Das teuerste Medikament der Welt kommt aus den Niederlanden

Die FDA hat Hemgenix (etranacogene dezaparvovec-drlb) von CSL Behring und der niederländischen uniQure zugelassen, eine einmalige Gentherapie, die für Erwachsene mit Hämophilie B entwickelt wurde, teilten die Unternehmen vergangene Woche mit. Mit einem Preisschild von 3,5 Mio. US-Dollar ist die Gentherapie das derzeit teuerste Medikament der Welt.

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Hämophilie B ist eine seltene, vererbte Blutgerinnungsstörung, die normalerweise mit Injektionen des Gerinnungsproteins Faktor IX behandelt wird. Sie wird durch einen einzigen Gendefekt verursacht, der zu einer unzureichenden Produktion des Gerinnungsfaktors IX führt, so dass der Körper der Patienten nicht in der Lage ist, Blutungen aus eigener Kraft zu stoppen.
Matt Kapusta, Chief Executive Officer von uniQure, bezeichnete die Zulassung als "historische Errungenschaft auf der Grundlage von mehr als einem Jahrzehnt Forschung und klinischer Entwicklung", die den Patienten die Möglichkeit gebe, sich von belastenden Infusionen zu befreien. Hemgenix enthält ein gentechnisch verändertes AAV-Virus, das ein in der Leber exprimiertes Gen zur Produktion des Gerinnungsfaktors IX trägt.

Im Juni 2020 hatte uniQure vermeldet, dass CSL Behring die Exklusivrechte für die Vermarktung und Weiterentwicklung von Hemgenix erhalten wird. Mitten in der klinischen Studie veränderte das Team von Uniqure Details an der Faktor IX-Sequenz, konnte die FDA aber überzeugen, deswegen nicht von vorne starten zu müssen. Die Zulassung stützt sich auf Daten aus der Hope-B-Studie, der bisher größten Gentherapie-Studie für Hämophilie B. Den Daten zufolge reduzierte Hemgenix die Rate der jährlichen Blutungen; 94% der Patienten konnten die Faktor-IX-Prophylaxe absetzen und blieben prophylaxefrei. Bei den mit der Therapie behandelten Patienten lag die durchschnittliche Faktor-IX-Aktivität sechs Monate nach der Verabreichung bei 39% und 24 Monate später bei 36,7%. Sieben bis 18 Monate nach der Verabreichung war die mittlere bereinigte annualisierte Blutungsrate (ABR) für alle Blutungen um 54% gesunken.

In Bezug auf die hohen Kosten fragte |transkript.de beim Branchenverband BIO Deutschland nach. Geschäftsführerin Dr. Viola Bronsema sagte: „Gentherapien haben großes Potential, das Leben von Patientinnen und Patienten mit genetischen Krankheiten wesentlich zu verbessern. Die Entwicklung dieser Therapien ist allerdings noch sehr teuer und die Patientenzahl oft gering. Daraus ergeben sich die oft kritisierten hohen Kosten. Damit diese Innovationen trotzdem möglichst vielen Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen können, ist Transparenz und ein intensiver Austausch mit Zulassungs- und Erstattungsbehörden wichtig. Wenn Gen- und Zelltherapien breiter in die Anwendung kommen, gehen wir auch davon aus, dass die Kosten sich perspektivisch reduzieren werden.“

Die FDA hat im August und September zwei von bluebird bio entwickelte Gentherapien für seltene Krankheiten zugelassen – beide zu exorbitanten Preisen: Zynteglo, das zur Behandlung der Beta-Thalassämie zugelassen ist, kostete 2,8 Mio. US-Dollar, und Skysona für die Behandlung der zerebralen Adrenoleukodystrophie (CALD) kostete 3 Mio. Dollar.

Hämophilie B tritt nur bei Männern auf. Etwa 7.000 Männer mit Hämophilie B sollen derzeit in den USA leben. "Wir sind zuversichtlich, dass unser Medikament zu erheblichen Kosteneinsparungen für das gesamte Gesundheitssystem führen und die wirtschaftliche Belastung durch Hämophilie B deutlich senken wird", so ein CSL-Sprecher zur Zulassungsentscheidung.

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