Massive Kritik an EU-Studienregister CTIS
Als Bedrohung für die EU-Arzneimittelforschung haben Verbände und Auftragsforschungsunternehmen das EU-Portal CTIS für klinische Studien bezeichnet.
Eine seltene Allianz aus Pharma- und Auftragsforschungsinstituten hat dem EU-Portal CTIS ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Auch zehn Monate, nach dem Start des Portals, über das seit Ende März obligatorisch alle klinischen Studien am Menschen elektronisch beantragt und genehmigt werden müssen, leidet es "an gravierenden Mängeln und ist für alle Beteiligten zu weiten Teilen nicht handhabbar", so der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa).
CTIS ist Teil der EU-Verordnung 536/2014 für klinische Arzneimittelprüfungen. Gemeinsam mit dem vfa sehen auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH), der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), der Bundesverband Medizinischer Auftragsinstitute (BVMA) und der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland (AKEK) das gesamte System der EU-Verordnung durch die nicht ausreichende Funktionsfähigkeit des Portals bedroht. Auf der Homepage des europäischen Dachverbandes der Medizinischen Auftragsinstitute EUCROF findet sich bisher noch keine entsprechende Verlautbarung.
Denn die Mängel haben den Kritikern zufolge in den vergangenen Monaten nicht etwa ab-, sondern zugenommen: Die Antragstellung für klinische Prüfungen und deren Evaluation durch die Ethik-Kommissionen würden massiv beeinträchtigt und seien deshalb nicht zu bewältigen. Dies schwäche die Wettbewerbsfähigkeit des Forschungsstandortes Europa, was womöglich zu einer dauerhaften Abwanderung von Medikamententests in andere Regionen führen könnte. Deshalb fordert das Zweckbündnis die Bundesregierung auf, darauf hinzuwirken, dass die zum 31. Januar 2023 ablaufende Übergangsfrist nach Art. 98 Abs. 2 der Verordnung 536/2014 so lange verlängert wird, bis die Funktionsfähigkeit des EU-Portals CTIS hergestellt und nachgewiesen ist.
In einer zweiten Erklärung stellt der vfa fest, dass der Studienstandort Deutschland seit 2020 von Platz 4 auf Platz 6 im internationalen Vergleich zurückgefallen sei und es eine Trendumkehr brauche – 2016 war Deutschland noch die weltweite Nummer 2. Unter anderem seien eine Harmonisierung des Datenschutzes und zügigere Vertragsverhandlungen erforderlich, so der Pharmaverband. Als Musterland nennt der vfa Spanien, das sich auf Platz 3 hochgearbeitet habe. Der vfa veröffentlichte zugleich ein Ranking der Studienstandorte mit den USA und China an erster und zweiter Stelle, gefolgt von einem engen Verfolgerfeld der bei der Studienzahl dicht beieinanderliegenden Staaten: Spanien, Großbritannien, Kanada, Deutschland, Frankreich und Australien. Der Unterschied zwischen Spanien und Australien beträgt nur 140 Studien, während der Abstand zwischen China und Spanien 500 Studien und der Abstand zwischen den USA und China 1.800 Studien mehr beträgt.