Novartis investiert 500 Mio. Euro in Tirol
Die Schweizer Novartis AG hat eine Großinvestition an den Tiroler Standorten Kundl und Schaftenau angekündigt: 500 Mio. Euro sollen dort in den kommenden Jahren in neue Produktionsanlagen für Zellkulturen und Nukleinsäuren investiert werden. Zur Pressekonferenz kam der österreichische Bundeskanzler persönlich.
Rund um das von der großen weißen Burg dominierte Kufstein türmen sich die Baukräne. Auch in den Vororten Kundl und Schaftenau wird es so schnell kein Ende geben, denn die Schweizer Novartis AG pumpt in den nächsten Jahren rund 500 Mio. Euro in die beiden Standorte. Damit soll die Zellkulturtechnologie in Österreich entsprechend der globalen Strategie des Unternehmens ausgebaut werden.
Die Investition „stärkt den Tiroler Campus Kundl/Schaftenau als führenden Biotech-Standort in Europa und trägt dazu bei, die kontinuierliche Versorgung mit Biopharmazeutika aus Österreich zu beschleunigen“, teilte das Unternehmen bei einer Pressekonferenz in Wien mit, bei der sich auch die lokale Politprominenz vom Bundeskanzler über den Wirtschaftsminister bis zum Tiroler Landeshauptmann ein Stelldichein gab – sie alle haben ein gemeinsames Parteibuch, das der ÖVP.
Die Anlage in Schaftenau ist bereits fast fertiggestellt und soll im Sommer 2024 in Betrieb gehen, die Anlage in Kundl braucht noch bis Herbst 2025, um voll in Betrieb gehen zu können. Die Investitionssumme verteilt sich zu gleichen Teilen auf beide Standorte und schafft insgesamt 350 neue, hochqualifizierte Arbeitsplätze in der biopharmazeutischen Produktion.
„Innovative Biopharmazeutika eröffnen neue Möglichkeiten in der Medizin, wo klassische Medikamente und Therapien an ihre Grenzen stoßen. Unsere Standorte Kundl und Schaftenau zählen zu den innovativsten Produktionsstätten von Novartis in Europa“, so Steffen Lang, President Novartis Operations in Österreich. Bundeskanzler Dr. Karl Nehammer ließ es sich bei der Pressekonferenz nicht nehmen, diesen Ansiedlungserfolg besonders hervorzuheben, obwohl Novartis bereits seit 2004 Biopharmazeutika in Österreich produziert. Der Standort Kundl hat eine noch längere Tradition, werden hier doch bereits seit 1979 Wirkstoffe und Arzneimittel nach modernen biochemischen Verfahren hergestellt – einst unter dem Namen Biochemie AG, die später von Sandoz übernommen wurde, damals noch als Tochtergesellschaft von Novartis. Nehammer betonte aber wohl bewusst den Beitrag, den internationale Unternehmen für die österreichische Wirtschaft leisten: „Betriebsansiedlungen und internationale Investitionen spielen für den Wirtschaftsstandort Österreich eine besonders wichtige Rolle. Internationale Unternehmen tragen in Österreich jährlich rund 29 Prozent zum BIP bei und sichern rund 1,17 Millionen Arbeitsplätze. Österreich bietet als innovativer Industrie- und Wirtschaftsstandort hervorragende Voraussetzungen für unternehmerischen Erfolg im Herzen Europas.“ Die Investitionen des Unternehmens werden aus der österreichischen Landeshauptstadt Wien und vom Land Tirol mit über 5 Mio. Euro gefördert.
Mit einem Zellkulturvolumen von 1,8 Millionen Litern pro Jahr in Schaftenau entsteht mit der Neuinvestition eine Produktionsstätte mit höchster Ausbeute, die im Vergleich zu den bisherigen Anlagen umweltfreundlicher und energiesparender arbeiten soll. Dennoch ist der Stromverbrauch der Biotech-Produktion nach wie vor gigantisch und entspricht dem einer mittelgroßen Stadt wie Innsbruck, wie Unternehmensvertreter bei anderer Gelegenheit äußerten.
Für Novartis ist Österreich ein strategischer Produktions- und Forschungsstandort. In den vergangenen acht Jahren wurden laut früheren Angaben 1,8 Mrd. Euro in den Standort Österreich investiert. Der Pharmakonzern beschäftigt österreichweit 3.300 Mitarbeiter, davon 3.000 in Tirol. Zuletzt wurden im Oktober 2023 Investitionen in Höhe von 75 Mio. Euro in den Tiroler Standort Schaftenau angekündigt, die dem Neubau den kleinen Vorsprung vor Kundl verschafft haben.
Nach der Abspaltung der Generika- und Biosimilars-Sparte in die neue Sandoz AG, die an denselben Standorten eigentlich der Platzhirsch ist, ebenfalls Millionen in den Ausbau investiert und dort unter anderem auch im großen Stil Antibiotika produziert, sind das Bekenntnis von Novartis und der Ausbau ein gutes Zeichen für die Menschen vor Ort. Weniger offensichtliche Verbindungen zwischen Novartis und Sandoz an den Standorten gibt es noch über die Auftragsproduktion einzelner Wirkstoffe, die Logistik und auf Personalebene. Nun hat Novartis nachgelegt und ein Ausrufezeichen gesetzt, man darf auf die Reaktion von Sandoz gespannt sein.