Zu viel Glückshormon ist keine gute Idee
Forscher des Berliner Max-Delbrück-Centrums und des Leibniz-Forschungsinstituts für Molekulare Pharmakologie (FMP) gründen das Start-up Trypto Therapeutics. Es will dem "Zuviel" des Glückshormons Serotonin einen Riegel vorschieben.
Serotonin macht glücklich, doch zu viel davon kann auch krank machen. Der als „Glückshormon“ bekannte Botenstoff reguliert Gefühle, Schlaf und Appetit. Auch im Magen-Darm-Trakt spielt er eine wichtige Rolle und ist an Verdauung und der Aufnahme von Nährstoffen beteiligt. Wenn die Serotoninproduktion im Körper aus dem Ruder läuft, entstehen Krankheiten. Forscher um Michael Bader vom Max-Delbrück-Centrum (MDC) haben einen Wirkstoff gefunden, der den erhöhten Serotoninspiegel senkt. Mit ihrem Start-up Trypto Therapeutics wollen sie das Medikament zur Marktreife bringen.
Professor Michael Bader und Dr. Edgar Specker haben eine Substanz entdeckt, die den Serotoninspiegel gezielt senkt. Bader leitet die MDC-Arbeitsgruppe Molekularbiologie von Hormonen im Herz-Kreislauf-System, Specker die Technologieplattform Compound Management am Berliner Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP). „Um unseren Wirkstoff nun zur Marktreife zu bringen, haben wir die Trypto Therapeutics GmbH gegründet“, sagt Bader. Neben den beiden Wissenschaftlern sind der Biotechnologie-Unternehmer Dirk Pleimes und Dr. Radoslaw Wesolowski an der Gründung beteiligt, ebenso das Max-Delbrück-Centrum und das FMP.
Warum die Serotoninproduktion entgleist, ist nicht genau bekannt. Nur beim Karzinoid-Syndrom, einer Tumorerkrankung, wurde bisher der direkte Zusammenhang mit hormonbildenden Zellen gezeigt, die zu viel Serotonin produzieren. Das Karzinoidsyndrom geht häufig mit Erkrankungen wie Lungenhochdruck, Darmerkrankungen oder Herzklappenfibrose einher. So unterschiedlich diese Erkrankungen auch sind, an ihrer Entstehung ist ein erhöhter Serotoninspiegel beteiligt.
Hier setzt das Molekül an, das Bader und Specker in der Substanzbibliothek des FMP aufgespürt und weiterentwickelt haben. Es heißt TPT-004 und hemmt in Zellen des Magen-Darm-Trakts ein Enzym namens Tryptophan-Hydroxylase (TPH), das an der Serotonin-Synthese beteiligt ist. Weniger TPH-Aktivität bedeutet weniger Serotonin, das im Körper zirkuliert. Bei Ratten mit Lungenhochdruck verbesserte sich der Gesundheitszustand durch die Gabe von TPT-004. Die Forscher konnten auch zeigen, dass das Molekül bei Mäusen die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann. Das ist wichtig, denn in den Nervenzellen wird das Serotonin gebildet, das das „Glücksgefühl“ entstehen lässt – ein Prozess, der nicht blockiert werden darf, weil der Botenstoff im Gehirn damit eine wichtige Funktion für die Plastizität der Nervenvernetzung ausübt. In die Forschung sind laut den gründenden Wissenschaftlern schon rund 4,5 Mio. Euro an Fördergeldern geflossen. „Aber für das, was jetzt ansteht, reichen öffentliche Drittmittel nicht aus. Dafür brauchen wir Risikokapital. Deshalb haben wir die Trypto Therapeutics GmbH gegründet“, sagte Bader.
Zuerst stehen Arbeiten an der Skalierung der Produktion sowie Toxizitätstests an, bevor an eine klinische Entwicklung gedacht werden kann. Als erste Indikation hat sich Trypto Therapeutics den Lungenhochdruck auf die Fahnen geschrieben. Wenn das funktioniert, wolle man prüfen, ob TPT-004 auch bei anderen Krankheitsbildern hilft, denen eine erhöhte Serotoninproduktion zugrunde liegt. In der Entwicklungspipeline der Forscher befinden sich zudem auch Hemmstoffe für andere Enzyme.
Um genügend Geld für die nächsten Schritte zu bekommen, braucht das Unternehmen jetzt vor allem eines: Glück.