Neuer CEO – kehrt nun Ruhe ein bei Medigene?
Medigene-CEO und -CSO Dolores Schendel gibt einen ihrer beiden Posten auf und der neue CEO heißt nun Selwyn Ho und kommt von Connect Biopharma. Ob das mehr ist als "nur" eine Personalia?
Eine der ältesten Münchner Biotechnologiefirmen, die Medigene AG, hat sich in über 20 Jahren mehrfach gehäutet und verwandelt und ein munteres Personalkarussell auf der Vorstandsebene dargeboten. Die CFOs gaben sich zwar nicht ganz so schnell die Klinke in die Hand wie der Ein-Tages-Mann von Moderna, aber beinahe. Dass der letzte CFO Axel Malkomes Ende März beim Auslaufen des Vertrages das Unternehmen verlassen hat, war in der Jahrespressemeldung nur eine Randnotiz, dass ihm ein Finanzexperte aus der Automobilindustrie – Birger Kohlert – nachfolgte, ebenfalls. Die eigentliche Aufgabe hatte Malkomes erledigt, mit großen Schnitten die Personaldecke zu verringern, was naturgemäß innerhalb der Belegschaft wenig Freude verbreitete und auch den zweitwichtigsten Kopf des Forschungsteams, Milosevic Slavoljub, schließlich vertrieb. Wo wenig Forscher, da wenig Forschungsausgaben, so das Kalkül, das mit einer deutlichen Halbierung dieser Ausgaben von der reinen Zahlenstatistik her aufgegangen sein mag.
Um dennoch die herausfordernden Forschungsaktivitäten im harten Wettbewerb der Immuntherapiefirmen und -ansätze konzentriert verfolgen zu können, war eine Entlastung der Doppelfunktion CEO/CSO in der Person Dolores Schendel geboten. Mit der reinen Fokussierung auf T-Zell-Therapeutika hatte Medigene bereits, aus finanzieller Hinsicht gezwungenermaßen, einige andere Ansätze aus der 2013/2014 erworbenen Trianta Immunotherapies eingestellt und nicht mehr weiterverfolgt. Auf |transkript-Nachfrage kommentierte Dolores Schendel: "Wir haben unsere Plattform zur Identifizierung und Charakterisierung von T-Zell-Rezeptoren optimiert und zahlreiche Technologien entwickelt, um T-Zell-basierte Therapien vor allem im Bereich solider Tumore weiter zu verbessern. Wir haben die erste TCR-T-Studie in Deutschland erfolgreich abgeschlossen und unsere Partnerschaften mit beispielsweise 2seventy bio (ehemals bluebird.bio) und BioNTech zeigen, dass auch andere Unternehmen die Qualität unserer Arbeit schätzen." Die Vereinbarung mit BioNTech war dabei die von Beobachtern längst erwartete Kooperation, um die T-Zell-Technologie mit größerer Dynamik besser im Feld plazieren zu können. Gleichwohl färbt die Vorabzahlung von 26 Mio. Euro den Geschäftsbericht wohl nur einmalig in den grünen Bereich und ließ bei einem Teil der Beobachter auch Fragezeichen zurück, warum sich die Mainzer mit einer eher bescheidenen Summe ein so großes Stück der Technologieoption haben sichern können. Schendel sieht die Lage positiver: "Medigene selbst hat zahlreiche eigene Projekte im Bereich solider Tumore in der Pipeline und alle Technologien und unsere Plattform zur Identifizierung und Charakterisierung von T-Zell-Rezeptoren liegen weiterhin bei Medigene." Jedoch fehlen Geld und mittlerweile auch die Fachleute, um diese eigenen Projekte intensiv voranzubringen. Der Hauptfokus muss daher auf den Partnerschaften mit BioNTech, 2seventy bio und Cytovant Sciences liegen – und der Integration eines neuen CEO und eines neuen CFO. Es bleibt genug zu tun in Martinsried, und der Vergleich der Aktienkurse von Connect Biopharma und Medigene sollte dabei nicht als Omen in irgendeine Richtung gewertet werden.