke zwischen Wissenschaft, Mittelstand und Start-ups – mit Fokus auf Ostdeutschland.

  15. boOst Startup Ecosystem
    Ostbayern (Regensburg, Passau, Deggendorf): Plattform für technologieorientierte Start-ups in strukturschwächeren Regionen.

Aus den Projektvorschlägen sollen am Ende etwa zehn Konzepte zur Förderung ausgewählt werden. Im Bereich Life Sciences tritt mit einem klaren Fokus auf diesen Bereich nur die Göttinger Life Science Factory hervor. In Berlin hingegen hat man mit UNITE ein Riesenkonsortium von nahezu allen Wissenschaftseinrichtungen gebildet, das sich nun in einige Untereinheiten der Schwerpunktsetzung mit jeweils eigener Geschäftsführung aufspalten will – darüber den Begriff Start-up-Factory zu stülpen, mag dem Anspruch Berlins als „Start-up-Hauptstadt“ auftreten zu können, dienen, doch sind die an unzähligen Orten im Stadtgebiet und darüber hinaus angesiedelten Gründerzentren und -Initiativen damit wirklich eine Einheit? Man wird die weitere Manifestation der Konzeptideen abwarten müssen, um die wirkliche Relevanz und die konkrete Leistungsfähigkeit dieser neuen Strukturen – neben den zum Großteil noch bestehenden Clusterstrukturen aus BioRegio-, BioProfil-, Spitzencluster- und Zukunftscluster-Zeiten (um nur einige zu nennen).

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