Übernahmegerüchte bei Evotec
Gerade noch waren die Börsenanalysten mächtig uneinig, ob und wie die 9-Monatszahlen und der weiterhin mäßige Gesamtjahresausblick der Hamburger Evotec SE interpretiert und eingeordnet werden sollte zwischen Kauf-, Halte- oder Verkaufsempfehlungen. Da platzt am Montag Mittag ein konkretes Übernahmevorhaben in den Wochenstart und der Kurs gibt mächtig Gas nach oben. Ist diesmal mehr dran als bei früheren Gerüchten?
Die Einschätzungen der Analysten zu den jüngsten Zahlen von Evotec fielen recht unterschiedlich aus. So heißt es bei Warburg zu den am 6. November veröffentlichten 9-Monatszahlen, das Unternehmen habe die Erwartungen erfüllt. Die Experten bestätigen daher ihre Kaufempfehlung für die Evotec-Aktie. Das Kursziel sehen die Analysten weiterhin bei 14,00 Euro. Vorsichtigere Analysten weisen darauf hin, dass Evotec ein starkes Schlussquartal benötige, um die bereits gesenkte Jahresprognose zu erreichen. Auch sie bleiben optimistisch und sehen einen niedrigen zweistelligen Kurs als Kaufniveau.
Ganz anders sieht man das bei Jefferies. Aus Sicht der Experten hat Evotec mit den aktuellen Zahlen die Markterwartungen teilweise verfehlt. Wichtig sei nun, dass sich die Ergebnisse ab dem kommenden Jahr wieder verbessern. Zudem müsse Evotec das Vertrauen des Marktes zurückgewinnen. Die Experten empfehlen, die Aktie von Evotec zu halten. Das Kursziel sehen sie allerdings nur bei 6,80 Euro, also im Bereich des aktuellen Kurses. Die Experten der Deutschen Bank zeigten sich am 7. November noch völlig unbeeindruckt und blieben bei ihrer klaren Verkaufsempfehlung und einem Kursziel von nur noch 4 Euro – bis Montagmorgen. Dann änderte sich die Lage schlagartig, als Evotec in einer Stimmrechtsmitteilung bekannt gab, dass die Private-Equity-Gesellschaft Triton und mit ihr verbundene Fonds nun insgesamt knapp 10 Prozent der Unternehmensaktien hielten. Bis zum Mittag hatte sich diese Meldung herumgesprochen, es gab einen deutlichen Kurssprung von über 25%. Alle Analystenkommentare der Vorwoche waren damit Schnee von gestern.
Die Übernahmephantasie war schon einmal aufgeflammt, denn das seit Monaten am Boden liegende Unternehmen hat einen soliden Kern. Trotzdem verlor die Aktie in den vergangenen zwölf Monaten fast 50 Prozent. Auslöser war sicherlich der überraschende Abgang von CEO Werner Lanthaler. Doch in den Monaten seither kam das frühe Wirkstoffforschungs- und -entwicklungsunternehmen nicht zur Ruhe, obwohl der langjährige Partner Bristol Myers Squibb als Unterstützer eine zweistellige Millionen-Meilensteinzahlung nach der anderen überwies. Auch eine Partnerschaft mit der dänischen Novo Nordisk brachte bisher keine Trendwende. Diese Partnerschaft könnte aber im Falle einer Übernahme von Bedeutung werden. Denn sowohl Novo als auch der Staatsfonds aus Abu Dhabi, Mubadala Investment, sind mit jeweils rund 8 Prozent am Unternehmen beteiligt.
Ob es zu einer echten Übernahmeschlacht kommen wird, ist noch nicht abzusehen. Unbestritten ist aber, dass etwas mehr Phantasie und höhere Erwartungen an die Kursentwicklung dem Unternehmen gut tun würden. Das erste Gespräch mit Werner Lanthaler nach einer langen Funkstille haben wir in Heft 4-24 von |transkript aufgezeichnet.