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Merz kauft US-Biotech-Unternehmen Acorda

Aus dem geordneten Insolvenzverfahren, das die Nasdaq-gelistete Acorda Therapeutics Inc. gerade eröffnete, kauft die Frankfurter Merz Therapeutics zwei Assets des US-amerikanischen Unternehmens für 185 Mio. US-Dollar. Ein Schnäppchen?

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Die Merz Therapeutics GmbH, eine Tochtergesellschaft der Merz-Gruppe (Frankfurt/Main), unterzeichnete eine Vereinbarung zur Übernahme von zwei vermarkteten Medikamenten der an der NASDAQ notierten US-amerikanischen Acorda Therapeutics. Der Abschluss der Transaktion werde „wesentlich zur beschleunigten Wachstumsstrategie von Merz Therapeutics beitragen“, teilte das Unternehmen mit. Es sei die zweite Investition in ein NASDAQ-Unternehmen innerhalb von etwas mehr als zehn Jahren.

Die Akquisition soll im Rahmen eines gerichtlich strukturierten Verkaufsprozesses nach dem U.S. Bankruptcy Code erfolgen, wobei Merz Therapeutics das Eröffnungsgebot in der möglichen Auktion abgegeben hat. Der von Merz angebotene Kaufpreis beläuft sich auf 185 Mio. US-Dollar. Der Abschluss des Verkaufsprozesses wird für Juni 2024 erwartet. Der Verkauf steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Gerichts. Auch der Endpreis kann sich im weiteren Verlauf noch ändern.

„Unser auf Neurologie spezialisiertes Unternehmen Merz Therapeutics hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt. Die angestrebte Beteiligung passt hervorragend in die weitere Wachstumsstrategie von Merz Therapeutics, da sie das bestehende Portfolio im Bereich Bewegungsstörungen und Neurodegeneration erweitert und die Marktposition in Nordamerika stärkt“, sagt Jörg Bergler, COO der Merz-Gruppe. „Wir freuen uns sehr über die Entwicklung von Merz Therapeutics und sind davon überzeugt, dass der Erwerb der beiden Medikamente – eines zur Behandlung der OFF-Phase der Parkinson-Krankheit  und eines zur Behandlung von Gangstörungen bei Multipler Sklerose – für Ärzte und Patienten von großer Bedeutung sein wird.“

Für das Familienunternehmen Merz wäre diese Investition in ein US-amerikanisches Unternehmen die dritte innerhalb von etwas mehr als zehn Jahren und die zweite in ein an der NASDAQ notiertes Unternehmen. „Merz ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen – organisch, aber auch durch strategische Akquisitionen, vor allem in Nordamerika. Wir verfügen daher über fundierte Erfahrungen sowohl bei der Akquisition als auch bei der Integration von Unternehmen oder Produkten. Als deutsches, aber globales Unternehmen sind wir sehr an innovativen Akquisitionen interessiert, insbesondere in Nordamerika“, so Bergler. Stefan König, CEO von Merz Therapeutics, ergänzt: „Wir sehen hier eine optimale potentielle Portfolioerweiterung, die unsere Ambitionen in wichtigen Therapiegebieten unterstreicht.“

Die Geschichte von Acorda Therapeutics ist nicht von Erfolg gekrönt. Ampyra, das Medikament zur Behandlung von Gehstörungen bei Patienten mit Multipler Sklerose, erzielte im vergangenen Jahr in den USA einen Umsatz von 63,9 Mio. US-Dollar und lag damit deutlich unter seinem Spitzenumsatz von 543 Mio. US-Dollar im Jahr 2017. Damals schien das Medikament noch der Hoffnungsträger des Unternehmens zu sein, doch ein Patentstreit führte zum Verlust wichtiger Vermarktungsmöglichkeiten und zu einer massiven Entlassungswelle. Auch das zweite von Merz akquirierte Medikament läuft nicht rund. Inbrija (Parkinson) brachte 2023 einen Umsatz von 38,4 Mio. Dollar, doch der Vermarktungspartner Biogen gab die Rechte vor kurzem an das Unternehmen zurück, das daraufhin erneut Mitarbeiter entlassen musste und sein Heil schließlich nur noch im Insolvenzverfahren sah.

Merz befindet sich seit 116 Jahren in Familienbesitz. Zur Merz Group gehören die Geschäfte Merz Aesthetics, Merz Therapeutics, Merz Consumer Care, Merz Immobilien und Merz Financial Investments. Das Unternehmen beschäftigt 4.337 Mitarbeiter. Merz Therapeutics ist in rund 90 Ländern vertreten und aktiv. Es bleibt abzuwarten, ob Merz mit seinem Angebot bereits richtig liegt oder ob sich noch weitere Interessenten melden und ein Bieterwettstreit um die beiden Assets von Acorda entbrennt. Ebenso wird man die Frage, ob sich Merz da ein paar Schnäppchen geangelt hat, erst in einiger Zeit beantworten können, da der größere Vermarktungserfolg der Arzneien in den USA unter einer Merz-Flagge nicht garantiert ist.

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