Affimed NV

Affimed sucht neuen CEO und Schwung

Die Heidelberger Affimed NV, an der Nasdaq börsengelistet, wollte das vergangene Jahr zum Durchstarten nutzen, da einige klinische Studiendaten anstanden. Doch Anfang Januar diesen Jahres sprang der langjährige CEO Adi Hoess ab, die Meldungen aus den Studien verpuffen regelmäßig und der neue Interims-CEO startet mit einem Aktiensplit von 1:10, der den schwächelnden Kurs weiter unter Druck setzt. Dabei kommen nun bald die entscheidenden Daten.

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Das Jahr 2023 sollte für die Heidelberger Affimed NV eigentlich so etwas wie den Durchbruch bringen. Eine Fülle von klinischen Daten stand im Laufe des Jahres an, der Scheinwerferkegel von so mancher amerikanischer Krebskonferenz sollte neuerlich auf die Late breaking news der Zelltherapeuten schwenken und diesen erhofften Daten zu weltweiten Schlagzeilen verhelfen.

Der Kalender war entsprechend gut gefüllt für CEO Adi Hoess, um die nun als Technologieplattform angepriesene Linkertechnologie des Unternehmens bei Investoren- oder Krebskonferenzen zu präsentieren. Mit diesem „Innate Cell engaging“ (ICE) genannten Verknüpfungsmolekül mit bispezifischer Affinität verbinden die Heidelberg-Mannheimer Immuntherapie-Experten Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) mit einer spezifischen Antenne, die bestimmte Krebszellen aufspüren kann. So ist der am weitesten entwickelte Linker AFM13 gegen das Oberflächenmolekül CD30 gerichtet, das beim Hodgkin-Lymphom überexprimiert wird. In Erwartung einer möglicherweise zulassungsrelevanten Datenauswertung hat dieses Molekül bereits seinen neuen Markennamen erhalten: Acimtamig.

Doch während 2022 die ersten Daten rings um AFM13 noch für wirkliche Schlagzeilen auf einschlägigen US-Krebskonferenzen sorgten, verwirrten zwei parallele Studienergebnisse die Beobachter. Zum Jahresende 2022 wurden sowohl Daten aus der Monotherapie mit AFM13 präsentiert als auch eine Kombinationsstudie mit der zusätzlichen Gabe von einer Portion extra NK-Zellen. Da diese Kombinationsdaten sehr viel besser aussahen, wenn auch in sehr frühem Stadium bei wenigen Patienten, entschloss sich Affimed, den Weg einer Monotherapie mit AFM13 zu verlassen und ganz auf die Doppel-Strategie zu setzen. Dies bedeutete jedoch weiteren Zeitverzug beim Erreichen zulassungsrelevanter Daten und wurde zunächst von den Börsianern gar nicht goutiert.

Dieser Schritt ist für AFM13 nun über die letzten Monate so etwas wie ein Neubeginn, da auch der Partner für die zusätzlichen NK-Zellen gewechselt wurde. Die zusätzlichen NK-Zellen liefert nun die Firma Artiva. Deren Produkt AB-101 ist ein allogenes NK-Zellgemisch, das nicht genetisch modifiziert wird und der Attacke auf den Krebs eine Art „Doppel-Wumms“ verschafft. Artiva selbst untersucht seine NK-Zellen in vielerlei Partnerschaften und Kombinationen mit diversen Antikörpern, so dass Affimed hier nur ein Partner unter mehreren ist – und über viele Monate aus dieser Studie keine Nachrichten präsentieren konnte. Die klinische Entwicklung eines anderen Affimed-Linkers, AFM28, wurde von der FDA sogar abgelehnt. Dieser Linker bindet CD16A auf NK-Zellen und Makrophagen und CD123 auf Leukämie-Blasten und leukämischen Stammzellen, die bei AML auftreten, nur in Europa wurde hierzu eine Studie zugelassen. Warum die FDA hier ablehend war, während Affimed mit anderen Ansätzen durchaus auch einmal einen „Fast-Track-Status“ erreichen konnte, wurde nicht näher kommuniziert. Ärger handelte sich Affimed auch bei der US-Börsenaufsicht ein, da der Aktienkurs zu lange unter der 1-Dollar-Marke verweilte und das Unternehmen aufgefordert wurde, bis zum Herbst (des vergangenen Jahres) dagegen etwas zu tun. Dies hat jedoch zu lange gedauert und auch die schwache Resonanz auf die klinischen Daten beziehungsweise der geringe Nachrichtenfluss über ein ganzes Jahr waren dann wohl zu viel für die Fortsetzung mit Unternehmenschef Höss, da eine Nasdaq-notierte Firma eben die US-Investoren zufriedenstellen muss und nicht zuviele Fragezeichen produzieren sollte.

Und das, obwohl im Dezember des vergangenen Jahres erste klinische Daten der Phase I/II von Actimtamig in Kombination mit NK-Zellen eine erstaunlich positive Reaktion bei vielfach vorbehandelten Hodgkin-Patienten hervorrief. Doch die Patientenzahl war mit 32 noch zu gering, die NK-Zellen noch von dem früheren Partner MD Anderson geliefert, die jedoch wegen ihrer mangelnden Skalierbarkeit als nicht zukunftsfähig angesehen werden. So blieben diese Ergebnisse wie ein Blick zurück in die Vergangenheit und überbrückten nicht wirklich die Wartezeit auf die nun herbeigewünschten Daten mit den neuen Partner-Zellen von Artiva.

Noch im Januar 2024 übernahm interimistisch Dr. Andreas Harstrick die CEO-Funktion und verpasste dem Unternehmen eine Restrukturierung. Die Hälfte der Mitarbeiter musste gehen, zudem sollte ein Aktiensplit den Kurs wieder über die notwendige Mindestgrenze der Börsenaufsicht heben. Anfang März nun wurde dieser Aktiensplit 1:10 vollzogen. Der Kurs nahm daraufhin eine kleine Talabfahrt und hat jetzt womöglich bei rund 4 US-Dollar den Boden gefunden. Harstrick ist der frühere (und noch gleichzeitige) CMO von Affimed und muss nun beweisen aber auch dafür sorgen, dass die fortgeschrittenen klinischen Studien doch noch ins Ziel einlaufen können. Die AFM13-Kombi-Studie erwartet nämlich nun in den nächsten Monaten die Datenauswertung, möglicherweise doch noch mit einem Paukenschlag, wenn nur die Ergebnisse vom Dezember 23 wiederholt werden können. Zusätzlich wird mit dem weiteren Molekül AFM24 mit Lungenkrebs eine ganz andere, von der Häufigkeit her größere Indikation angegangen, was für Investoren entsprechend von größerem Interesse ist. Und auch dort werden weitere klinische Daten erwartet. Es waren lange, schwierige Monate für Affimed, doch in den nächsten Monaten dürfte sich das weitere Schicksal klären – und Phantasie ist doch etwas für Börsianer.

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