Gemischtes vom Tage: Immatics, Evotec, Roche, HBM
Die Nachrichtenlage kann extremer kaum sein, wenn man die genannten Firmen am heutigen Tage betrachtet: von glücklich am nächsten Etappenziel, bis ziemlich gebeutelt, von ernüchtert im Scheitern bis zum glorreichen Exit. Wir sortieren es.
Der T-Zell-Linker der Tübinger Immatics hat es in die Klinik geschafft. Das Unternehmen gab den Beginn einer klinischen Phase I-Studie mit seinem T-Zell-Engageing-Rezeptor (TCER)® IMA401 für Patienten mit rezidivierenden und/oder refraktären soliden Tumoren bekannt. Es ist der fortgeschrittenste Produktkandidat aus der TCR Bispecific-Pipeline von Immatics, der auf ein HLA-A*02-präsentiertes Peptid abzielt, das sowohl von MAGEA4 als auch von MAGEA8 abgeleitet ist. Er wird in Zusammenarbeit mit Bristol Myers Squibb entwickelt. Immatics ist für die Durchführung der klinischen Phase I-Studie verantwortlich. Die primären Ziele der klinischen Studie (NCT#05359445) sind die Bestimmung der maximal verträglichen Dosis (MTD) und/oder der empfohlenen Phase II-Dosis (RP2D) für IMA401 bei Biomarker-positiven (HLA-A*02:01 und MAGEA4/8) Patienten mit rezidivierenden und/oder refraktären soliden Tumoren. Die Phase I-Studie besteht aus einem Dosiseskalationsteil (Phase 1a), dem ein Dosiserweiterungsteil (Phase 1b) folgt, um Patienten mit der empfohlenen Dosis zu behandeln. Die Studie soll an bis zu 15 Zentren in Deutschland durchgeführt werden, nun hat sie mit dem ersten deutschen Patienten gestartet und ist insgesamt auf etwa 50 Patienten ausgelegt. "IMA401 ist der erste TCER-Kandidat aus unserer TCR Bispecifics-Pipeline, der in die klinische Entwicklung eintritt, und erweitert unser klinisches Portfolio um einen aufregenden neuen TCR-basierten® Immuntherapieansatz, der im Vergleich zu autologen Zelltherapien von der Stange geliefert werden kann", sagte Cedrik Britten, Chief Medical Officer bei Immatics. "Unser TCER® IMA401 könnte eine Reihe von soliden Tumoren behandeln und damit die derzeit unerfüllten Bedürfnisse einer breiten Patientenpopulation erfüllen. Dies gelingt am besten mit einem starken Pharmapartner, den wir mit Bristol Myers Squibb gefunden haben."
Bei der Hamburger Evotec dagegen haben die Geschäftszahlen des Quartals einen regelrechten Ausverkauf ausgelöst, obwohl Analysten etwa der Stiefel Bank keine so richtige Begründung dafür parat haben. Denn gerade hatte die Verlängerung der Wirkstoffkooperation mit Bristol Myers Squibb für eine Abschlagszahlung von 200 Mio. Euro geführt. Doch das weitere Börsenumfeld hatte sich wohl bessere Umsatzzahlen und einen viel euphorischeren Jahresausblick gewünscht – mit dem kühlen Blick des Hamburger Nordens ist das aber wohl nicht vereinbar. Der Börsenknick dürfte daher – so deutlich er auch aussieht – eher von kurzer Dauer sein, wenn sich die Basiswerte der Unternehmensstrategie wieder mehr in den Vordergrund stellen werden.
Ähnlich bedröppelt blickt man in Basel aus dem hohen Roche-Turm auf den Rhein, wenn das natürlich auch niemand zugeben würde. Denn Roche gab heute die Ergebnisse seiner Phase III-Studie SKYSCRAPER-01 bekannt, in der die Anti-TIGIT-Immuntherapie Tiragolumab plus Tecentriq® (Atezolizumab) im Vergleich zu Tecentriq allein als Erstlinienbehandlung für Patienten mit PD-L1-hohem lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) untersucht wurde. Doch diese Studie erreichte ihren co-primären Endpunkt des progressionsfreien Überlebens nicht. Bei dieser ersten Analyse war der andere co-primäre Endpunkt des Gesamtüberlebens (OS) in Worten des Unternehmens "unreif", und erst einmal wird die Studie bis zur nächsten geplanten Analyse fortgesetzt. Die Daten deuten darauf hin, dass Tiragolumab plus Tecentriq gut verträglich war und bei der Zugabe von Tiragolumab keine neuen Sicherheitssignale identifiziert wurden. Weitere Analysen dieser Ergebnisse sind im Gange und die Daten werden auf einem bevorstehenden medizinischen Kongress vorgestellt. "Obwohl diese Ergebnisse nicht das sind, was wir uns in unserer ersten Analyse erhofft hatten, freuen wir uns auf die Zahlen zum Gesamtüberleben, wenn alle Daten für diese Studie verfügbar sind, um die nächsten Schritte zu bestimmen", sagte Levi Garraway, M.D., Ph.D., Chief Medical Officer und Leiter der globalen Produktentwicklung bei Roche. "Wir glauben weiterhin, dass TIGIT eine Rolle bei der Krebsbehandlung spielen könnte, und wir werden weitere Ergebnisse aus unserem Tiragolumab-Programm mitteilen, sobald sie auftauchen." Das klingt zumindest nicht mehr nach der großen Überzeugung, dass dieser Ansatz ein großer Erfolg auf der Umsatzseite werden könnte, aber man muss wohl noch etwas abwarten.
Nicht mehr abwarten müssen die Investoren bei der Schweizer HBM, da ein neuerlicher Exit gefeiert werden kann. Die Übernahme der amerikanischen Biohaven durch Pfizer zum stolzen Preis von rund 11,6 Mrd. US-Dollar spült auch Geld in die Schweiz. Der satte Aufschlag von 78 Prozent zum Tagesschlusskurs vom 9. Mai 2022 erfreut HBM Healthcare Investments, die rund 0,45 Millionen Aktien von Biohaven im Gesamtwert von 67 Mio. US-Dollar auf Grundlage des Übernahmepreises gehalten haben. Nach der Übernahme von Sierra Oncology durch GlaxoSmithKline im April und von Zogenix durch UCB im Januar ist dies bereits die dritte Übernahme aus dem Portfolio der börsenkotierten Unternehmen der HBM Healthcare Investments im laufenden Kalenderjahr 2022 – was im Angesicht von eigentlich recht schwierigen Zeiten bei den börsennotierten Portfoliounternehmen für einiges Freudestrahlen gesorgt haben dürfte.
PS: Nein, hier ist kein "Kuchen" versteckt, aber Danke fürs Lesen :-)