Studie des Europäischen Patentamts: Deutsche Unis führend
Eine aktuelle Studie des Europäischen Patentamtes (EPA) untersucht sehr akribisch die Herkunft von Patentanmeldungen und ihren (oft) akademischen Ursprung auch bei indirekten Einreichungen aus der Industrie. An der Spitze der europäischen Länder stehen Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich. Bei Patentierungen bezogen auf die Anzahl der Forscher bleiben die skandinavischen Länder Schweden und Dänemark führend, die Schweiz, Frankreich sowie Belgien liegen bei dieser Betrachtungsweise vor Deutschland. Interessant auch für Investoren ist der neue Deep-Tech-Finder des EPA. Die Münchner Technische Universität hat europaweit zwischen 2000 und 2020 die meisten Patente angemeldet, gefolgt von der Universität Erlangen-Nürnberg und der Freien Universität Berlin.
Erfindungen in Bereichen wie Impfstoffe, mRNA-Forschung, Materialwissenschaften oder Fortschritte in der Lasertechnologie verdanken ihre Existenz der Hochschulforschung. Ein neuer Bericht des Europäischen Patentamts (EPA) zeigt, dass die Zahl der Patentanmeldungen für Erfindungen, die ihren Ursprung an europäischen Hochschulen haben, in den vergangenen zwei Jahrzehnten gestiegen ist und heute 10,2 Prozent aller Patente ausmacht, die von europäischen Anmeldern beim EPA eingereicht werden.
Zu dieser Entwicklung haben deutsche Hochschulen maßgeblich beigetragen. Aus ihnen stammen 24,1 % aller europäischen Hochschulpatente, die zwischen 2000 und 2020 angemeldet werden – insgesamt 25.822 europäische Patente. Damit liegt Deutschland bei den Hochschulpatenten europaweit an der Spitze. „Europa kann auf eine große Tradition akademischer Exzellenz blicken, doch manchmal fällt es uns schwer, Forschung in wirtschaftlichen Erfolg umzusetzen“, so EPA-Präsident António Campinos. „Diese Studie beleuchtet den akademischen Erfindungsreichtum in Europa mit dem Ziel, weitere Anhaltspunkte für eine konkrete Politik und Strategien ihrer Umsetzung zu liefern.“
Ausdrücklich bezieht sich die Studie auf den Draghi-Bericht, der jüngst deutlich machte, dass Innovation das Kernthema Europas ist und bleibt. Es muss jedoch über einen verbesserten Technologietransfer ein besserer Markt für Forschung und Technologie geschaffen werden, da heute 10% der Start-ups mit europäischen akademischen Patenten ihren Hauptsitz in den USA haben. Die Studie ist die erste umfassende ihrer Art und analysiert Daten zu 1.200 europäischen Universitäten, die zwischen den Jahren 2000 und 2020 Patentanmeldungen beim EPA generiert haben. Dabei berücksichtigt sie auch indirekte Patentanmeldungen. Diese werden zwar von anderen Einrichtungen als den Universitäten eingereicht, benennen in der Anmeldung jedoch Forschende von europäischen Universitäten als Erfinder. Im europaweiten Top-25-Ranking der indirekten Anmeldungen befinden sich zwölf deutsche Unternehmen und Organisationen, darunter die Fraunhofer-Gesellschaft sowie Firmen wie Siemens, Bosch, Evonik und Knorr Bremse.
Die zehn anmeldestärksten Universitäten aus Deutschland mit den meisten Patentanmeldungen sind:
- Universität
- TU München
- Universität Erlangen-Nürnberg
- Freie Universität Berlin
- RWTH Aachen
- TU Berlin
- LMU München
- Technische Universität Dresden
- Universität Heidelberg
- Universität Stuttgart
- Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
- Patentanmeldungen
- 2.183
- 1.445
- 1.392
- 1.345
- 1.174
- 1.165
- 1.136
- 992
- 990
- 948
Mit 190 Universitäten verzeichnet Deutschland die zweithöchste Anzahl von Hochschulen, die im Zeitraum 2000–2020 mindestens eine europäische Patentanmeldung beim EPA generiert haben. Dieser Wert wird nur von Frankreich übertroffen. Zwei Drittel aller Patentanmeldungen, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten aus Hochschulen stammten, wurden nicht direkt von diesen selbst eingereicht, sondern von anderen Organismen, meist Unternehmen. 30% dieser Anmeldungen entfielen allein auf kleine und mittelständische Unternehmen. Allerdings haben europäische Universitäten die Patentierung ihrer akademischen Erfindungen erheblich verstärkt: Der Anteil stieg von 24 % aller akademischen Patentanmeldungen im Jahr 2000 auf 45 % im Jahr 2019. Das weist auf einen deutlichen Wandel in Strategie und Politik der Universitäten im Bereich des geistigen Eigentums hin.
Wenige Forschungsstätten dominieren
Laut der Studie sind Deutschland, Frankreich, das Vereinigte Königreich und Italien führend bei der Gesamtzahl akademischer Patente. Die Hälfte dieser Anmeldungen entfällt in Europa jedoch auf eine kleine Anzahl von Universitäten (5% der 1.200 Hochschulen der Studie, darunter die Université Grenoble Alpes, die Technische Universität München, Oxford University, die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, die Universität Kopenhagen und das Polytechnikum Mailand). Diese sind vor allem auf naturwissenschaftliche Bereiche spezialisiert, und das EPA führt die hohe Anzahl an Einreichungen auf dort aktive spezielle Einrichtungen für den Wissenstransfer zurück. Im Vergleich dazu tragen 62% der anderen Universitäten lediglich 8% der Erfindungen bei.
Die Studie untersucht auch die Zusammenarbeit bei akademischen Erfindungen, die häufig noch auf lokale Partner im selben Land beschränkt ist. Die Abbildung zeigt das deutlich unterschiedliche Kooperationsverhalten der Forschungsstätten am Beispiel Frankreich/Deutschland. Während in Frankreich die räumliche Nähe für eine Kooperation weniger ausschlaggebend zu sein scheint, ist dies in Deutschland noch sehr ausgeprägt. Der deutliche orange Kooperationsbogen unten links stellt die gemeinsamen Patentanmeldungen des DKFZ mit der Universität Heidelberg dar. Der ähnlich breite blaue Bogen daneben die häufigen Ko-Patentierungen der RWTH Aachen mit dem Forschungszentrum Jülich. Laut Studienautoren lassen diese Analysen darauf schließen, dass in Europa sowohl national wie auch für länderübergreifende Kooperationen noch viel Potential vorhanden ist.
Die ganze Studie ist zu finden unter (entnommene Abbildung auf Seite 16):