Thoraxmodell aus dem 3D-Drucker

An der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg entwickelten Ingenieure und Humanmediziner einen Trainingsthorax. Das Magdeburger Thoraxmodell ist eine exakte Nachbildung des menschlichen Thorax, basierend auf realen anonymisierten Patientendaten und hergestellt im 3D-Druck.

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Das Modell soll künftig in der Lehre, aber auch als Trainingsmöglichkeit für Operateure dienen. Auch ein Einsatz der Pflegeausbildung oder für Schulungen in der Medizintechnikbranche könnte der Thorax eingesetzt werden, so Prof. Dr. Thorsten Walles, Leiter der Thoraxchirurgie der Universitätsmedizin Magdeburg und Mitinitiator des Magdeburger Thorax-Modells. „Lungenoperationen, zum Beispiel, sind technisch hochkomplexe Eingriffe“, erklärt der Chirurg. „In der minimalinvasiven Chirurgie stellt der Brustkorb aufgrund seines Knochenpanzers aus Rippen, Brustbein und Wirbelsäule und den durch sie geschützten sensiblen und hochempfindlichen inneren Organen eine besondere Herausforderung für die Behandlungsteams dar“, so Walles. „Die minimalinvasive Brustkorbchirurgie erfordert darum von den Operateuren besondere psychomotorische Fähigkeiten, die außerhalb des OP-Bereichs erlernt werden müssen. Dafür fehlt es bis heute an guten Modellen.“

Jährlich würden in Deutschland schätzungsweise 50.000 Lungenoperationen durchgeführt so Walles, und die Zahl nimmt weiter zu. „Dank der technischen Entwicklungen der letzten Jahre können heutzutage viele diagnostische und ca. 30 Prozent der größeren Brustkorb-Operationen mit Entfernung ganzer Lungenabschnitte bereits als Schlüssellochoperationen minimalinvasiv durchgeführt werden.“ Das Ziel der Thoraxchirurgen sei es, möglichst vielen Patienten ein minimalinvasives Operationsverfahren anbieten zu können. Dies solle – unter anderem – künftig mit dem zunehmenden Einsatz von Operationsrobotern ermöglicht werden. Für die Thoraxchirurgen bedeute das, neue Operationsverfahren erlernen und trainieren zu müssen, um sie dann bei ihren Patienten sicher einsetzen zu können.

Training für den OP

Das für solche Schulungszwecke von Prof. Thorsten Walles gemeinsam mit Ingenieuren des Instituts für Fertigungstechnik und Qualitätssicherung der Universität entwickelte „Magdeburger Thorax-Modell“ bildet die räumliche Situation im menschlichen Brustkorb exakt ab. Ein Prototyp wurde aus anonymisierten Patientendaten generiert und ist deshalb eine 1:1-Kopie eines menschlichen Brustkorbs. „Wir haben die Herausforderung, die aus dem universitären Lungenzentrum an uns herangetragen wurde, gern angenommen“, so Fabian Laufer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Fertigungstechnik und Qualitätssicherung der Fakultät für Maschinenbau. Der Nachwuchswissenschaftler und sein Team haben anonymisierte Patientendaten aus Bildgebungen in Computertomografen der Uniklinik erhalten. Diese wurden in den Computer eingelesen, mittels verschiedener Software verarbeitet, zerlegt und ein handelsüblicher 3D-Drucker mit den abgeleiteten Modellparametern gefüttert. Anschließend wurde aus einem widerstandsfähigen Kunststoff (PETG) ein ca. 50 mal 40 Zentimeter großes Brustkorbmodell gedruckt. Es ist desinfizierbar und wird durch ebenfalls gedruckte Modelle der im Brustkorb liegenden Organe ergänzt. Komplettiert wird es durch eine stabile Außenhülle, die den Muskel- und Weichteilmantel eines Patienten exakt abbildet und in Zusammenarbeit mit dem studentischen Universitätsteam des UMD Racing umgesetzt wurde.

Dieses Detail der Hülle sei wichtig, ergänzt Thoraxchirurg Walles: „In der Roboterchirurgie gibt es Standards für die Zugangswege zur Lunge und den anderen Brustkorborganen, aber die müssen trainiert und erlernt werden. Bisher passiert dies mit Hilfe von Modellen für die Bauchchirurgie. Aber die sind sehr unpräzise“, so der Mediziner. „Was uns fehlte, war ein Modell, das die Situation im Brustkorb natürlich abbildet, wo störende Rippen da sind, innere Organe vorhanden sind.“ Mit solchen Modellen werde es künftig möglich sein, sowohl in der Lehre und Ausbildung als auch im Klinischen Alltag zu trainieren und das Erlernen von Operationsprozessen zu standardisieren. „Der junge Operateur oder die Operateurin haben ihre Lernkurve hinter sich, bevor sie am Patienten sind und der erfahrene Operateur gewinnt zusätzlicheFreiräume für neue OP-Ansätze.“

Dank additiver Fertigung – weitere individuelle Modelle möglich

Das Modell wurde bereits bei medizinischen Fachmessen der Öffentlichkeit vorgestellt und sei hervorragend angenommen worden, so Walles. Erste Unternehmen würden es bereits für medizintechnische Demonstrationszwecke oder das Anwendungstraining ihrer Implantate verwenden. Weitere Modelle seien bereits in der gemeinsamen Planung der Mediziner und Ingenieure. „Für die operationstechnisch signifikant unterschiedlichen Anforderungen wollen wir künftig auch einen kleineren ‚weiblichen‘ und einen ‚kindlichen‘ Brustkorb entwickeln“, so der Ingenieur Fabian Laufer. „Aufgrund des angewandten additiven Fertigungsverfahrens könnten künftig auch weitere individuelle Kundenwünsche bei der Implementierung von speziellen Funktionen und Eigenschaften berücksichtigt werden.“ Die Namen für die weiteren Modelle stehen schon fest: Die Elbestädter haben sie Otto, Editha und Liudolf getauft.

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