
Nuclidium erhält für Kupfer-Radioliganden Millionen
Die NUCLIDIUM AG mit Hauptsitz in Basel, Schweiz, hat eine Series B-Finanzierung über 79 Mio CHF (84 Mio. Euro) zur Weiterentwicklung ihrer kupferbasierten radiopharmazeutischen Plattform abgeschlossen. Die Runde wurde von Kurma Growth Opportunities Fund, Angelini Ventures, Wellington Partners und Neva SGR (Teil der Intesa Sanpaolo Group) angeführt.
Da ist sie schon, die zweite große Finanzierung einer sehr frühen Firmenphase in einer Woche. Wieder ist es ein grenzüberschreitendes Investoren-Konsortium mit stärkeren Banden in der Schweiz und in Deutschland, aber auch starker französischer Beteiligung. Die Rede ist von der Nuclidium AG mit dem Doppelsitz in Basel und München, die eine Serie B-Finanzierung über 79 Mio. CHF (84 Mio. Euro) abschließen konnte. Nach EvlaBio (D/CH) und einer Serie A mit 21 Mio. Euro ein nächster Fingerzeig, dass sich die Geldbörse der Investoren doch wieder öffnet? Die Runde wurde von Kurma Growth Opportunities Fund, Angelini Ventures, Wellington Partners und Neva SGR (Teil der Intesa Sanpaolo Group) angeführt. Weitere Investoren sind DeepTech & Climate Fonds (DTCF), Bayern Kapital, Eurazeo, Vives Partners, NRW.BANK und HighLight Capital sowie bereits bestehende Investoren.
Mit der Beteiligung einiger deutscher institutioneller Geldgeber der Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen wird auch die Niederlassung des Unternehmens in München weiter ausgebaut. Die Mittel sollen zur Weiterentwicklung der theranostischen Pipeline auf Basis von Kupfer-61 und Kupfer-67 (61Cu/67Cu), letzteres Isotop ein Beta-Strahler, über mehrere onkologische Indikationen wie metastasierendem Brustkrebs sowie Prostatakrebs hinweg verwendet werden. Parallel dazu plant das Unternehmen den globalen Ausbau seiner Produktions- und Fertigungsinfrastruktur.
Die differenzierte Plattform von Nuclidium verknüpft tumorspezifische Zielmoleküle mit Kupferisotopen – Kupfer-61 für Diagnostik und Kupfer-67 für Therapie. Erste klinische Ergebnisse in den Zielindikationen in der Diagnostik zeigen eine überlegene Läsionsdetektion und ein höheres Tumor-zu-Hintergrund-Verhältnis im Vergleich zu zugelassenen Tracern.
„Nuclidium geht mit seinen führenden Wirkstoffen in die nächsten klinischen Phasen, um metastasierten Prostatakrebs, neuroendokrine Tumoren und Brustkrebs zu diagnostizieren und zu behandeln“, sagte Dr. Leila Jaafar, CEO und Mitgründerin des Unternehmens. „Unsere kupferbasierten Radiotheranostika sind für eine nahtlose Integration in Krankenhausprozesse, die Patientenversorgung und das Abfallmanagement konzipiert – und das ist nötig, um den Zugang zu Radiotheranostika weltweit zu verbessern. Unsere neuartige, kupferbasierte Plattform ermöglicht es uns außerdem, schnell neue Zielstrukturen für eine Vielzahl an Krebserkrankungen zu entwickeln.“
Die Gründerin stammt aus dem Umfeld der Schweizer Energiewirtschaft und war Projektleiterin bei Apiq in der Entwicklung eines Produktionsprozesses für Lutetium177 wie sie im Gespräch mit transkript.de erläuterte. Apiq sowie das Kantonspital Baden mit dessen Innovationshub haben die Gründung mit ersten Finanzierungen unterstützt. Doch sehr viel mehr Unterstützung für das bisher wenig in Erscheinung getretene Unternehmen habe sie von den klinischen Partnern und Zulieferern aus der Isotopenbranche erhalten, so Jaafar.
„Wir wollten erst sichtbar werden, wenn wir etwas zu zeigen haben“, erklärt sie ihre bisherige Zurückhaltung. Mit den Daten aus der diagnostischen Bildgebung sieht sie sich nun ausreichend mit belastbaren Informationen ausgestattet, die auch bei den Investoren für das große Interesse gesorgt hätten. Dazu komme das sehr viel einfachere Handling der Kupfer-Isotope im Vergleich zu anderen Verfahren. „Weil wir aus der Perspektive der Ärzte begonnen haben zu entwickeln, war eine einfachere Prozedur zur Herstellung des Radiopharmakon in der gegebenen Infrastruktur die erste Priorität. Die Mischung erfolgt innerhalb von fünf Minuten bei Raumtemperatur unter der üblichen Abschirmung. Wichtig ist auch der perfekte Match der Kupfer-Halbwertszeit zur Verweildauer auf dem Tumor. Das alles passiert innerhalb von 24 bis 48 Stunden. Und zudem ist der Abfall kein solches Problem. Kupfer67 zerfällt zu einem stabilen Isotop, das konventionell entsorgt werden kann“, erläuterte Jaafar.
Die Investoren haben sich überzeugen lassen. Dr. Daniel Parera (Kurma Partners) weist auf die einzigartige Positionierung von Nuclidium hin. Nur die Firma Clarity sei weltweit ebenfalls noch mit Kupfer-Isotopen in der Entwicklung unterwegs.„Nuclidiums Plattform ist in einem sich dynamisch entwickelnden Umfeld einzigartig positioniert und wird die Art und Weise verändern, wie Radiotheranostik künftig umgesetzt wird. Diese Investition spiegelt unser starkes Vertrauen in die Zukunft der Präzisionsmedizin wider und unsere Überzeugung, dass Nuclidium das Potential hat, sich als Unternehmen der nächsten Generation zu etablieren“, sagte er.
Für Parera war insbesondere die sehr viel einfachere Logistik und der Supply bei Kupfer ausschlaggebend. Man sehe schon bei einigen anderen im Radiopharma-Feld, dass eine nicht funktionierende Lieferkette das Unternehmen in große Schwierigkeiten bringen könne, meinte Parera. Dafür könne es viele Gründe geben, die das Radiopharmazieunternehmen meist nicht unter Kontrolle habe.
Mit der Finanzierung von Nuclidium erhält der Radiopharmabereich aktuell wieder mehr Aufmerksamkeit, da kürzlich auch die norwegisch-US-amerikanische Actithera für ihr spezielles Verfahren der kovalenten Bindung des Radioliganden an das Zielmolekül mit einer Finanzierungsrunde von gut 75 Mio. US-Dollar gewürdigt worden ist. Dort ist der Venture-Arm der Darmstädter Merck KGaA, M Ventures, besonders stark involviert. Das Geld fließt nun im Vergleich zur Hochphase des Feldes vor wenigen Jahren jedoch wohl nicht mehr in jedes x-beliebige Projekt, sondern in gut positionierte Ansätze, die punkten können bei der spezifischen Effektivität am Tumor oder in der Herstellung – oder gerne auch bei beidem.