Biontech auch bei Krebs mit „Warp Speed“?
Die ersten Junitage stehen im Zeichen der amerikanischen Krebsgesellschaft ASCO und ihrer Jahrestagung in Chicago. Deutsche Biotech-Unternehmen wie Affimed und Apogenix und weitere warten mit aktuellen (prä)klinischen Daten auf, viele davon aus der frühen klinischen Phase. Biontech steuert nach ermutigenden Daten aus einer Phase I/II-Studie schon die zulassungsrelevante Phase III an.
Die Heidelberger Apogenix und Affimed haben auf der aktuellen ASCO-Tagung aus frühen (prä)klinischen Untersuchungen ihrer Wirkstoffe berichtet. Beide legten den Fokus dabei auf neue Ansätze und berichteten damit aus der frühen Phase etwas zu Wirksamkeit in vergleichbaren Krankheitsmodellen (Apogenix aus der Präklinik) oder zum Sicherheitsprofil und nur in begrenztem Maße etwas über die Wirksamkeit (Affimed mit der Monotherapie von AFM24). Dennoch weisen gerade die klinischen Daten bei meistens mehrfach vorbehandelten und nicht mehr therapierbaren Patienten in eine positive Richtung. Auch Biontech und OncoC4 präsentieren positive Phase I/II-Daten für den Antikörper BNT316/ONC-392 bei schwer behandelbarem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs – und können jedoch deutlich mehr Aufmerksamkeit generieren, da als nächste Stufe bereits eine Zulassungsstudie geplant ist.
BNT316/ONC-392 ist ein monoklonaler Anti-CTLA-4-Antikörperkandidat, der von Biontech und OncoC4 als Mono- oder Kombinationstherapie zur Behandlung verschiedener solider Tumore, einschließlich des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms, entwickelt wird. Die vorläufigen Ergebnisse zeigen demnach eine vielversprechende klinische Anti-Tumor-Aktivität von BNT316/ONC-392 als Monotherapie in dieser schwer zu behandelnden Patientenpopulation sowie ein kontrollierbares Sicherheitsprofil. Die vorgestellten Ergebnisse umfassen Daten von insgesamt 27 Patienten mit metastasiertem, PD-(L)1-resistentem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom, die für die Auswertung einer Tumoransprechanalyse zur Verfügung standen und mindestens zwei Dosen von jeweils 10 mg/kg BNT316/ONC-392 erhalten hatten.
Die Gesamtansprechrate (overall response rate, „ORR“) der auswertbaren Patienten betrug zum Stichtag („data cut-off“) 29,6% und die Krankheitskontrollrate (disease control rate, „DCR“) 70,4%, darunter ein Patient mit kompletter Remission, sieben Patienten mit partiellem Ansprechen und elf Patienten, bei denen die Krankheit stabil war und nicht weiter fortschritt (progressive disease, „PD“). Diese Ergebnisse machten Eindruck, da Patienten mit metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs eine sehr schlechte Prognose mit einer Fünf-Jahres-Überlebensrate von nur 9% haben. "Die neuen Daten unterstreichen das Potential von BNT316/ONC-392, Patienten mit dieser schwer behandelbaren Tumorart im fortgeschrittenen Stadium einen neuen Behandlungsansatz zu bieten, indem CTLA-4 als wirksames Zielmolekül eingesetzt wird. Damit wollen wir unser Portfolio zur Behandlung von Krebs weiter ausbauen“, sagte Prof. Dr. Özlem Türeci, Chief Medical Officer und Mitbegründerin von Biontech. Dr. Dr. Pan Zheng, Chief Medical Officer und Mitbegründerin von OncoC4, kommentierte: „Besonders ermutigend sind die Ergebnisse beim PD-(L)1-resistenten nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom. Das Ansprechen war unabhängig vom PD-L1-Status und wurde bei Patienten beobachtet, bei denen mehrere Immuntherapien und Chemotherapien, einschließlich einer Kombinationstherapie mit PD-1 und CTLA-4, fehlgeschlagen waren.“
Den Antikörper hatte Biontech für mindestens 200 Mio. Euro von OncoC4 erworben, Meilensteien werden dabei noch zusätzlich fällig. Da die FDA dem Programm bereits vor dem Einstieg von Biontech den "Fast-Track"-Status eingeräumt hat, kann trotz dieser frühen Ergebnisse bereits auf eine zulassungsrelevante Phase III-Studie umgeschaltet werden, was eine deutliche Beschleunigung in der klinischen Entwicklung verspricht. Ob Lichtgeschwindigkeit oder Warp Speed – Biontech nimmt damit das "Corona-Tempo" auch in die Arzneimittelentwicklung im eher klassischen Stile mit.