Roche eröffnet Forschungszentrum in Basel
Die Roche-Türme in Basel haben Kinder bekommen. Diese deutlich niedrigeren Türme stehen wie eine Art Trittstufen für einen Riesen vor der großen Turmpyramide und sind nun feierlich als zusammenhängendes Forschungs- und Entwicklungszentrum eröffnet worden. Roche hat rund 1,2 Mrd. Euro für die Modernisierung der F&E-Abteilungen der Pharmaforschung, die intern als pRED bezeichnet werden, investiert.
Die Silhouette von Basel wird von den zwei rund 200 Meter hohen Roche-Türmen geprägt. Von fast jedem Platz in der Stadt am Oberrhein sind sie zu sehen. Die beiden Hochhäuser beherbergen die Büros des Pharmakonzerns Roche. Turm 1 wurde 2015 fertiggestellt und war seinerzeit mit 178 Metern das höchste bewohnbare Gebäude der Schweiz, bis er 2022 vom Zwillingsturm 2 überragt wurde. Dieser Turm 2 ist 205 Meter hoch und hat insgesamt 50 Stockwerke. Auf Ebene 47 befindet sich eine 360°-Launch, die (auf Einladung) für die Öffentlichkeit zugänglich ist und den Blick weit schweifen lässt.
So spektakulär der Ausblick, so erstaunlich ist, dass die Türme die Stadt nicht klein machen oder gar als dominanter Störfaktor im Stadtbild auffallen. Bei Nacht treten die Türme ganz bescheiden in den Hintergrund. Die treppenartigen Pyramiden haben im Gegenteil trotz der großen Ausmaße auch am Tage etwas Luftiges, was sicherlich im Sinne der Architekten Herzog & de Meuron sein dürfte. Nun haben die Türme „Kinder“ bekommen und die Roche-Forscher einen zentralen Platz für ihre Arbeiten.
In den vorgelagerten, kleineren Türmen ist jetzt das neue pRED Center eröffnet worden. Es besteht aus zwei Laborhochhäusern (114 m und 72 m hoch) mit hochmodernen Laborgerätschaften und digitalen Lösungen sowie einem Bürogebäude und einem Kongresszentrum mit einer Firsthöhe von 26 m beziehungsweise 18 m. Insgesamt gibt es 33 kombinierte Labors und Büroetagen mit 150 Labors und Arbeitsplätzen für rund 1.800 Forscher. Die hochmodernen Gebäude wurden bewusst so konzipiert, dass sie die Zusammenarbeit der einzelnen Gruppen verbessern. Das ist für Hans Clevers, Leiter der Pharmaforschung und frühen Entwicklung (pRED), die entscheidende Neuerung: “Mit der Investition in das neue pRED Center treiben wir die wissenschaftliche Forschung weiter voran, um aus Innovationen neue Medikamente zu gewinnen und so die Bedürfnisse unserer Patienten besser zu erfüllen. Das neue Center wird eine stärkere Interaktion und den Wissensaustausch zwischen verschiedenen Disziplinen ermöglichen, zum Beispiel zwischen Chemikern, Biologen und Datenwissenschaftlern.”
Seit 2009 hat Roche 4,6 Mrd. CHF in den Ausbau des Standortes Basel/Kaiseraugst investiert, wobei die Einweihung des pRED Centers die größte Einzelinvestition darstellt. Darüber hinaus investiert Roche derzeit weitere 1,2 Mrd. CHF am Standort Basel. In die Jahre gekommene einzelne Forschungs- und Produktionsgebäude sollen noch renoviert werden und der Zugang der Stadtbewohner zum Rheinufer soll noch verbessert und durch eine Parklandschaft attraktiv gestaltet werden. Im Einzelnen fächern sich die Investitionen wie folgt auf:
2009–2015: 550 Mio CHF für Turm 1
2015–2024: 1,2 Mrd CHF für pRED Center; 1,8 Mrd CHF für Turm 2 und weitere Bau- und Infrastrukturprojekte am Nordareal
2013–2024: 1 Mrd CHF für Investitionen in das Areal Kaiseraugst
2023–2030: 1,2 Mrd CHF (Institut für Humanbiologie, IHB, weiteres pRED-Gebäude, Chemieproduktion)
Damit belaufen sich die gesamten Investitionen im Zeitraum 2009– 2030 in Basel & Kaiseraugst auf 5,8 Mrd. CHF.
So wie sich die Türme über die Jahre als selbstverständliches Erkennungs- und Wahrzeichen der Stadt etabliert haben (die man beispielsweise bei einer Hotelunterkunft in Basel auch als Illustration im Comic-Stil über seinem Schlafplatz vorfinden mag), so ist es ganz selbstverständlich, dass eine öffentliche Straße durch das Roche-Gelände führt, und sich die normale Bevölkerung mit den von einem Turm zum anderen huschenden Roche-Mitarbeitern auf dem Bürgersteig oder einer Parkbank mischt. Die 1896 in Basel gegründete Roche hatte zum 125. Geburtstag ein mediales Spektakel unter Einbeziehung der Türme als Leinwand für großflächige Animationen abgehalten und auch damit zum Ausdruck gebracht, dass die Verwurzelung des Unternehmens im Stadtgebiet von Dauer ist – und selbst ein Erdbeben den entsprechend sicher gebauten Hochhäusern nichts anhaben wird.
Es ist eine Besonderheit, ein Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über 260 Mrd. US-Dollar als Hauptquartier an einem Ort am Oberrhein anzutreffen. Das ist so, als wären alle Hauptquartiere der unteren Hälfte der DAX-40-Unternehmen an einem Standort versammelt, und gleichzeitig ist Roche von der Marktkapitalisierung mehr wert als das wertvollste deutsche DAX-Unternehmen, die SAP AG, mit derzeit rund 225 Mrd. Euro. Alleine dieser Vergleich macht deutlich, dass es eine besondere Verbindung von Roche mit der Heimatstadt Basel geben muss, dass etwas an der Region Basel und den beiden Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft auch eine ständige Rückversicherung für die Führungsebene von Roche sein muss, am richtigen Standort zu sitzen (und dabei nicht abgehoben im obersten Stockwerk eines Turmes, sondern nur gerade im 1. Stock des denkmalgeschützten Vorstandbaus gleich daneben). Um dem nachzugehen, hat sich die Redaktion ein paar Tage näher in Basel umgesehen und wird in einer kleinen Serie über die Eindrücke aus dem dortigen Ökosystem berichten. Fortsetzung folgt.
In der Reihe „aus den Biotech-Regionen“ sind schon erschienen Einblicke zum Großraum München/Martinsried sowie Regensburg. Weitere sollen folgen.