Zukunftsort Berlin-Buch

Auf dem Campus Berlin-Buch ensteht derzeit das Gründerzentrum BerlinBioCube. Der Neubau stellt auf fünf Geschossen insgesamt 8.000 qm Platz für moderne Labore, Büros sowie Gemeinschafts­flächen bereit. |transkript sprach mit der Geschäftsführerin der Berlin-Buch Campus GmbH, Dr. Christina Quensel.

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transkript. Überall in der Republik sieht man Baustellen an den Biotech-Standorten. In Berlin-Buch ist man schon weiter. Was tut sich gerade bei Ihnen?

Christina Quensel. Die Flächen unserer Bestandsgebäude sind komplett vermietet. Wir haben schon 2016 festgestellt, dass wir eine Erweiterung brauchen. Mit dem Zusammenschluss der großen Berliner Universitäten in der Berlin University Alliance und der außeruniversitären Forschung in der BR50 wurde auch der Technologietransfer gestärkt. Corona hat noch deutlicher gemacht, dass Innovation aus Deutschland erfolgreich sein kann und Platz braucht. Unser Hauptgesellschafter, das Land Berlin, war schnell überzeugt. Wir konnten die maximale Baugröße auf dem Baufeld ausnutzen, und im Oktober 2023 steht nun die Eröffnung an.

transkript. Das war also Glück beim Timing, denn die Nachfrage ist ja gerade in der Hauptstadtregion sehr groß, oder?

Quensel. Ja, es war gut, dass wir da rechtzeitig unterwegs waren. Auch während der Pandemie hat die Dynamik ja nicht nachgelassen. Im Gegenteil, wir haben neben dem Bauvorhaben so viele Ideen entwickelt, dass wir uns selbst manchmal etwas bremsen mussten. Aber nun sind wir sehr froh, dass zu den momentan 50 Firmen aus den Life Sciences und insgesamt 70 mit Beratern und Dienstleistern auf einen Schlag Platz ist für weitere rund zehn bis zu zwanzig Unternehmen.

transkript. Wie treffen Sie da die Auswahl? Welche Kriterien haben Sie?

Quensel. Es müssen Firmen sein, die zum Profil unseres Campus passen und die ihrerseits auch von der Umgebung profitieren, den Nachbarn. Alles unter dem Fokus Gesundheit. Wir achten auf die Anschlussfähigkeit zu anderen, sei es wissenschaftlich oder technologisch; das neue Unternehmen muss hineinpassen, um die Interaktivität der Unternehmen und der Wissenschaft sinnvoll nutzen, aber eben auch selbst stärken zu können. Unser Schwerpunkt ist dabei die personalisierte Medizin in Diagnostik und Therapie.

transkript. Welche Firmen würden Sie da in aller Kürze nennen wollen?

Quensel. Das geht von einer Cellphenomics, die Patiententumorgewebe in Kultur nimmt, um daran parallel Behandlungsstrategien mit unterschiedlichen Wirkstoffen zu testen, um so für die weitere Behandlung Empfehlungen abzugeben, bis zu T-knife, die im Bereich der individuellen Immunonkologie Zelltherapeutika entwickelt. T-knife hat große Erfolge in der Akquise internationaler Geldgeber vorzuweisen, mit großen Finanzierungsrunden, das färbt natürlich auf den ganzen Campus positiv ab. Von den Erfahrungen dabei können alle hier profitieren. Mit Eckert & Ziegler haben wir ein Schwergewicht in der Radiopharmazie vor Ort, mit Ariceum aber auch ein ganz frisches Start-up in diesem Bereich. Auch bei RNA-Wirkstoffen und -ansätzen haben wir innovative Unternehmen vor Ort wie die Silence Therapeutics oder die Pramomolecular.

transkript.
Wer zieht in den neuen BioCube, wie ist die Nachfrage?

Quensel. Der BioCube ist ein Selbstläufer, da gerade sonst deutschlandweit kaum etwas zu finden ist, in das ein Unternehmen kurzfristig auch einziehen kann. Da haben wir mit unserer Eröffnung im Herbst einen großen Vorteil. T-knife wird große Bereiche mieten, aber natürlich ist auch Platz für kleinere Unternehmen. Die Mischung macht es ja bekanntlich. Wir setzen aber dort bewusst in den Laboren nicht auf Co-Working, da für die Unternehmen in den meisten Fällen IP-Schutz eine wichtige Rolle spielt. Das Co-Working unterstützen wir in den gemeinsam genutzten Räumen, denn die Kommunikation zwischen den Unternehmen ist uns wichtig. Der BerlinBioCube bietet eine hohe Aufenthaltsqualität und schafft Räume mit speziellen Angeboten, die Lust machen, sich zu treffen.

transkript. Wie bleiben Sie bei all der Nachfrage flexibel, oder ist die hundertprozentige Auslastung Ihr Mantra?

Quensel.
Aufgrund unserer langen Erfahrung wissen wir: Nicht jede Firma schafft es, das haben wir über die Jahre immer wieder gesehen. Wir haben da ein Auf und Ab und daher auch immer im Durchschnitt ein paar Prozente Leerstand im Jahr wegen diversen Auf- und Abschwüngen in der Unternehmensentwicklung. Das verschafft uns eine gewisse Flexibilität bei steigender Nachfrage.

transkript. Wie unterstützen Sie die ­Firmen noch, außer mit Räumlichkeiten?

Quensel. Hier bedienen wir das ganze Spektrum an fachlicher Weiterbildung, an Vernetzung vom Seminar bis zum Sommerfest. Bei „Talk im Cube“ stellen sich Unternehmen vor, aber auch die Themen, die den Mietern gerade auf den Nägeln brennen, werden behandelt. Damit wollen wir die Brücke zwischen Wissenschaft und Unternehmen bauen und mit Leben füllen, dass die Translation nicht nur eine Worthülse bleibt, sondern der Wissenstransfer von Person zu Person auch die nächste Generation an Gründern einbezieht.

transkript. Es gibt viele unterschiedliche Betriebsformen für eine Clusterorganisation. Wie sieht das beim Campus Berlin-Buch aus?

Quensel. Unser Geschäft ist hauptsächlich der Betrieb des BiotechParks. Wir sehen den Campus Berlin-Buch insgesamt derzeit als einen der größten Biotech-Innovationshubs in Deutschland, gemessen in Quadratmetern, Anzahl Firmen und bei Mitarbeitern, und möchten diese Position natürlich halten. Über diese Fakten hinaus entfalten wir viele Aktivitäten, mit denen wir die Attraktivität des Standorts stärken wollen, diese müssen aber auch das Geld, das sie kosten, wieder einspielen. Beispielsweise unser Angebot zur Gesunderhaltung der Mitarbeiter. Was erst recht trocken klingen mag, hat unglaublich eingeschlagen und ist nun seit Jahren ein ganz wichtiges Element und bezieht alle Campus-Beschäftigten, nicht nur in den Unternehmen sondern auch in den Forschungseinrichtungen, ein. Bei CampusVital trifft man sich, treibt zusammen Sport und knüpft ganz einfach auch Kontakte über die eigenen Campuseinrichtungen und Unternehmen hinaus. Gute Angebote und dieses Miteinander sind ganz wesentliche Faktoren für die Stabilität und zukünftige Entwicklung der Unternehmen vor Ort.

transkript. Wie sehen Sie das Verhältnis zu anderen Berliner Standorten. Ist das ein ständiger Wettbewerb?

Quensel. Ganz ehrlich: Es braucht diese Vielfalt. Und wir Kollegen, Betreiber der einzelnen Standorte, vernetzen uns immer besser untereinander. Die „11 Berliner Zukunftsorte“ ist so eine wichtige Initiative, die diese Vernetzung unterstützt und das Konkurrenzdenken überwinden hilft. Wir können ja auch viel voneinander lernen, bei Ansiedlung und Unterstützung junger Unternehmen, aber auch zu Betriebsthemen inkl. Energieeffizienz und bei anderen Themen. Wir wollen die einzelnen Angebote jedes Standortes noch besser auffindbar machen und werden mit Hilfe von Berlin Partner die Querinformation und -vernetzung weiter ausbauen. Gut ist dabei, dass einzelne Standorte ein eigenes Profil entwickelt haben. Die Umwelttechnologien finden sich eher in Adlershof, es gibt einen Food Campus, einen Schwerpunkt für Künstliche Intelligenz und viele weitere Spezialisierungen.

transkript. Wie kooperativ ist das?

Quensel. Viele Akteure Berlins aus dem Bereich Biotech/Life Science kommen regelmäßig zusammen, und wir haben eine gute Ebene der Zusammenarbeit entwickelt. Dabei ist das beständige Lernen voneinander elementar, aber auch, wie wir Ressourcen, über die wir alle nur in begrenztem Umfang verfügen, stärker bündeln können. Bei Angeboten z.B. zur Gründungsberatung wäre es schön, wenn diese einrichtungsübergreifend von Wissenschaftlern genutzt werden könnten, ob aus Mitte, aus Buch oder aus Potsdam, aus der Uni, der Fachhochschule oder der außeruniversitären Einrichtung.

transkript. Berlin trumpft nun richtig auf?

Quensel. Wir freuen uns einfach über die vielen Anfragen. Der BioCube wird mit noch mehr Internationalität auch ein willkommener Muntermacher für die Alteingesessenen.   

Das Interview ist dem Tech-Park-Spezial in |transkript 2/2023 entnommen.

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