Illustration Inflarx N.V.

Inflarx-Zulassung: Hoffnung über COVID-19 hinaus

Die EMA-Zulassung für den Wirkstoff Vilobelimab, der den Komplementfaktor C5a kontrolliert, ist ein bedeutender Erfolg für Inflarx, weist aber über die klinische Indikation COVID-19 weit hinaus. Mit dem Zielmolekül aus dem Komplementsystem, dem evolutionär älteren angeborenen Immunsystem im Menschen, sind weitere Indikationen denkbar, denen eine Dysregulation oder -funktion dieses Abwehrmechanismus zugrunde liegen. |transkript.de sprach mit Inflarx-CEO Prof. Niels Riedemann.

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Mitte Januar erhielt InflaRx N.V. die Marktzulassung der Europäischen Kommission für GOHIBIC® zur Behandlung von COVID-19-bedingtem akutem Atemnotsyndrom (ARDS). Diese Zulassung erfolgte unter „speziellen Umständen“ als die erste Therapie in der EU zur Behandlung von SARS-CoV-2-bedingtem ARDS.

Im Gespräch mit |transkript.de zeigt sich Inflarx-CEO Niels Riedemann enthusiastisch über die Zulassung. Lange Jahre voller Schwierigkeiten und besonderer Umstände – eine Formulierung, die auch die EU-Kommission bei der Zulassung benutzte – liegen hinter der Firma aus Jena.

transkript.de: Herr Riedeman, welche Gefühle setzt diese Zulassung nach den vielen Jahren bei Ihnen frei?

Niels Riedemann; Dies ist ein großer Erfolg für unser gesamtes Team, der uns alle mit Stolz erfüllt. Ein Teil des Entdecker-Teams eines neuen Therapieansatzes als Wissenschaftler zu sein, und diese Entdeckungen dann umzusetzen in die Entwicklung eines Therapeutikums als Unternehmer und Arzt, durch die geforderten Studien bis hin zur Zulassung ist vermutlich nur wenigen Menschen vergönnt. Es bringt mir persönlich eine tiefe Erfüllung zu wissen, dass unser gesamtes Team dies geschafft hat, und am Ende Menschen damit das Leben gerettet werden kann. Man geht durch erhebliche Höhen und Tiefen, aber eine Lehre bleibt: es ist immer eine Teamleistung, wenn man ein neues Medikament entwickelt und wir bei InflaRx haben da ein verdammt gutes Team.

transkript.de: Was genau bedeutet dieser Hinweis auf die Zulassung „under exceptional circumstances“?

Riedemann: Eine Zulassung unter außergewöhnlichen Umständen wird empfohlen, wenn das Nutzen-Risiko-Verhältnis als positiv bewertet wird, aber es aufgrund der Seltenheit der Erkrankung oder der aktuellen Umstände nicht möglich ist, wie sonst üblich umfassendere Daten zum Beispiel durch weitere große Studien zu erheben.

Im Rahmen der Zulassung von GOHIBIC in der EU wird InflaRx der EMA jährliche Updates zu der von der amerikanischen Biomedical Advanced Research and Development Authority (BARDA) geplanten klinischen Plattformstudie liefern. In dieser Studie wird Vilobelimab als eine von drei potentiellen neuen Therapien zur Behandlung von ARDS untersucht.

transkript.de: InflaRx ist als Einziger der damaligen deutschen Initiativgruppe „BEAT-COV“ über die Ziellinie gekommen. Dennoch hat COVID-19 gefühlt den Schrecken verloren, oder kann man das genau fünf Jahre nach dem Beginn der Pandemie überhaupt nicht sagen?

Riedeman: Ich denke, dass man gerade die Entwicklung von Medikamenten, die sich nicht gegen ein spezielles Virus an sich richten, sondern gegen die Immunreaktion des Patienten auf den Virus, welcher unsere eigenen Organe schädigen und uns töten kann, insgesamt unterschätzt hat. Wissenschaftliche präklinische Untersuchungen haben gezeigt, dass unsere Immunantwort, und hier eben besonders das Komplementsystem und der Faktor C5a, als starker „Booster“ der Entzündungsreaktion, bei lebensbedrohlichen Infektionen mit Sepsis durch ganz unterschiedliche virale und bakterielle Erreger eine zentrale Rolle spielt.

transkript.de: Welche Schlussfolgerung muss man dann ziehen?

Riedemann: Deswegen muss man genau solche Therapien, die Erreger-unabhängig funktionieren, weiter untersuchen und -entwickeln als „Pandemic-Preparedness“-Ansatz. Das Ziel muss sein, Medikamente vorrätig zu haben, die bei neuen viralen Pandemien und Ausbrüchen sofort verfügbar sind, idealerweise die Sterblichkeit senken und uns Zeit verschaffen, gezielte anti-virale Therapien und Impfstoffe gegen den ausgebrochenen Erreger zu entwickeln. Unser Therapieansatz könnte hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten. Dies muss aber jetzt weiter untersucht und getestet werden.

transkript.de: Die Zulassung ist die eine, der Erfolg auf dem Markt eine andere Geschichte. Ist die Patientenkohorte, denen Ihr Wirkstoff hilft, noch immer vorhanden, und wenn ja, wie groß lässt sich dieser Markt heute einschätzen?

Riedemann: Wir wissen, dass es diese Patienten weiterhin gibt und dass Patienten weiterhin an COVID-19 sterben nach offiziellen Daten, auch wenn es jetzt deutlich weniger sind, als zu Pandemiezeiten. Aufgrund des weiterhin wellenförmigen Verlaufes der COVID-19-Erkrankungen, können wir hier aber keine Marktabschätzungen abgeben.

transkript.de: Reichen Ihre finanziellen Mittel auch für den Markterfolg, Vertrieb, Globalisierung … oder wie stellen Sie sich dort auf?

Riedemann: Die Kommerzialisierung in der EU ist sehr komplex und wir haben öffentlich gemacht, dass wir hierzu die Möglichkeit von kommerziellen Partnerschaften prüfen werden. Wichtig ist, dass wir nicht erwarten, dass sich dieser Ansatz wesentlich negativ auf unsere Cash-Burn-Rate auswirken wird.

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