Deutsche Radiopharma-Unternehmen auf dem Weg nach China

Die Garchinger ITM und die chinesische Grand Pharmaceutical Ltd. schließen einen Kommerzialisierungsvertrag für zielgerichtete Radiopharmazeutika im Großraum China mit einem Volumen von mehr als 500 Mio. Euro ab. Konkurrent Eckert & Ziegler aus Berlin ist bereits vor Ort und baut eine eigene Produktionsstätte in der Jiangsu Jintan Economic Development Zone auf.

ANZEIGE

Das Biotech-Unternehmen ITM aus Garching bei München hat in China einen Kooperationspartner für seine zielgerichtete Radionuklid-Krebstherapie gefunden. Der kurz nach Weihnachten verkündete Deal könnte dem Unternehmen bis zu 520 Mio. Euro plus Lizenzgebühren einbringen. Das in Berlin ansässige börsennotierte Unternehmen Eckert & Ziegler Strahlen- und Medizintechnik AG baut bereits seit mehreren Monaten auf rund 13.000 m2 eine eigene Produktions- und Vertriebsstätte in China auf, die schrittweise in Betrieb genommen werden soll. „Das Gesundheitssystem in China hat sich in den letzten Jahrzehnten enorm entwickelt“, erklärte Dr. Andreas Eckert, Gründer und Vorstandsvorsitzender von Eckert & Ziegler, anlässlich der damaligen Bekanntmachung. Innovative Therapien zur Behandlung von Krebs stünden nach seinen Worten nun auch chinesischen Patienten zunehmend zur Verfügung.

Ähnliche Beweggründe treiben auch die Garchinger ITM in den asiatischen Raum. Deren neuester Partner ist die börsennotierte chinesische Grand Pharmaceutical Group Ltd., die die Entwicklungs-, Herstellungs- und Vermarktungsrechte für zwei Wirkstoffkandidaten sowie ein Diagnostikum von ITM lizenziert. Im Rahmen der Vereinbarung gewährt ITM dem Partner eine Exklusivlizenz für diese Produkte in der Region Großchina und sorgt für die Belieferung mit dem Fertigarzneimittel, um klinische und kommerzielle Aktivitäten zu ermöglichen. Grand Pharma wiederum wird für die klinische Entwicklung, die behördlichen Prozesse und die Vermarktung der Produkte in den Regionen Festlandchina, Hongkong, Macau und Taiwan verantwortlich sein. ITM habe eine „signifikante Vorabzahlung“ erhalten sowie erfolgsabhängige Meilensteinzahlungen von insgesamt bis zu 520 Mio. Euro zu erwarten. Hinzu kämen weitere, gestaffelte Lizenzgebühren.

„Die Vereinbarung mit Grand Pharma schafft eine starke Partnerschaft, die die Entwicklung und zukünftige Markteinführung unserer zielgerichteten radiopharmazeutischen Produkte mit einem anerkannten führenden Pharmaunternehmen in Asien unterstützt“, kommentierte Steffen Schuster, CEO von ITM, den Deal. Das Unternehmen hatte bereits im Mai 2021 eine Tochtergesellschaft in Shanghai gegründet, um seine Expansion in China zu beschleunigen. Seit 2010 hatten die Garchinger die Fühler nach China ausgestreckt und immer engere Kooperationen für Produktion und Distribution von Radioisotopen mit dem Unternehmen China Isotope & Radiation Corporation (CIRC) begonnen. Diese Zusammenarbeit wurde 2019 erweitert und 2021 durch ein Joint Venture in China ergänzt.

ITM steht für Isotope Technologies Munich SE. Das 2004 gegründete Unternehmen entwickelt und produziert Krebstherapien, die unter dem Begriff der „Theranostics“ angesiedelt sind: Die Münchner können bestimmte radioaktive Isotope mit Molekülen kombinieren, die zielgerichtet an den Tumor binden und dadurch einen tumorspezifischen lokalen Zelltod induzieren. Mit anderen Isotopen wird die passende Diagnostik in der Bildgebung unterstützt, um damit auch Einsatz und Wirkung der Therapie kontrollieren zu können. ITM produziert bereits seit der Firmengründung Radioisotope für Pharmaunternehmen aus aller Welt. Daneben hat das Unternehmen, das inzwischen 350 Mitarbeiter hat, eine eigene Produkt-Pipeline zur zielgerichteten Behandlung von Krebserkrankungen entwickelt, wobei ITM-11 (n.c.a. 177Lu-Edotreotid) das am weitesten entwickelte zielgerichtete Radionuklidtherapeutikum ist. Es wird für die Behandlung von gastroenteropankreatischen neuroendokrinen Tumoren (GEP-NETs) entwickelt und befindet sich derzeit in zwei klinischen Phase III-Studien: COMPETE und COMPOSE für Patienten unterschiedlichen Schweregrades der derzeit besonders schlecht behandelbaren Tumorerkrankungen der Bauchspeicheldrüse.

ITM ist im Privatbesitz weniger Investoren, zu denen seit Anfang 2021 der US-amerikanische VC-Investor Petrichor gehört. Insgesamt konnte ITM alleine im vergangenen Jahr in zwei Finanzierungsrunden rund 115 Mio. Euro einsammeln.

Deutsche Radiopharmazie-Unternehmen bekommen insgesamt verstärkte Aufmerksamkeit. Das 1992 gegründete Berliner Unternehmen Eckert & Ziegler erfreute mit diversen Expansionsplänen über China hinaus, aber auch mit seinem aktuellen Börsenkurs: Vom Jahresbeginn 2021 bis zum Herbst stellte sich eine Verdreifachung des Kurses der am TecDAX notierten Papiere ein. Gewinnmitnahmen und etwas Verschnaufpause zum Jahresende haben den Kurs zwar wieder unter die 100-Euro-Marke abbröckeln lassen, erste „Zuckungen“ zum Jahresstart weisen aber wieder in eine positive Richtung. Für Personen mit Langzeitgedächtnis ist dies eine bemerkenswerte Entwicklung auch deswegen, da Eckert & Ziegler damit zu den wenigen „Überlebenden“ des Neuen Marktes gehört. Denn genau dorthin hatte der Börsengang 1999 das Unternehmen geführt, mit der Folge, als sogenannter Kollateralschaden mehrere Jahre mit den schwierigen Begleitumständen der Abwicklung dieses Börsenplatzes beschäftigt zu sein.

Novartis: 1 Mrd. US-Dollar für Radiopharmafirma Mariana

Der Schweizer Novartis-Konzern übernimmt das US-Biotech-Unternehmen Mariana Oncology für 1 Mrd. US-Dollar und stärkt seine Pipeline in der sogenannten Radioligandentherapie. Bis zu 750 Mio. US-Dollar können beim Erreichen bestimmter Meilensteine hinzukommen. Auch deutsche Radiopharmafirmen wie ITM SE oder Ariceum werden häufig als Übernahmekandidaten bezeichnet.

SIE MÖCHTEN KEINE INFORMATION VERPASSEN?

Abonnieren Sie hier unseren Newsletter