Bundestagsanhörung: Deutschland als Biotechnologie-Standort

Die Anhörung des Bundestags-Wirtschaftsausschusses zum Thema „Deutschland als Innovations-, Biotechnologie- und Pharmastandort stärken, EU-Mittel sichern, IPCEI Health beitreten" in dieser Woche war durch den Antrag der Unionsfraktion aus dem Herbst 2022 ausgelöst worden. In einer intensiven Befragung waren Verbandsvertreter, Wissenschaftler und ein Unternehmer zu Stellungnahmen und Antworten eingeladen. Neben der BIO Deutschland (vertreten durch Viola Bronsema) hinterließ der Serienunternehmer Andreas Eckert einen bleibenden Eindruck.

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Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages beschäftigte sich in einer öffentlichen Anhörung mit der Förderung von Biotech-Unternehmen. Wie es gelingen könne, Deutschland nachhaltig zu einem der weltweit führenden Biotechnologie- und Pharmastandorte zu machen, war die Fragestellung der CDU/CSU-Fraktion. Diese war Folge des im Herbst stark diskutierten Beitritts Deutschlands zur Förderlinie "Important Project of Common European Interest (IPCEI) Health" der EU und führte zu dem etwas sperrigen Titel des Antrages und der Anhörung.

Seit Herbst hat sich die Bundesregierung, wenn auch spät und in kleinem Umfang von etwa 185 Mio. Euro, an diesem EU-Schwerpunktprogramm beteiligt. Es stand also nur noch die Frage im Raum, ob das ausreiche und die Verzögerung Nachteile mit sich bringe. Die Verbandsvertreter von BIO Deutschland, BDI und BVMed sahen das einhellig als nicht ausreichend und eine erste Welle von Projektaufrufen nun an Deutschland vorbeigehen. Erst in einer nächsten Welle wäre man dann dabei, aber dazu müsse der finanzielle Beitrag als Ausdruck des Committments deutlich erhöht werden auf eher 500 Mio. Euro.

Statt um diese oder andere Projektfördermaßnahmen ging es in dem Expertenaustausch aber im Schwerpunkt um die passenden generellen Rahmenbedingungen für eine Branchenstärkung am Standort Deutschland. In Deutschland müssten insgesamt die Bedin­gungen für die Unternehmen der Biotech-Branche verbessert werden: „Denn die Industrie geht immer dahin, wo die Standortfaktoren passen", sagte Iris Plöger, BDI.

Auch Berthold Wigger, Lehrstuhlinhaber für Finanzwissenschaft und Public Management am Karlsruher Institut für Technologie, schlug eher in die Kerbe, das Steuersystem anzupassen, wenn man wirklich eine große Hebelwirkung erzielen wolle. Die Förderung einzelner Projekte sei seiner Meinung nach wenig sinnvoll. „Forschende Unternehmen reagieren auf Rah­menbedingungen sehr schnell. Deutschland ist zu einem Hochsteuerland geworden“, so Wigger, dies wirke nicht als Standortvorteil. (siehe dazu auch "Druck auf Scholz wächst")

Weitere Themen der Anhörung in Fragen und Antwortbeiträgen der Sachverständigen waren Hemmnisse der Bürokratie, des Datenschutzes, der Datennutzung für Forschungsvorhaben der Industrie, aber auch des "Deutschland-Tempos" bei der Einführung von Innovationen in die Patientenversorgung. Zahlreiche Redebeiträge zogen das Beispiel der raschen Impfstoffentwicklung durch Biontech/Pfizer als ein Muster heran, dass man bei Bedarf und Not die schnelle Reaktionsfähigkeit aller Beteiligter gesehen habe, die zum Erfolg führte. Zugleich erklangen die mahnenden Stimmen, dass man nun keine Rückschritte machen dürfe und gerade in den Behörden und Begutachtungsgremien die Geschwindigkeit und personellen Ressourcen beibehalten möge.

Einen lesenwerten Sonderbeitrag lieferte der Berliner Serien-Unternehmer Dr. Andreas Eckert, der auch als Vertreter der Gruppe der Investoren auftrat. Er legte zuerst den Finger in die "Translations-Wunde", die sich zeige, wenn man betrachte, welche Beiträge die deutsche Forschung für die weltweite Arzneimittelindustrie liefere – anhand von Patentübersichten der FDA. Dies sei erschütternd wenig. Daraus den Anspruch eines weltweit führenden Standortes abzuleiten, sei blauäugig und mit nationalen oder europäischen kleinteiligen Förderprogrammen keineswegs zu erreichen. Der wirksame Ansatz müsse sehr viel stärker auf den Kapitalmarkt zielen.

Für die Finanzierung der deutschen Biotech-Unternehmen, vor allem in der Wachstumsphase, fordert auch BIO Deutschland klare Verbesserungen. Geschäftsführerin Dr. Viola Bronsema sagte: „Um die innovative Biotechnologie-Industrie in Deutschland weiter zu stärken, müssen wir die Wachstumsfinanzierung weiter verbessern, beispielsweise mit dem Biotech Future Fonds als Teil des Zukunftsfonds in Ergänzung zum Deeptech & Climate Fonds. Zudem fordern die Unternehmerinnen und Unternehmer schon lange eine Biotechnologie-Agenda für Deutschland. Diese könnte durch einen zu gründenden deutschen Biotechnologie-Rat aktiv vorangetrieben werden.“

In der Mediathek des Dt. Bundestages kann die komplette Anhörung (etwas über eine Stunde) nachgesehen werden.

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