Dunkle Finanzierungswolken aus den USA?

Einen drastischen Einbruch bei der Finanzierung US-amerikanischer Biotech-Unternehmen stellt die Investmentbank FCF in ihrem jüngsten Monitoring fest. Um mehr als 55 Prozent liegen die Finanzierungen im Vergleich zum Vorjahr zurück.

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Die Zahlen aus den USA sprechen eine deutliche Sprache. FCF mit dem neuen Life-Science-Chef Mathias Klozenbuecher kommt in seinem regelmäßigen Biotech-Monitor auf kumulierte 7,6 Milliarden Dollar, die dortige Unternehmen von Januar bis Ende Mai einsammeln konnten. Was für hiesige oder gar europäische Verhältnisse eine spektakuläre Summe wäre, ist für die USA ein herber Rückschlag. Im Jahr 2022 hatten die Unternehmen im gleichen Zeitraum nämlich bereits die stolze Summe von 17,1 Mrd. US-Dollar einwerben können, auch damals schon angesichts von Inflation, Krieg und Wirtschaftskrisenstimmung.

Offensichtlich hat die Stimmung nun jedoch deutlicher weiter gedreht und  der US VC Market hält sich stärker zurück, so Mathias Klozenbuecher im Gespräch mit |transkript.de. „In unserem Biotech-Monitor USA spiegeln sich die Unsicherheiten des gesamten Venture Capital Marktes in den USA wider. Nach Jahren des Wachstums und der Überbewertungen der Start-up-Unternehmen haben Unsicherheiten wie der Ukraine Krieg, der Einbruch der Silicon Valley Bank und des Krypto Marktes (FTX und Binance) sowie ansteigenden Zinsen die Erwartungshaltungen nach unten korrigiert. Der Venture Capital Markt ist zurückhaltend speziell bei größeren Finanzierungsrunden.“ Doch er sieht auch Licht am Horizont: „Positiv ist zu vermerken, dass Frühfinanzierungen von Start-ups weniger betroffen sind. Das ‚dry powder‘ der Investoren für frühphasige Deals ist nach wie vor vorhanden. Aber zurzeit wird der Weg zur Profitabilität für Startups immer wichtiger,“ so Klozenbuecher.

Interessanterweise und entgegen dem US-Trend lässt sich von Beobachtern der deutschen Biotechnologieszene derzeit noch ein anderes Stimmungsbild in Zahlen nachzeichnen. Während das Jahr 2022 nach den zahlenmäßig „guten“ Corona-Jahren einen deutlichen Rückschritt auf etwa das Vor-Corona-Niveau brachte, hätten die ersten Monate des Jahres 2023 in einzelnen Bereichen schon fast die Finanzierungssummen des gesamten Jahres 2022 erreicht, so Manuel Bauer, Leiter Life Sciences bei EY, auf seiner Tour durch die Republik zur Vorstellung des EY-Reports Deutsche Biotechnologie. Nach bisher unveröffentlichten Daten für die Monate Januar bis Mai liege das Risikokapital bereits jetzt um +9% über dem Vorjahreszeitraum. Bauer wies zudem darauf hin, dass unter Hinzunahme des Monats Juni (in dem die Münchner ITM SE eine Rekordfinanzierung von rund 250 Mio. Euro einwerben konnte) das Gesamtfinanzierungsvolumen des Vorjahres 2022 bereits jetzt fast erreicht sei (2022 gesamt: 812 Mio. Euro, 2023/Januar bis einschließlich Juni: 808 Mio. Euro).

Bleibt die Frage, ob die düsteren Aussichten in den USA auch in Europa und Deutschland die derzeit noch optimistischere Sicht eintrüben werden. Mathias Klozenbuecher meint dazu: „In Europa sieht der Biotech-Markt etwas positiver aus. Zum einen waren die Überbewertungen in Europa kein so großes Problem wie in den USA. Zum anderen kommen immer mehr innovative Biotech- & Healthcare-Unternehmen in Europa vor allem aus den Regionen DACH und UK. Außerdem sehen wir aus den oben genannten Gründen mehr Interesse von US-VC-Investoren in Europa zu investieren“.

Mit etwas Glück bleiben die dunklen Wolken auf der anderen Seite des großen Teiches.

©|transkript.de

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