Dunkelfeld-Röntgen kann COVID-19-Diagnose verbessern

Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben erstmals Dunkelfeld-Röntgenaufnahmen von Corona-Patienten erstellt. Mit der Technologie kann auch die Mikrostruktur des Lungengewebes abgebildet werden, was zusätzliche Informationen im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren liefert. Außerdem könnte das Dunkelfeld-Röntgen eine Alternative zur deutlich strahlenbelastenderen Computertomographie sein.

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In den meisten Fällen wird die Lunge von COVID-19-Patienten mit Hilfe der Computertomographie (CT) untersucht. Sie kombiniert Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Richtungen zu dreidimensionalen Bildern. Dies ermöglicht eine genauere Bildgebung als zweidimensionale Aufnahmen mit konventioneller Röntgentechnologie, hat jedoch den Nachteil einer höheren Strahlendosis aufgrund der vielen Röntgenaufnahmen.

Ein Team der Technischen Universität München (TUM) um Franz Pfeiffer, Professor für biomedizinische Physik und Direktor des Munich Institute of Biomedical Engineering an der TUM, hat nun ein neues Verfahren für die radiologische Diagnostik entwickelt, bei dem die Strahlendosis im Vergleich zum CT deutlich kleiner ist. Das Dunkelfeld-Röntgenverfahren eröffnet neue diagnostische Möglichkeiten: „Bei unserer Röntgen-Untersuchung nehmen wir gleichzeitig konventionelle Röntgen- und Dunkelfeldbilder auf. So erhalten wir schnell und einfach zusätzliche Informationen über das betroffene Lungengewebe“, erklärt Franz Pfeiffer. „Die Strahlendosis ist dabei im Vergleich zu einem CT-Gerät um den Faktor 50 kleiner. Daher ist die Methode auch für Anwendungsszenarien vielversprechend, die wiederholte Untersuchungen über einen längeren Zeitraum erfordern, beispielsweise zur Erforschung von Long-COVID-Verläufen. Für längere Beobachtungszeiträume könnte die Methode eine Alternative zur Computertomographie für die Bildgebung von Lungengewebe bieten“, so Pfeiffer weiter.

In einer Studie wurden die Lungenaufnahmen von COVID-19-Patienten mit denen von gesunden Personen verglichen. Die Unterscheidung zwischen krankem und gesundem Lungengewebe fiel den Radiologen leichter, wenn ihnen Dunkelfeldaufnahmen vorlagen. Das beste Ergebnis erhielten sie, wenn sowohl konventionelle Röntgenbilder als auch Dunkelfeldaufnahmen zur Verfügung standen.

Während konventionelles Röntgen auf der Abschwächung des Röntgenlichts basiert, nutzt das Dunkelfeld-Röntgen die sogenannte Kleinwinkelstreuung des Röntgenlichts. Dadurch lassen sich zusätzliche Informationen über die Beschaffenheit der Mikrostruktur des Lungengewebes gewinnen. Somit bieten Dunkelfeldaufnahmen einen Mehrwert für die Untersuchung verschiedener Lungenerkrankungen.

Optimierter Prototyp für quantitative Auswertung
Die Forscher optimierten den Aufbau des Röntgengerät-Prototyps so, dass sie die Aufnahmen auch quantitativ auswerten konnten. Eine gesunde Lunge mit vielen intakten Lungenbläschen erzeugt ein starkes Dunkelfeldsignal und erscheint in der Aufnahme hell. Dagegen erzeugt entzündetes Lungengewebe, in das Flüssigkeit eingelagert ist, ein schwächeres Signal und erscheint im Bild dunkler. „Wir normieren dann das Dunkelfeldsignal auf das Lungenvolumen, um die Unterschiede im Lungenvolumen verschiedener Personen zu berücksichtigen“, erklärt Manuela Frank, eine Erstautorin der Publikation.

Laut Daniela Pfeiffer, Professorin für Radiologie und ärztliche Leiterin der Studie am Klinikum rechts der Isar, soll der Auswertungsprozess der Dunkelfeld-Röntgendaten auch mit Methoden der Künstlichen Intelligenz erfolgen. Ein Pilotprojekt, bei dem konventionelle Aufnahmen mit Hilfe von KI ausgewertet wurden, gab es bereits.

Die Dunkelfeld-Bildgebung mit Röntgenlicht ist eine für die Medizin neuartige Untersuchungsmethode, die von Franz Pfeiffer und seinem Team entwickelt wurde. Seit mehr als zehn Jahren arbeiten die Wissenschaftler daran, die Technologie für den Einsatz in der Praxis zu optimieren. Inzwischen wurde mit Radiologen vom Klinikum rechts der Isar ein Dunkelfeld-Röntgen-Prototyp entwickelt, der für die weltweit ersten klinischen Untersuchungen zugelassen wurde. Er wird derzeit in Patientenstudien zu verschiedenen Lungenerkrankungen eingesetzt.

*Drei sogenannte Gitter, die das Röntgenlicht passieren muss, machen es möglich, den gestreuten Anteil des Röntgenlichts zu nutzen. Diese Gitter sind Anordnungen feiner Linien, die für Röntgenlicht abwechselnd unterschiedlich gut durchlässig sind. So entsteht am Detektor zusätzlich zum konventionellen Röntgenbild ein Streifenmuster. Die Streuung schwächt dieses zusätzliche Muster ab, so dass es in den Teilen des Bildes schwächer erscheint, die Körperbereiche zeigen, in denen viel Licht durch Streuung abgelenkt wird.

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