ABDA, Wagenzik

Apothekenreform: Ungeliebt von allen?

Das Apothekenreformgesetz von Karl Lauterbach geht den Laborärzten zu weit. Doch die vermeintlich gewonnenen Freiheiten sind nur ein schwacher Trost für die Apotheker, folgt man deren Verband ABDA, der insbesondere bei einem Drehen an der Preisschraube und der "apothekerlosen Apotheke" auf die Barrikaden geht. Wenn der Minister von allen angefeindet wird, macht er vielleicht etwas richtig.

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Zuletzt hatte die Laborärzteschaft des ALM e.V. deutliche Kritik an den Reformplänen und dem Referentenentwurf für ein neues Apothekengesetz aus dem BMG geäußert. Dort wurde mit mangelnder Patientensicherheit argumentiert, wenn bestimmte diagnostische Tests künftig direkt in Apotheken durchgeführt werden dürfen. Der Aufschrei, als es darum ging, ob nicht auch Impfungen in Apotheken verabreicht werden könnten, klingt vielen noch in den Ohren.

Aber auch die Apothekerschaft über ihre Standes- und Verbandsvertretung ABDA ist mit den Reformvorschlägen alles andere als zufrieden. Mit dem Versuch, den Internethandel zu liberalisieren, trägt Lauterbach nur dem Rückgang der Apotheken vor Ort Rechnung. Die so genannte apothekerlose Apotheke“ ist nun aber das neue Schreckgespenst der ABDA. Hinzu kommen die Sparideen von Karl Lauterbach, der ein Mehr an Leistungen in der Apotheke (Testen, Impfen) durch ein Abschmelzen des Preisaufschlags auf verschreibungspflichtige Arzneimittel kompensieren will. Anders die Verbandsvertreter.

Dass die Rollenmodelle in einer modernen Gesundheitsversorgung sowohl auf Seiten der Ärzte als auch auf Seiten der Apotheker überdacht werden müssen, wird von beiden Berufsgruppen nicht einmal bestritten. Die Digitalisierung, der mündige Patient, die personalisierte Medizin, die vielfältigen Innovationen und Lifestyle-Gesundheits-Apps, die dem Gesunden oder Kranken viel mehr eigene Entscheidungen ermöglichen, sind nicht mehr wegzudenken.

Die Apothekerschaft ist dabei keineswegs weniger standesbewusst und standhaft als etwa die Laborärzte. So erklärte die ABDA auf ihrer Mitgliederversammlung: „Die Landesapothekerkammern und -verbände haben sich zum Ziel gesetzt, die wahren Ziele und Gefahren der geplanten Reform zu entlarven. Dieses Signal des Berufsstandes mit seinen knapp 70.000 Apothekerinnen und Apothekern geht von der heutigen Mitgliederversammlung der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände in Berlin aus“. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening: „Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will das bewährte System der Arzneimittelversorgung durch die inhabergeführte Apotheke aushöhlen, gezielt Leistungen für die Bevölkerung abbauen und in der Konsequenz die vollversorgende Apotheke abschaffen. Die geplanten Maßnahmen gefährden die Patientensicherheit, weil sie eine grundlegend veränderte, qualitativ schlechtere Arzneimittelversorgung etablieren. Das bisher praktizierte System der Arzneimittelversorgung durch die heilberuflich geführte Apotheke vor Ort wird beseitigt.“

Einige der Argumente decken sich erstaunlich genau mit den Vorwürfen der Laborärzte (Patientensicherheit). Die Frage ist also: Was sagt eigentlich der Patient? Oder der Gesunde, der mit seinen Wehwehchen entweder zu Dr. Google geht und dann in die Apotheke, wenn ein rezeptfreies Medikament empfohlen wird. Aber könnte die Apotheke, der Apotheker vor Ort nicht mehr sein, als Medikamentenschachteln über den Tresen zu schieben? Wie ließe sich die ebenfalls von Karl Lauterbach ersonnene Idee der Gesundheitskioske (die ebenfalls von allen möglichen Verbänden strikt abgelehnt wird und wohl schon gestorben ist, bevor sie richtig ausprobiert werden konnte – wenn auch in einer aktuellen Wendung des Bundesrates vom Freitag nun die Mehrheit der Bundesländer diese Kioske wieder im Gesetz stehen haben möchte) mit der Apotheke und dem guten Gespür für die persönliche Situation des regelmäßigen Besuchers verbinden? Warum wird die Apotheke der Zukunft nicht sogar zum persönlichen Gesundheitsdatenzentrum und zur aktiven Präventionsstelle mit persönlicher Ansprache, ob der Lebensstil wirklich so gesund ist? Vertraut der Mensch eher dem Fitnesstrainer in der Muckibude als dem pharmakologisch geschulten Experten, der etwas über Multimedikation und Ernährungsstatus weiß und vermitteln kann?

Für mich persönlich sind die Abwehrkämpfe der Standesvertretungen eine lästige Erinnerung an vergangene Zeiten. Einen Arzttermin zu bekommen ist schwierig, warum wird der einfache Zugang zur Apotheke in der Nachbarschaft nicht zum einfachen, digital begleiteten und mit den eigenen Gesundheits-/Krankheitsdaten unterlegten Einstieg in eine wirklich persönliche und personalisierte Versorgung? Vielleicht sollte man auch einmal diesen Gesunden fragen, ob der nicht bereit wäre, für die Gesunderhaltung (durch valide Tipps, Tricks und Tests beispielsweise in der Apotheke) auch Geld zu bezahlen, statt für die Behandlung von Krankheiten. Das könnte die Zukunft der Gesundheitsberatung sein, wenn Apotheke und Arzt wirklich zusammenarbeiten – auch mit dem Patienten/Gesunden.

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