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Frauengesundheit im Fokus

Ende Juni luden BVMed und Tailor Wessing zu einer Diskussionsrunde nach Berlin ein. Sie beschäftigte sich mit der Frage, ob digitale Anwendungen den Durchbruch für eine gendersensible Medizin bringen werden.

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Letztendlich waren die Anwesenden sich einig über das hohe Potential, das in der Stärkung der Frauengesundheit steckt – für die Gesellschaft insgesamt, für das individuelle Wohlergehen, aber auch aus wirtschaftlichen Aspekten. Um dieses Potential auszuschöpfen, ist zum einen ein weiter wachsendes Bewusstsein für die gesundheitliche Bedürfnisse von Frauen notwendig. Das allein genügt jedoch nicht: Erforderlich sind auch die richtige Forschungsinfrastruktur, mit der eine intensivere Versorgungsforschung betrieben werden kann, eine höhere interdisziplinäre Vernetzung und natürlich die dafür erforderlichen Ressourcen – so das Fazit der Veranstaltung zum Thema Frauengesundheit, die Ende Juni in Berlin stattfand. Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) und Tailor Wessing hatten eingeladen zum Thema „Frauengesundheit endlich im Fokus: Werden digitale Anwendungen den Durchbruch für gendersensible Medizin sein?“ Moderiert wurde die Paneldiskussion, auf der sich Vertreterinnen aus Politik, Wirtschaft und Gesundheitswesen austauschten, von Natalie Gladkov, Leiterin Referat Digitale Medizinprodukte beim BVMed.

Eine der wichtigsten Grundlagen für eine gendersensible Medizin ist eine bessere Gesundheitsdaten-Nutzung – dies brachten die Anwesenden immer wieder zum Ausdruck. So ist laut der Bundestagsabgeordneten Kristine Lütke (MdB) die Nutzung der Gesundheitsdaten ein wichtiger Baustein, um den insbesondere im Gesundheitswesen bestehenden Gender-Data-Gap ausgleichen zu können.

Prof. Sylvia Mechsner, Leiterin des Endometriosezentrums der Charité, führte mit ihrem Vortrag in die Thematik anhand des Beispiels Endometriose ein. So erhielten Frauen meist erst mit acht bis zehn Jahren Verzögerung eine Diagnose. „Sie haben dann eine schlechte Ausgangssituation für die Therapie“, so Mechsner. „Je chronifizierter die Schmerzen, desto mulimodaler muss die Therapie sein“, erklärte die Ärztin. Die späte Diagnose liege vor allem an den fehlenden Daten, dies sei insbesondere in Deutschland ein Problem: „Deutschland ist nicht so gut mit den Daten, da ist noch Luft nach oben“. Hoffnung für eine bessere Früherkennung und Begleitung von Betroffenen sieht sie unter anderem in der digitalen Plattform „mama health“, an der sie mitarbeitet – einer Wissensdatenbank aus Erfahrungsberichten von Endometriose- und Adenomyose-Betroffen.

Im Digitalgesetz und im Datennutzungsgesetz, die soeben verabschiedet wurden, sieht Kristine Lütke ebenfalls viel Potential für gendersensible Medizin, auch wenn noch nicht alles reibungslos laufen würde. „Wir erhoffen uns durch die Digitalgesetze im Gesundheitswesen einen Schub in Richtung Forschung, in Richtung Entwicklung, in Richtung Datennutzung.“ Zudem würde auch das Medizinforschungsgesetz demnächst verabschiedet werden, welches klinische Forschung erleichtern soll.

Dass eine Betrachtung und Vernetzung unterschiedlicher Gesundheitsdaten wichtig ist, um in Zukunft die Prävention, Früherkennung, Behandlung und Nachsorge zu stärken, machte Dr. Ursula Marschall, Anästhesistin und Forschungsbereichsleiterin des BARMER Instituts für Gesundheitssystemforschung, deutlich. „Unsere Daten sind Abrechnungsdaten. Wenn Frauen nicht zum Arzt gehen, weil sie denken, ihre Symptome seien normal, tauchen sie nicht auf.“  Sie bezog sich damit auf das fehlende Bewusstsein rund um den weiblichen Zyklus. Es sei daher wichtig, das System zu kennen, wenn die Daten betrachtet werden. Ihr Appell: „Wir müssen aufhören, einzelne Leuchttürme zu bauen und anfangen, sie miteinander zu vernetzen – mit Digitalisierung.“

Julia Neumann, CEO von Keleyna, zeigte auf, wie mit Gesundheitsdaten und Digitalisierung die Prävention gestärkt werden kann. „Mit unserer Plattform können Frauen ihre Schwangerschaft tracken und erhalten personalisierte Informationen zu ihrem Verlauf.“ Damit könnten eine „schwere“ Schwangerschaft beziehungsweise Komplikationen früh erkannt und angegangen werden. „Wir sehen bei Schwangeren, dass eine Offenheit für digitale Lösungen da ist“, berichtet Neumann.

Auch in der Versorgung muss noch stärker interdisziplinär gedacht und zusammengearbeitet werden. Valentina Ullrich, Gründerin und CEO von Frieda Health, zeigte das am Beispiel der Wechseljahre: „Wir wissen, dass ungefähr 80 Prozent der Frauen in den Wechseljahren unter verstärkten, wenn nicht sogar sehr starken symptomatischen Belastungen leiden. Das sind über 34 anerkannte Symptome – von psychisch bis physisch.“ Der Zweck der Plattform Frieda Health sei daher, digitalgestützt diese Lücke in Prävention, Früherkennung und Behandlung zu schließen – in Zusammenarbeit mit Fachleuten aus der Ernährungswissenscahft, Psychologie, Gynäkologie und Endokrinologie.

Dr. Carolin Monsees, Salary Partnerin bei Taylor Wessing, berät unter anderem Krankenkassen, Krankenhäuser und Medizinproduktehersteller. Sie berichtete über Fragestellungen und Trends, die sie im Alltag zum Thema Datennutzung und Datenschutz wahrnimmt.  Insbesondere bei der Infrastruktur sei einiges nachzuholen.

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