BioPark Regensburg GmbH

BioPark Regensburg: Erfolgsrezept für die Nische

Der BioPark Regensburg feiert 25-jähriges Jubiläum – sowohl als Gründerzentrum als auch als regionaler Kristallisationspunkt um biotechnologische Innovationen, aber auch weit darüber hinaus. Statt großer Leuchttürme hat sich der im Vergleich kleine Standort auf den Aufbau einer breiten Basis von Unternehmen der gesamten Life Sciences konzentriert. Mit Erfolg.

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Wir setzen die kleine Reihe von Porträts einiger Biotech-Standorte fort und bewegen uns aus München-Martinsried (wo es auch schon bald wieder Neuigkeiten gibt) ein paar Kilometer nordwärts.

Obwohl die Stadt Regensburg an der Donau auf eine Geschichte bis in die Römerzeit – und vermutlich noch deutlich davor – blicken und diese auch heute noch in Bauwerken zeigen kann, ging in der jüngeren Entwicklungsgeschichte von Biotechnologie-Standorten (neudeutsch: Cluster) der Blick von der Donau regelmäßig in Richtung der jüngeren Landeshauptstadt nach München. Dort spielte seit dem Gewinn des BioRegio-Wettbewerbes 1995 die Musik und mit der Attitüde der „Weltstadt mit Herz“, waren aus der Münchner Perspektive alle anderen Initiativen im Freistaat bestenfalls zweite Liga. Man strebte dort eher den Vergleich mit den weltweit führenden Regionen an: Oxford, Boston, Kalifornien – die Champions League eben war gerade gut genug.

Ganz anders in Regensburg, das ebenfalls wie viele andere deutsche Regionen und Städte am BioRegio-Wettbewerb teilgenommen hatte, aber nicht mit einem Lorbeerkranz beschieden wurde. Die Akteure der Donaustadt mussten sich danach erst ein wenig schütteln und neu besinnen bis sie die Herausforderung annahmen, trotz allem auch in Regensburg einen Schwerpunkt für Biotechnologie zu etablieren. 1999 wurde das erste entsprechende Zentrum (der BioPark Regensburg) gegründet, durch einen privaten Stifter unterstützt und in direkter Nähe zum Unicampus platziert. Zu dieser Zeit wurde auch der dritte Bauabschnitt des Uniklinikums Regensburg eröffnet, das die in den 1960er Jahren gegründete Universität Regensburg mit der vollwertigeren klinischen Fakultät und Patientenversorgung auf Augenhöhe mit der traditionsreicheren Universität der Landeshauptstadt bringen sollte. Doch alles war noch sehr neu. Die klinische Forschung entwickelte sich erst. Die langen Jahre einer nur für die vorklinische Medizinerausbildung ausgerichteten Hochschule wirkten nach, bis die Studenten auch den Verbleib am Standort ins Auge fassen konnten.

Doch 1999 kamen auch die ersten Firmen-Gründungen und mit dem Unternehmen Geneart gleich eines als Ausgründung des hochmodernen Bereichs HIV-Impfstoffentwicklung und Gentherapie am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg. Doch um HIV oder Gentherapie ging es damals bei Geneart noch nicht wirklich, sondern um allgemeine Werkzeuge für die Optimierung von Genexpression und Produktivität von Mikroorganismen für diverse Biologika. Ein riesiger Markt eröffnete sich, denn alle Forscher wollten sequenzieren, modifizieren und optimieren und das Arbeitstier der Biotechnologen, E.coli, mit allerlei Tricks zur möglichst sortenreinen Produktion eines bestimmten Proteins bewegen. Synthetische Oligonukleotide, Primer und vielfältige auf weitere Mikroben angepasste Werkzeuge ließen Geneart gewaltig wachsen, so dass der BioPark schon bald zu klein wurde und Erweiterungsfläche gesucht werden musste. Dem ersten Biopark-Komplex folgten zwei weitere förmlich geklonte Bauwerke, da die Nachfrage aus der wachsenden biowissenschaftlichen und medizinischen Forschungslandschaft der Universität ebenfalls wuchs.

Bis 2003 verzehnfachte sich die Mitarbeiterzahl in den bis dahin rund 30 Biotech-Unternehmen auf über 450. Einen solchen Aufwärtstrend für alle Zukunft fortzuschreiben, stellten die Verantwortlichen in Regensburg selbst in Frage, da die forscherische Basis als Brutstätte für neue Ideen als recht überschaubar eingeschätzt wurde. Dr. Thomas Diefenthal (im Bild ganz links) und der Mitgeschäftsführer der BioPark GmbH Dieter Daminger, gleichzeitig Wirtschaftsreferent im Regensburger Stadtrat, ließen sich von der Beratungsgesellschaft Cap Gemini eine Zukunftsvision für den Standort entwerfen. Dort wurde ein erster grober Masterplan für Regensburg entworfen, der besagte, dass man sich mit den Life Sciences allgemein eine breitere Basis schaffen würde und damit auch leichter Brücken bauen könne zur bestehenden Unternehmenslandschaft der Stadtregion.

Diese Idee war ein genialer Schachzug. Plötzlich waren auch die Medizintechnikunternehmen, die sich mit dem wachsenden Universitätsklinikum verzahnten, aber auch traditionelle Firmen aus der Glas-, Getränke- und Lebensmittelindustrie (Gerresheimer, Krones …) Teil der aufstrebenden BioRegion Regensburg. Diese erweiterte sich auch über die Stadtgrenzen hinaus nach Mittel- und Ostbayern. Dort gab es nochmals so viele Unternehmen mit deutlich über 1.000 Beschäftigten und damit mehr „kritische Masse“, um Forschung und Innovation in die Anwendung und marktgängige Produkte zu überführen. Die langwierige und riskoreiche Medikamentenentwicklung schrieb man sich in Regensburg nie sehr groß auf die Fahnen, darum sollten sich die Münchner und andere kümmern. In Regensburg setzte man eher auf die Werkzeuge, die eine moderne Wirkstoffanalyse ermöglichen wie in den Firmen 2bind oder Assay.Works anzutreffen.

Überspringt man nun viele Jahre dazwischen, so ist die Firma Geneart längst aufgekauft, zuerst von Life Technologies 2010, die ihrerseits 2014 vom noch größeren Thermo-Fisher-Konzern geschluckt wurde. Der Standort in Regensburg litt nicht darunter. Die Gen-Expertise der Geneart-Belegschaft wird auch heute noch in großem Stile und in stetig gewachsenen Räumlichkeiten unter dem Logo von Thermo weltweit nachgefragt. Einen Extraschub haben die Regensburger Firmen während der Corona-Pandemie erhalten, der 2021 zu einem Plus von fast 500 Mitarbeitern sorgte – vermutlich weil die Unternehmen mit den Bereichen Diagnostik und Laborzulieferung auf die richtigen Pferde gesetzt hatten. Nach Corona ist diese Mitarbeiterzahl nicht wieder abgebaut worden. Sie hat sich in der ganzen Region auf über 5.600 stabilisiert (im Vergleich zu den BIOCOM-Zahlen nach OECD, führt Regensburg in der Statistik nach den Kriterien der European Cluster Excellence-Initiative).

Dr. Thomas Diefenthal verkündete diese Zahlen vor wenigen Tagen mit großem Stolz. So habe sich „die Anzahl der Life-Sciences-Firmen im Cluster auf aktuell 66 erhöht“, sagte er. Mit den 5.670 Mitarbeitern seien dies dreimal so viele Firmen und vierzehnmal so viele Mitarbeiter wie zur Gründung 1999. „Hilfreich waren hier die regelmäßigen Standortanalysen mit einer fundierten Bewertung der Stärken und Schwächen im Cluster“, kommentiert Diefenthal die Entwicklungen in der Donaustadt und ihrem Umland.

Die 45 Mio. Euro an Bau- und Projektkosten der mittlerweile drei BioParks in den vergangenen 25 Jahren wurden zur Hälfte vom Freistaat Bayern getragen. Die andere Hälfte finanzierte sich aus Eigen-, Bundes- und EU-Mitteln. Dank einer hohen Mietauslastung und sorgfältigen Ausgabestrategien ist die BioPark Regensburg GmbH heute ein finanziell unabhängiges Unternehmen der Stadt Regensburg mit einem Umsatz von zuletzt 4,6 Mio. Euro. Diefenthal hält daher die Fördergelder bescheiden für „eine sinnvolle Investition“.

Den nächsten Schritt geht die Region mit dem Projekt „Healthcare Regensburg – managed by BioPark“. Nun soll die gesamte Branche der Gesundheitswirtschaft am Standort mit ins Boot geholt werden, was mit Schwerpunktaktivitäten im Bereich von Digital Health bereits gelungen ist. Aufgrund des demographischen Wandels und des Ausbaus von Forschung und Versorgung an fünf Kliniken im Stadtgebiet ist diese Branche klar auf Wachstumskurs. In einer aktuellen Erhebung des BioParks ist allein in diesem Sektor die Zahl der Beschäftigten seit 2011 um 45% gestiegen. Der Umsatz verdoppelte sich beinahe um 93% auf 2,9 Mrd. Euro in Stadt und Landkreis Regensburg.

Im Gegensatz zu den Römern des zweiten Jahrhunderts nach Christus, die Regensburg mit einer besonders dicken Stadtmauer versahen, um sich der wachsenden Bedrohung durch die Germanen zu erwehren, öffnen die Akteure des BioParks die vermeintlichen Grenzen rings um die Lebenswissenschaften immer weiter und fördern den disziplinüberschreitenden Austausch und die Zusammenarbeit. Denn auch vom Brückenbauen versteht man etwas in Regensburg, wie die mittelalterliche Steinerne Brücke beweist.

Das 25-jährige Jubiläum wird mit einer Festveranstaltung am 19. Juli 2024 gefeiert.

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