War es das bei Epigenomics?

Der Vorstand der Epigenomics AG hat beschlossen, die Gesellschaft zu restrukturieren und ihren Geschäftsbetrieb deutlich zu reduzieren. Die Restrukturierung wird mit der Absicht durchgeführt, die Kosten zu minimieren. Kommt das noch was?

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Epigenomics beschließt eine deutliche Restrukturierung zur Kostenminimierung. Sie soll auch den Zeitrahmen verlängern, der dem Unternehmen zur Verfügung steht, "um die Finanzierung für die weitere Entwicklung des ‚Next-Gen‘-Tests für den Nachweis von Darmkrebs zu sichern", teilt das Unternehmen mit Sitz in Berlin und San Diego mit.
Im Rahmen der Umstrukturierung ist geplant, den Verkauf von Epi proColon einzustellen und das Produkt zurückrufen. Zudem soll die Zahl der Mitarbeiter an den Standorten in Deutschland und den USA auf das "zur Aufrechterhaltung eines minimalen Geschäftsbetriebs erforderliche Maß" reduziert werden, ohne dass dabei eine konkrete Zahl genannt wird. Schon vor wenigen Wochen gab es Veränderungen im Aufsichtsrat: Heino von Prondzynski hatte aus gesundheitlichen – und wie heute nachgeschoben wurde aus Kostengründen – damals mit sofortiger Wirkung sein Amt als Vorsitzender und als Mitglied des Aufsichtsrats niedergelegt. Franz Walt legte nun noch sein Aufsichtsratsmandat mit Wirkung zum 30. April 2023 im Rahmen der Restrukturierung zur Kostensenkung nieder. Anstelle von Heino von Prondzynski hat der Aufsichtsrat Dr. Helge Lubenow zu seinem neuen Vorsitzenden gewählt.

Die Gesellschaft wird auch zeitnah den Widerruf der Zulassung zum Teilbereich des regulierten Marktes der Frankfurter Wertpapierbörse mit weiteren Zulassungsfolgepflichten (Prime Standard) beantragen. Der Widerruf, der in der Regel drei Monate nach Veröffentlichung der Widerrufsentscheidung durch die Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse wirksam wird, hat im Übrigen keine Auswirkungen auf die Zulassung zum regulierten Markt (General Standard). Die Gesellschaft wird das bestehende American-Depositary-Receipts-Programm kündigen.

Darüber hinaus wird der Geschäftsbericht mit dem Konzernabschluss und dem Jahresabschluss der Epigenomics AG für das Geschäftsjahr 2022 voraussichtlich am 21. April 2023 veröffentlicht werden. Greg Hamilton, Vorstandsvorsitzender der Epigenomics AG, kommentiert: "Wie angekündigt, haben wir in den vergangenen Monaten zahlreiche Alternativen geprüft, um die Finanzierung der FDA-Zulassungsstudie für unseren ‚Next-Gen‘-Test sicherzustellen. Leider ist es uns im derzeitigen Marktumfeld nicht gelungen, zusätzliches Kapital zu beschaffen. Daher haben wir uns in enger Abstimmung mit dem Aufsichtsrat zu diesem harten, aber aus unserer Sicht unumgänglichen Schritt entschlossen, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Wir bedauern sehr, die oben genannten Maßnahmen einleiten zu müssen. Im Namen des gesamten Vorstandes möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren oft unermüdlichen Einsatz danken. Wir sind weiterhin vom Nutzen unseres Tests überzeugt und hoffen, eine Lösung für die Weiterentwicklung und Zulassung des Tests zu finden."

Falls der Börsenkurs in diesen Bereichen der "Penny-Stocks" irgendwelche Auskünfte über das Vertrauen von Anlegern in die Unternehmenszukunft aussagt, lässt der weitere Absturz um über 30% am heutigen Tage auf nun rund 0,84 Euro wohl wenig Interpretationsspielraum. Trotz FDA-Zulassung im Jahr 2016 konnte sich der Darmkrebstest bisher nicht als Verkaufsschlager durchsetzen, für dieses Jahr veranschlagt das Unternehmen gar nur Umsatzerlöse von 60.000 bis maximal 200.000 Euro. Viel zu wenig, um noch immer auf einen Durchbruch hoffen zu können. Mit gut 25% an Epigenomics beteiligt ist die Deutsche Balaton AG von Wilhelm K. Zours, der sich die Entwicklung dieser Biotech-Beteiligung mit vielen Kapitalerhöhungen zwischendurch vermutlich auch anders vorgestellt hatte.

Für Oliver Schacht, Mitgründer von Epigenomics, der bereits 2011 aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, ist das ein Trauerspiel: "Als einer der Gründer der Epigenomics im Jahre 1998 tut es mir in der Seele weh, zu sehen was da heute passiert ist. Vielleicht waren wir 1998 und in den frühen 2000er Jahren der Zeit für DNA-Methylierung und Liquid biopsy-Tests (den Begriff gab es damals noch nicht) einfach zu weit voraus. Und die Tatsache, dass es einer in Frankfurt gelisteten AG halt chronisch nicht gelingt, in ausreichendem Maße Kapital zur notwendigen Finanzierung von F&E aber insbesondere auch Marketing und Vertrieb zu bekommen führt zu dieser chronischen Unterfinanzierung. Wenn man sieht mit wievielen Milliarden Unternehmen wie Exact Science oder auch GRAIL in den USA der Methylierung zum diagnostischen und kommerziellen Durchbruch verholfen haben, dann sieht man auch wo der Schuh drückt." Er beklagt das "Gemauschel", das bisher in den USA verhindert hätte, dass der Test erstattet wird, obwohl er seiner Meinung nach noch immer der beste verfügbare Biomarkertest überhaupt sei. "Ich hoffe inständig darauf, dass die Technologie und Biomarker am Ende in andere Hände kommen, um ihr volles Potenzial zu entfalten", kommentiert Schacht auf |transkript-Nachfrage.

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